In Mothra bedroht die Welt feiert ein bekanntes Rieseninsekt sein Debüt.
Eine „Heldin“ wird geboren
Der Name Mothra dürfte Godzilla-Fans geläufig sein, um es mal milde auszudrücken. Schließlich ist sie eine der Kreaturen, die neben der berühmten Riesenechse am häufigsten in dessen Filmen auftauchte. Dabei war sie immer eine Kraft des Guten, die sich für die Kinder und Schwachen einsetze, wobei sie allerdings auch häufig ihren Einsatz mit dem Leben bezahlte. Nur um dann später wiederbelebt zu werden.
Doch ihr Filmdebüt feierte sie nicht, wie man meinen könnte, in Godzilla und die Urweltraupen aus dem Jahr 1964. Stattdessen hatte sie ihren Erstauftritt bereits Jahre früher, in ihrem eigenen Film, der hierzulande den Titel Mothra bedroht die Welt hatte. Dieser kam 1961 in die Filmspielhäuser.
Ihren Ursprung hatte sie, als Produzent Tomoyuki Tanaka den japanischen Autor Shin’ichirō Nakamura anheuerte, um eine Originalgeschichte für einen neuen Kaijui-Film zu schreiben. Der Schriftsteller verfasste daraufhin The Glowing Fairies and Mothra, wobei er dabei mit Takehiko Fukunaga und Zenei Hotta zusammenarbeitete. Jeder von ihnen schrieb einen Teil der Geschichte. Die Story feierte in dem Weekly Asahi Extra ihr Debüt, wo sie anschließend ebenfalls zu Ende publiziert wurde.
Godzilla lässt grüßen
Tanaka hatte auch konkrete Vorstellungen, wer in Mothra bedroht die Welt mitwirken sollte. So kontaktierte er Sho Watanabe, den Inhaber der Watanabe Agentur, um die das damals populäre Musikduo The Peanuts zu casten. Und dieser war von der Einzigartigkeit der Idee, wie sie im Film eingesetzt wurden, beeindruckt und gab sein Einverständnis.
Bei der Regie wurde Ishiro Honda angeheuert, der zu jener Zeit bereits ein erfahrener Regisseur war. Er sollte nicht der Einzige sein, der im Laufe seiner Karriere das eine oder andere Mal mit Godzilla in Verbindung stehen sollte. So tauchten auch Hiroshi Koizumi (Godzilla kehrt zurück), Takashi Shimura (Godzilla kehrt zurück), Kenji Sahara (Godzilla), Akihiko Hirata (Godzilla) und Robert Dunham (King Kong – Dämonen aus dem All) in überwiegend Nebenrollen auf. Doch die Hauptrolle als Journalist Zen’ichirō Fukuda übernahm der Schauspieler, Musiker und Comedian Frankie Sakai. Die weibliche Hauptrolle als Fotografin Michi Hanamura erhielt Kyōko Kagawa. Die Rolle des Antagonisten Clark Nelson ging an den Japano-Amerikaner Jerry Ito.
Die Auftritte der Peanuts wurden in Mothra bedroht die Welt separat gedreht. Entweder spielten sie vor einem Blue Screen oder in einem überdimensionierten Set. Sie interagierten außerdem nie mit dem Cast. Stattdessen, wenn die anderen mit den Shobijin sprachen, waren dies in Wahrheit Puppen.
Wenn das Budget überzogen wird
Die Stadt New Kirk City wurde nach Manhattan, Los Angeles und San Francisco designt. Ursprünglich sollte in New York Szenen gedreht werden, doch da das Budget des Films auf Grund der Szenen in New Kirk City über alle Maßen aufgebläht war, musste Regisseur Ichiro Honda auf Bibliotheksaufnahmen zurückgreifen. Auch hatte er ursprünglich ein anderes Ende für den Film gefilmt, ebenfalls auf Grund des überzogenen Budgets. Doch wegen Vereinbarungen mit Columbia Pictures, die eben besagten, dass das Finale einer amerikanischartigen Stadt stattfinden musste, wurde daraus nichts. Auch deshalb, weil die amerikanische Firma die Genehmigung für die Veränderung verweigerte.
Als das Uboot Daini-Gen’you-Maru wegen eines Typhoons auf Grund läuft, stranden einige Überlebende auf einer abgelegenen Insel. Diese war eigentlich Teil eines Atomtests, doch zeigen die Überlebenden keine Symptome einer Strahlungserkrankung, was sie auf den Saft zurückführen, der ihnen von den Ureinwohnern des Eilands gegeben wurde. Als dies in der Presse bekannt wird, wird eine japanisch-rolisicianische Expedition zusammengestellt, die von dem Kapitalisten Clark Nelson (Jerry Ito) geführt wird, um vor Ort zu forschen.
Sie finden auf der Insel nicht nur die Einheimischen vor, sondern auch eine mutierte Flora, sowie Steintafeln mit einer antiken Schrift. Der Linguist Shin’ichi Chūjō (Hiroshi Koizumi) gerät, als er diese untersucht in die Fänge einer Vampirpflanze, wird jedoch von den Shobijin, zwei winzig kleinen Frauen, gerettet. Diese bitten sie, die Insel zu verlassen, was auch die meisten akzeptieren. Nur Clark Nelson nicht, der sich kurze Zeit später mit einigen ihm Getreuen heimlich auf die Insel schleicht und die Shobijin entführt. Verzweifelt beten die überlebenden Einheimischen ihre Göttin Mothra an, dass diese die Frauen rettet. Womit sich bald darauf das Wesen in seiner Larvenform auf den Weg macht, um die Bitte zu erfüllen.
