Mario Staas haut wieder in die Tasten – in einem Gastbeitrag für uns.

Vorweg: Wenn hier im Artikel von Altfans/Altlesern die Rede ist, so sind natürlich längst nicht alle langjährigen Fans und die der ersten Stunde per se gemeint. Viele dieser Kategorie sind nette, aufgeschlossene und tolerante Menschen, die zwar das jeweilige Reboot ablehnen, es aber anderen Fans gönnen. Wer hier angesprochen ist: Diejenigen, die neuen Fans „ihre“ Version des jeweiligen Franchises auf unmöglichste Art madig machen wollen, weil sie denken, damit eine Rückkehr zu dem, was damals war, erzwingen zu können.

Als Beispiel für ein Franchise, welches momentan wieder einmal mit übelsten Altlesern zu kämpfen hat, sei Perry Rhodan genommen. Vor mehr als 10 Jahren gab es dort einen Reboot, genannt NEO. Dieses NEO stellt einen Versuch dar, die alte Geschichte neu zu interpretieren und dabei auch eigenständige Wege zu gehen. Also keine reine Neuerzählung in modernem Gewand, sondern ein komplett eigenes Universum, welches aus dem reichhaltigen Fundus der bisherigen Storys der klassischen Erstauflage schöpft. Oft werden nur wohlbekannte Namen genommen und mit komplett neuen Inhalten gefüllt. Eine Berührung zur Erstauflage findet an keiner Stelle statt. Der geneigte Altfan hat also keine Auswirkungen auf „sein“ klassisches Serienuniversum zu fürchten und kann NEO getrost ignorieren. Was auch viele Altleser tun – legitim und ein erwachsener Umgang mit dem Themenkomplex.

Dieser Tage wird die NEO-Reihe nun 300 Hefte alt. Ein Grund zum Feiern für Autoren und Verlag. Dadurch wie diese Reihe auch wieder im Social Media sichtbarer, was wie gehabt Altfans triggert. Da wird dann von Plagiat und Geschichtsfälschung geschwurbelt und von Mist und wokem Unsinn.
An sich schon völlig überflüssig, diese Aufregung. Denn, wie oben geschrieben, wirkt sich dieser Reboot NICHT auf die bisherigen Geschichten aus, hat Null Verbindungen dorthin und droht auch nicht, die Erstauflage zu verdrängen.

Nehmen wir die Äußerungen mal ein wenig mehr unter die Lupe. Geschichtsfälschung – ein Begriff, der schon an sich nicht zutreffen kann. Denn die bisherigen Storys der Erstauflage bleiben unberührt. Nichts ändert sich dort. Ergo kann auch nichts gefälscht werden.

Überdies ist der Begriff Geschichtsfälschung schon mehr als kritisch zu sehen, ist er doch durch die braunen rechtsradikalen Nazis seit den 1930er Jahren bereits sehr negativ belegt. Da muss sich der Altfan dann auch nicht mehr wundern, wenn es aus dem Fandom entrüstete Gegenkommentare gibt.

Auch Plagiat kann nicht zutreffen, denn ein Plagiat wäre ja in Täuschungsabsicht – Betonung auf Absicht – erstellt. Was weder bei diesem Franchise noch jedem anderen Franchise passiert, denn ein Reboot wird ja auch offen als ein eben solches kommuniziert und erfolgt immer nur MIT Zustimmung der jeweiligen Rechteinhaber.

Über weitere Begriffe wie „Mist“ oder „woker Unsinn“ müssen wir auch keinerlei Worte verlieren. Natürlich kann eine neue Reihe dem eigenen Geschmack zuträglich sein oder einem nicht gefallen, völlig okay. Geifernder, missionarischer Eifer gegen eine neue Reihe oder eine Änderung innerhalb der bisherigen Reihe ist und bleibt Populismus.

Erinnern wir uns an Doctor Who, als plötzlich der Doktor eine Sie wurde und dank eines neuen Autorenteams die Storylines anders verliefen wie in den Jahren ab 2010 bis 2020. Viele Fans wendeten sich enttäuscht ab, was eben ein Ausdruck des eigenen Empfindens und Geschmacks ist. Sich hinzustellen und denen, die die neuen Storys mögen, eben diese schlechtreden zu wollen, ist unangebracht. Dinge ändern sich, permanent, und wenn man nicht dem neuen Kurs folgen mag, dann sei es so.

Zurück zu NEO.

Wir haben also festgestellt, dass die Wetterei der Altfans sachlich schon falsch ist. Und unangebracht, da „ihr“ Franchise in keinster Weise berührt oder gefährdet wird.

Schauen wir uns mal Franchise-übergreifend die überlauten Altfans an. Wer sind diese denn nun? Haben sie etwas gemeinsam?

Wie das allgemeine Fandom bilden diese unangenehm lauten Altfans keine homogene Masse, aber eine Tendenz lässt sich, insbesondere Dank Social Media, ablesen. So sind diese Sorte Altleser/Altfans sehr oft ultrakonserativ und rechtsradikal. AfD, Impfgegnerseiten und esoterisches Unsinnsgeschwurbel geben sich die Hand. Simple Stammtischparolen, BILD-Hetze und lustige Katzenvideos dominieren.

Ja, nochmal betont, nicht jeder unangenehm auffallende Altfan ist so. Ich rede hier von einer erkennbaren Tendenz. Diese Tendenz öffnet allerdings auch einen Ansatz zur Erklärung des Verhaltens des wetternden Mobs.

Der Mensch an sich tendiert dazu, Veränderungen kritisch zu betrachten. Veränderung heißt nämlich, auch eigenes Verhalten und Denken anzupassen. Energie aufzuwenden. Eben genau das, was wir biologisch betrachtet zu vermeiden versuchen. In einer Welt, die sich stetig ändert und in den letzten Jahren immer schneller und stärker, stößt dann noch eine Veränderung einer der stabilsten Konstanten im Leben auf besondere Ablehnung. An sich also ein völlig alltäglicher Mechanismus.

Problem, ob bei Star Trek oder Star Wars oder Perry Rhodan oder sonstwo: Dem Unmut in unsachlicher Weise Luft machen und Fans der neuen Ausrichtung/Interpretation eben diese schlechtreden zu wollen, ist absolut ein NoGo. Das schadet dem Franchise als Ganzem und, wie im Falle Perry Rhodan, sogar der noch laufenden Erstauflage. Denn was passiert?

Ein Neufan oder neuer Interessent lernt so unangenehmst auffallende Menschen kennen. Und wird dem potentiell neuen Serienuniversum wahrscheinlich schnell den Rücken zukehren. Nachwuchs wird so verhindert. Der Altfan schadet somit letzten Endes nur sich selber.

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Mario Staas

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