Der allererste King Kong setzte Maßstäbe.

Ikonisch

King Kong ist eine Legende. Genau wie bei Frankenstein, Dracula oder auch Godzilla weiß jeder, wenn er den Riesenaffen sieht, wer er ist. Und selbst, wenn man den allerersten Kinofilm nicht gesehen hat, erkennt man sofort, dass, wenn irgendwo irgendwer auf etwas Hohes klettert und anschließend von kleineren Flugobjekten angegriffen wird, dies eine Hommage an King Kong darstellt. Ein eindeutiges Zeichen für eine ikonische Szene.

Erdacht und erschaffen wurde das Wesen von dem amerikanischen Filmemacher Merian C. Cooper, der bereits von Kinderbeinen an von Gorillas fasziniert war. Diese Faszination kam in ihm wieder auf, als er 1929 als Erwachsener den Film Vier Federn in Afrika drehte. Dabei begegnete er einer Familie von Pavianen, was in ihm den Wunsch erweckte, einen „Terror Gorilla Film“ – wie er es nannte – zu drehen. Er unterbreitete ein Jahr später die Idee RKO Pictures und fing mit der Arbeit an.

Eine der ersten Entscheidungen, die er bei der Produktion von King Kong machte, war, die Titelfigur riesengroß zu machen. Doch das restliche Design machte ihm Probleme. Er wollte ein alptraumhaftes Gorilla-Monster erschaffen. Eines, so seine Notizen in einem 1930er Memo, das Hände und Füße von der Größe und Stärke eines Dampfbaggers. Das Gesicht sollte dabei Halb-Biest und Halb-Mensch sein. Doch als es dann um die Umsetzung seiner Idee ging, änderte er seine Meinung und wollte ihn eher zu einem Gorilla machen. Am Ende musste er sich mit den Special Effects-Designer Willis O’Brien und dem Skulpteur Marcel Delgado einigen. Das endgültige Aussehen war daher ein Kompromiss.

Für die Story des Films wurde der britische Mystery-Autor Edgar Wallace angeheuert. Jener ist vielen hiesigen Filmfans überwiegend durch die deutschen Filmadaptionen vor allem aus den 1960er Jahren bekannt. Sein Skript hatte den Titel The Beast, doch stieß das nicht auf große Gegenliebe. Merian C. Cooper hingegen wollte den Film nach der Kreatur benennen, um die sich der Kinofilm auch dreht. Am Ende kriegte er seinen Willen, wobei er den Film schließlich nicht alleine drehen sollte. Ernest B. Schoedsack unterstützte ihn dabei.

Der Cast setzte sich wie folgt zusammen: Fay Wray wurde die weibliche Hauptdarstellerin. Sie stellte Ann Darrow dar, jene Frau, in die sich King Kong verlieben sollte. Robert Armstrong wurde zu dem Filmemacher Carl Denham, während Bruce Cabot zu dem Ersten Offizier des Schiffes John „Jack“ Driscoll wurde, das sich zu Skull Island begab. Frank Reicher wurde zu Captain Englehorn, derweil man Sam Hardy als den Theateragenten Charles Weston bewundern konnte. Victor Wong erhielt die Rolle des Schiffskoches Charlie und James Flavin die des Zweiten Offiziers Briggs. Die Ureinwohner von Skull Island wurden vor allem durch Etta McDaniel, Everett Brown Noble Johnson (als der Häuptling) und Steve Clemente (als der Schamane des Stammes) zum Leben erweckt.

Eine wagemutige Expedition

Carl Denham ist ein bekannter Regisseur, der sich einen Ruf für seine Filme in exotischen und wilden Teilen der Erde gemacht hat. Doch sein neustes Projekt ist ein besonders riskantes. Und im Prinzip hat er dafür schon alles beisammen. Er hat ein Schiff, er hat diverse Waffen und vor allem eine Karte von dem Ziel, wo er hin will. Das Einzige, was ihm noch fehlt, ist ein junges, hübsches Mädchen. Doch kein Theateragent kann oder will ihm helfen, ein solches zu kriegen. Bis er per Zufall in den Straßen von New York auf Ann Darrow trifft, die in schwierige Zeiten geraten ist. Er heuert sie auf der Stelle an und reist mit ihr zum Ziel.

