Auf Freecloud heißt es Keine Gnade. Aber für wen?

„Keine Gnade“ – „Stardust City Rag“

Nach dem kleinen Umweg nach Vashti in der letzten Folge trifft die La Sirena nun endlich auf Freecloud ein. Im Vorspann erfahren wir, dass Bruce Maddox (John Ales) in der Tat auf Freecloud ist, dort aber von der Unterweltchefin Bjayzl (Necar Zadegan) festgehalten wird. Sie will ihn an den TalShiar ausliefern. