Kraven ist Marvels animalischster Superheld.
Die Jäger werden zu Gejagten
Sergei (Levi Miller) und sein Halbbruder Dimitri (Billy Barratt) werden von ihrem Vater Nikolai Kravinoff (Russell Crowe) mit harter Hand erzogen. In Afrika sollen sie das Tötungshandwerk bei der Wildtierjagd erlernen, was beiden nicht gefällt. Sergei bringt es nicht fertig, einen Löwen zu erschießen, der schließlich ihn anfällt. Er wird dabei verwundet und bekommt Löwenblut ab. Das allein aktiviert noch keine Superkräfte. Dies geschieht erst, als er von der jungen Einheimischen Calypso (Ariana deBose) einen Wundertrank verabreicht bekommt, der ihn ins Leben zurückholt.
Wieder genesen kehrt Sergei seinem kriminellen Vater den Rücken, wodurch sich sein Halbbruder im Stich gelassen fühlt. Dennoch ist Dimitri (Fred Hechinger) später der Einzige, zu dem er überhaupt noch Kontakt hält. Auf die Geschäftspartner sowie andere Großwildjäger und Kriminelle macht der nunmehr als Kraven (Aaron Taylor-Johnson) bekannte Killer Jagd. Um seine Gegner zur Strecke zu bringen, bricht er schon mal in ein russisches Gefängnis ein, aus dem er dank seiner überragenden Parkour-Fähigkeiten ebenso schnell wieder entkommen kann.
Als Kraven es mit Aleksei Sytsevich (Alessandro Nivola) zu tun bekommt, wird es jedoch gefährlich für ihn. Sytsevich war einst mit Sergeis Vater in Afrika auf Safari und hat dessen Erniedrigung nicht vergessen. Er will seinen Konkurrenten ausschalten und als er Kravens wahre Identität herausfindet, stellt er dem Sohn eine Falle. Hilfe erhält Kraven unterdessen von Calypso, die inzwischen Karriere als Anwältin gemacht hat. Doch auch sie gerät in Sytsevichs Visier.
Seine Handlanger können sie und Kraven allesamt ausschalten, darunter einen Attentäter (Christopher Abbott), der seine Opfer mit Hypnose austricksen und überwältigen kann. Von diesem bekommt Kraven ein Neurotoxin verabreicht. Bevor der Attentäter ihn töten kann, wird dieser jedoch von Calypso mit Pfeil und Bogen erledigt. Ihr Hauptgegner hat inzwischen ebenfalls Superkräfte. Dank Gentechnik entwickelt Sytsevich eine widerstandsfähige Nashornhaut, sobald er das Gegenmittel absetzt. Er nennt sich dementsprechend Rhino.
Nachdem er Rhino auf die Liste der ausgestorbenen Arten gesetzt hat, erfährt Kraven von seinem Vater, dass der ihn manipuliert hat, um Sytsevich auszuschalten. Daraufhin lässt er seinen Vater von einem Bären erledigen, was ihm sein Bruder übel nimmt. Dimitri hat selbst eine Superkraft, die ihn nicht nur Stimmen imitieren lässt, sondern zu einem waschechten Chamäleon macht.
Ungünstige Umstände
Die zu Sony gehörende Produktionsfirma Columbia Pictures hat mit Morbius (2022) und Madame Web (2024) bereits zwei weniger bekannte Marvel-Charaktere auf die Kinoleinwand gebracht, die in finanzieller Hinsicht beide ein Desaster waren. Ein ähnliches Schicksal droht nun auch Kraven. Dabei sind alle drei Filme gar nicht mal so schlimm wie ihr Ruf. Woran liegt es also, dass sie alle an den Kinokassen krachend gescheitert sind?
Zunächst einmal handelt es sich wie erwähnt um weniger bekannte Marvel-Helden, die in Konkurrenz zu den erfolgreichen Helden des MCU der Marvel Studios stehen. Madame Web hatte zudem Ähnlichkeiten zu Spider-Man und Morbius war eine Mischung aus Blade und Batman. Kraven ist da schon etwas interessanter, doch scheitert er ebenfalls an seinem geringen Bekanntheitsgrad, vor allem hierzulande. Okay, das Problem hatte Deadpool anfangs auch und in Sachen drastischer Gewaltexzesse liegen die beiden gleichauf. Doch statt cooler Sprüche, die direkt durch die vierte Wand gehen, hat Kraven einen russischen Background. Er ist der Sohn eines reichen Oligarchen, der in kriminelle Geschäfte verstrickt ist. In der aktuellen weltpolitischen Lage mit Sicherheit kein Pluspunkt.
Ist Kraven deshalb unten durch? Nein, denn er kämpft ja nicht für Mütterchen Russland, sondern für bedrohte Tierarten. Doch genau dieser edle Ansatz dürfte die nächste Zielgruppe abschrecken. Der Jagdsport erfreut sich leider immer noch großer Beliebtheit, vor allem bei den schießwütigen Amerikanern, aber auch bei deutschen Vereinsschützen, die sich gerne Jagdtrophäen über den Kamin hängen. Die durchaus lobenswerte Ökobotschaft dürfte also lediglich bei Tierschützern und Umweltaktivisten gut ankommen. Natürlich nur, sofern diese über Kravens russische Abstammung hinwegsehen können.