Das ist Skull Island, eine weit abgelegene Insel, die nur schwer zu erreichen ist. Er schafft es allerdings und trifft dort einen Stamm von Wilden, die ein Wesen mit dem Namen King Kong anbeten. Der Häuptling sieht Ann Darrow und will sie als Braut für das unbekannte Biest haben, doch Denham lehnt ab. Kurze Zeit später entführt der Stamm das Mädchen und sie wird von King Kong, einem Riesenaffen, mitgenommen. Der Erste Offizier des Schiffs, John „Jack“ Driscoll, hatte sich in der Zwischenzeit in Ann verliebt und stellt deshalb eine Gruppe zusammen, die sich auf ins Inselinnere machen, um sie zu retten.

Enorme Restriktionen

Kurz nachdem King Kong in den Kinos gelaufen war, wurden strikte Anstandsregeln für Filme ins Leben gerufen. Diese wurden im Laufe der Jahre immer strikter, sodass der Kinofilm im Laufe der Zeit immer mehr und mehr zensiert wurde. Insgesamt sechs Szenen wurden entfernt, in denen man vor allem sah, wie Menschen auf Grund des Affen selbst ums Leben kamen. Da RKO keine Filmnegative aufbewahrte, galt die ursprüngliche Fassung als verschollen, bis 1969 eine Version gefunden wurde, in der das meiste geschnittene Material noch vorhanden war. In den 1980er Jahren wurde dann in Großbritannien eine Filmrolle ausfindig gemacht, in der das Material sich in einem noch besseren Zustand befand. Bis schließlich Warner Bros., denen mittlerweile die Rechte an King Kong gehörten, 2005 alles bis dahin gefundene Filmmaterial sichteten, und es digital bearbeiteten und in einer 4K-Auflösung scannen ließ. Dieser Fassung wurde am Anfang noch eine vierminütige Ouvertüre hinzugefügt, womit der Film eine Laufzeit von 104 Minuten erhielt. Diese Version ist auch Gegenstand dieses Reviews.

Schlecht gealterte Charakterisierungen

Es war eine interessante Erfahrung, King Kong zu sehen. Vor allem, weil der einzig andere Soloauftritt des Riesenaffens, den ich bislang gesehen hatte, der neuste war, Skull Island. Und zwischen seinem ersten und letzten Solofilm herrscht ein Unterschied wie zwischen Tag und Nacht. Man merkt, wie sehr sich die Zeiten gewandelt haben. Weniger bezüglich der Special Effects, als vielmehr hinsichtlich der inhaltlichen Darstellungen.

Denn machen wir uns nichts vor: Was die Darstellungen von Ann Darrow und den Einheimischen angeht, so ist der Film sehr schlecht gealtert. Die von Fay Wray dargestellte Frau ist eine typische Damsel in Distress. Sie ist naiv, unschuldig und bei jeder Gefahr sofort am Schreien und auf Hilfe angewiesen, vorzugsweise der eines jungen, starken Mannes. Die Bewohner der Insel werden hingegen als primitive Leute charakterisiert, die auf List und Tücke zurückgreifen müssen, um erfolgreich zu sein. Und die Tatsache, dass der Schiffskoch ein Chinese ist, der nur gebrochenes Englisch spricht und noch dazu Charlie heißt, schockiert einen da schon gar nicht mehr.

Aber hierzu muss man auch anmerken, dass das damals eben so war. Dass die Zeiten andere waren, Rassismus wesentlich öffentlicher und schonungsloser gelebt wurde und man von den Frauen halt erwartete, dass sie dem Mann hörig waren. Zum Glück hat sich die Gesellschaft seit damals weiterentwickelt, auch wenn es heutzutage nicht gerade wenige Versuche gibt, das Rad der Zeit wieder zurückzudrehen.