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Es ist unmöglich Mothra bedroht die Welt zu rezensieren, ohne das Wissen über ihre spätere Filmkarriere im Hinterkopf zu haben. Schließlich war und ist die Urzeitmotte (Die im Film übrigens mit männlichem Geschlecht angeredet wird), eines der bekanntesten Kaijus neben Godzilla. Sie ist der Gaststar mit den häufigsten Auftritten, sei es in ihrer Larvenform oder in ihrer Mottenform. Und doch, bei aller Prominenz, hat sie es nur auf insgesamt vier eigene Filme gebracht, von denen der vorliegende sogar der einzige der 1960er Jahre war.
Woran lag das? Sicherlich nicht daran, dass der Kinofilm qualitativ Mist ist. Im Vergleich zu den Godzilla-Auftritten jener Jahre ist er sogar hervorragend. Er transportiert eine klare Message und ist packend inszeniert.
Dabei ist das interessante an Mothra bedroht die Welt vor allem die Gemeinsamkeiten, die er mit späteren Auftritten hat. Aber ebenfalls die Unterschiede, die ebenso vorhanden sind. Mit einer der interessantesten Differenzen ist die Darstellung der Riesenmotte. Sie wird hier eher als eine Bedrohung charakterisiert, wenn auch längst nicht so extrem, wie es bei Godzilla und seinen Feinden war.
Ein Film, der Spaß macht
Aber es ist eben aufschlussreich, wenn man im Hinterkopf hat, wie sehr Mothra in ihren späteren Auftritten als Freundin der Kinder und Unschuldigen inszeniert wird. Während sie hier in Mothra bedroht die Welt mit dem Ziel, die Shobijin zu retten alles, was sich ihr im Weg stellt, platt macht. Es gibt Tote, wenn auch nicht so viele, wie bei ihren Kaiju-Kollegen, wenn die losholzen.
Auch wird die Rolle der Shobijin als ihre Sprecher in diesem Film nicht so sehr hervorgehoben. Stattdessen ist die Motte die Beschützerin der beiden Frauen, die mit ihr in einer Art telepathischen Kommunikation stehen, die jedoch leicht abgeschirmt werden kann, wie man in diesem Kinofilm sieht. Dadurch wirkt Mothra längst nicht so intelligent, wie man es von späteren Auftritten her kennt.
Doch sind dies keine Kritikpunkte, sondern nur Unterschiede, die dem Fan auffallen. Denn insgesamt macht Mothra bedroht die Welt einen Riesenspaß. Die Story des Films ist humorig, ohne in Slapstick zu verfallen. Es zahlt sich auch aus, dass mit Frankie Sakai ein sympathischer Mann in der Hauptrolle gecastet wurde, dem man abkauft, dass er ein guter Reporter ist, der sich mit Gewitztheit aus den schwierigsten Lagen rettet und dabei etwas tollpatschig wirkt. Mit Kyōko Kagawa als weibliche Hauptdarstellerin an der Seite erhält er auch den passenden Gegenpart, die ihn perfekt ergänzt. Erstaunlicherweise ist sie keine Damsel in Distress, sondern wird, was für diese Zeiten ungewöhnlich ist, als eigenständige und intelligente Frau charakterisiert. Die zwar Fehler macht, aber deren Ursache nicht als typisch Frau dargestellt werden, sondern als solche, die eben passieren können.
Ein genialer Schurke
Auch das Casting von Jerry Ito als Rolisicianischer Ganove Clark Nelson ist großartig. Er ist ein genialer Gauner, intelligent, gerissen, skrupellos und ohne Moral, sowie mit einem enormen Selbstbewusstsein gekennzeichnet. Das zeigt sich, als er, als die Zeitung für Frankie Sakias Rolle schreibt, über seine Entführung berichtet, er ihr droht. Oder als Mothra angreift, er mit seinen Leuten die Shobijin mitnimmt und sich davon macht. Oder wenn er den Reportern das glänzende Leben seiner gekidnappten Opfer vorführt. Oder, oder, oder… Einfach jede Szene, in der er auftaucht, ist ein Highlight.
Mothra bedroht die Welt entwickelt sich spannend und unvorhersehbar. Dabei wird ein wenig mit religiösen Motiven gespielt, vor allem im Finale. Was insofern interessant ist, als dass diese christlichen Ursprungs sind und das Christentum in Japan längst nicht so dominant ist, wie in anderen Teilen der Welt. Aber andererseits passt es auch zu der westlichen Charakterisierung von Rolisca, dass man problemlos als Kombination von Amerika und Russland verstehen kann.
Eigentlich ist dies ein genialer Film. Wenn er sich nicht in einer Szene einen extrem groben Schnitzer leisten würde. Man erfährt, dass ein Junge, der in Verbindung mit dem Linguisten Dr. Shinichi Chujo steht, sich in das Hauptquartier der Bösen reingeschlichen hat, wo er dann auch gefangen genommen wird. Nur sieht man zum einen nicht, wie er reingekommen ist, noch wurde er großartig vorher charakterisiert. Wodurch diese Szene wie ein Fremdkörper im gesamten Film wirkt.
Trotzdem kann man Mothra bedroht die Welt getrost empfehlen. Auch wenn es danach noch mehrere Jahrzehnte dauern sollte, bis sie wieder einen eigenen Film erhalten sollte.
Drehbuch: Shinichi Sekizawa
Hauptdarsteller: Frankie Sakai, Hiroshi Koizumi, Kyōko Kagawa, The Peanuts
Produzent: Tomoyuki Tanaka
Regie:Ishirō Honda
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