Kraven ist wahrlich ein Opfer widriger Umstände, weshalb er bei einigen Kinos schon nach nur zwei Woche aus dem Programm verschwunden ist. Das ist wirklich schade, denn so schlecht ist der Film gar nicht. Zumal Kraven keiner von den üblichen Marvel-Superhelden ist, die gegen Handtaschenräuber, Nazis und Superschurken kämpfen. Er schützt auch keine Menschen, sondern Wildtiere, zu denen er seit seiner Wiederbelebung eine enge Verbindung hat. Kraven dreht den Spieß um und macht Jagd auf Großwildjäger, wobei nicht mit Splattereffekten gespart wird. Der Film bedient damit das Gerechtigkeitsempfinden all jener, die etwas gegen Wilderer und schießwütige Safari-Touristen haben.
Gutes Konzept mit leicht absurden Auswüchsen
Was am Film weitgehend überzeugt, ist das Familiendrama um den Protagonisten, dessen strenger Vater von Schauspiellegende Russell Crowe gespielt wird. Hauptstar Aaron Taylor-Johnson ist derweil schon ein erfahrener Marvel-Superheldendarsteller, spielte er doch bereits Kick Ass (2010 & 2013) sowie Quicksilver in Return of the First Avenger (2014) und Avengers: Age of Ultron (2015). Der Rest der Besetzung ist ebenso vorzeigbar, womit der Film schon mal nicht am Cast scheitert.
An Action mangelt es der Geschichte ebenfalls nicht und die zahlreichen Schauplätze, die wie bei einem James Bond-Film rund um den Globus reichen, sind sehr abwechslungsreich. Die Parkouring-Szenen können sich durchaus sehen lassen, wobei so mache Übertreibung gerade noch mit Kravens Superkräften erklärt werden kann. Da sind die Fähigkeiten anderer Helden schon aberwitziger.
Was dagegen unangenehm auffällt, sind manche seiner Gegner. Okay, nicht jeder Wilderer, der ohnehin dem Tod geweiht ist, braucht jetzt übermäßigen Tiefgang. Bei einigen hätte man sich dann aber doch etwas mehr Hintergrund gewünscht. Allen voran bei dem Attentäter mit Hypnosekräften, wobei dessen Superkräfte jetzt nicht unbedingt innovativ sind, nachdem im Jahr zuvor mit Hypnotic (2023) schon eine ganze Gruppe mit ähnlichen Fähigkeiten auf der Kinoleinwand zu sehen war. Das Potential wurde dabei weitgehend ausgereizt, sodass man es in Kraven the Hunter eher beiläufig hinnimmt.
Richtig absurd wird es dann bei Rhino, der binnen weniger Sekunden mutiert, wobei ihm dann auch noch ein Horn auf der Stirn statt auf der Nase wächst. Dieses verschwindet ebenso schnell wieder, sobald sich Sytsevich wieder sein Gegenmittel verabreicht, welches er immer in einem Rucksack mit sich herum schleppt. Seit wann gibt es gegen genetische Veränderungen überhaupt Blocker? Das wirkt alles ein wenig zu fantastisch. Zumindest hat der Schurke aber noch ein paar tragische Elemente, nicht nur, weil er einst von Sergeis Vater gemobbt wurde, sondern ebenso, weil ihm seine Mutation einerseits Stärke verleiht, aber andererseits Schmerzen verursacht.
Während Rhino ein Produkt moderner Gentechnik ist, kam bei Kravens Transformation afrikanischer Voodoo-Hokuspokus zum Einsatz. Okay, das Superheldengenre bedient immer auch fantastischer Elemente, aber dass Calypsos Oma dann noch Tarotkarten legen muss, grenzt schon an Esoterik. Zumal das mit Sicherheit keine altafrikanische Mystik ist, sondern etwas sehr Europäisches. Irgendwie passt das nicht in die ansonsten durchaus interessante Mythologie der Comicverfilmung.
Fazit zu Kraven the Hunter: Eine gute Jagd trotz magerer Ausbeute
Trotz einiger Schwächen hat der Film ausreichend positive Aspekte, um ihn mit einem Kinobesuch zu würdigen. Der Gewaltpegel mag für einen Marvel-Film ungewöhnlich hoch liegen, aber befindet sich definitiv noch unter dem der Deadpool-Filme, weshalb das jetzt kein Minuspunkt sein muss. Der eigentliche Grund, warum die Scharen an Kinobesuchern ausgeblieben sind, dürfte wohl in der Unbekanntheit der Titelfigur begründet liegen. Diese wird nur noch vom geringen Bekanntheitsgrad des Regisseurs getoppt, welcher erst vier Filme vorweisen kann, zu denen er bisher auch alle Drehbücher geschrieben hat.
Info
Regie: J. C. Chandor
Drehbuch: Richard Wenk, Art Marcum, Matt Holloway Story by Richard Wenk
Produzent: Avi Arad, Matt Tolmach, David Householter
Hauptdarsteller: Aaron Taylor-Johnson, Ariana DeBose, Fred Hechinger, Alessandro Nivola, Christopher Abbott, Russell Crowe
Kamera: Ben Davis
Schnitt: Chris Lebenzon, Craig Wood
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