Doch trotz dieser Schwächen ist King Kong nicht zu Unrecht ein Meisterwerk der Filmhistorie. Gerade weil der Film in den richtigen Momenten den Fokus auf die Titelfigur lenkt, wodurch die Menschen zu Nebenfiguren werden. Das ist eine interessante Erfahrung, aber auch eine, die dem Kinofilm gut tut.

Ein Monster den Umständen geschuldet

King Kong selbst wird in dem Film zwar als ein Monster charakterisiert, das Menschen umbringt. Doch in den allermeisten Situationen, wo das geschieht, wurde der Riesenaffe provoziert oder wusste in seiner Unwissenheit nichts anders zu handeln. Denn man muss auch bedenken, dass dieses Wesen in einem Umfeld aufwächst, wo er wiederholt ums Überleben kämpfen muss. Skull Island wird als eine Insel dargestellt, in der das Recht des Stärkeren gilt. Und wer der Stärkere ist, wird zu jeder Zeit ständig ausgefochten. Dementsprechend muss sich Kong gegen allerlei Viecher wehren, seien es Riesenschlangen, Flugsaurier oder gar ein Tyrannosaurus. Das prägt ihn und seinen Charakter und ist auch eine gute Erklärung für sein Agieren.

Dem gegenüber werden die Menschen nicht sonderlich gut charakterisiert. Es wird das Nötigste getan, um sie lebendig wirken zu lassen, doch erhalten sie nicht wirklich viel Tiefe. Was Ann Darrow angeht, wurde ja schon vorhin alles gesagt. Der Rest des Casts kommt über Ansätze nicht hinaus. Carl Denham wird als skrupellos dargestellt, wobei er nicht fies skrupellos ist, sondern eben nur jemand, der für den Erfolg bereit ist, fast alles zu tun. Und der Erste Offizier John „Jack“ Driscoll ist der typische Held der Story, der sich furchtlos in die Wildnis wagt, um seine Geliebte aus den Händen des Riesenaffens zu retten.

Doch wo die Menschen in King Kong blass bleiben, glänzt umso mehr der Titelcharakter selbst. Es ist die Kombination aus Unschuld, Wildheit sowie einer gewissen Intelligenz, die seinen Charme ausmacht. Er ist nicht so klug wie ein Mensch, das wäre, glaube ich, in der damaligen Zeit zu vermessen. Aber er ist klug genug, damit sein Ableben tragisch ist. Dieses ist dann ein Resultat der Tatsache, dass er sich nicht an die urbane Wildnis und deren Regeln anpassen konnte, weil er gegen seinen Willen in sie verschleppt worden ist. Wer bei seinem Tod nicht einen Kloß im Hals verspürt, der hat keine Gefühle.

Überraschung

Dabei überrascht der Film einen immer wieder aufs Neue. Dachte ich vor Beginn des Films, dass ein großer Teil der Handlung in der Großstadt stattfinden würde, wurde ich am Ende überrascht. Denn dieser Part, wo der Riesenaffe in den urbanen Dschungel transportiert wird, nimmt erst die letzte halbe Stunde des Geschehens ein. Stattdessen geschieht der Hauptteil der Story auf Skull Island bzw. in dem lebensfeindlichen Urwald des Eilands.

Und gerade hier sieht man, wie die ganzen Special Effects von King Kong zur Geltung kommen. Überwiegend wurde auf Stopmotion gesetzt, ganz so, wie bei den Ray-Harryhausen-Werken. Doch dann gibt es auch die Großaufnahmen, wo mechanisierte Modelle zum Einsatz kamen. Man sieht zwar, wann was wo eingesetzt worden ist. Aber dafür, dass der Film über 90 Jahre alt ist, können die Spezialeffekte immer noch bezaubern.

Der Film hat Schwächen. Doch diese resultieren daraus, dass er mittlerweile über 90 Jahre alt ist und sich seit damals einiges getan hat. Wer sich darauf einlässt, wer sich dessen bewusst ist, der merkt zu Recht, dass der Film ein Meisterwerk der Filmgeschichte ist.

 

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Götz Piesbergen

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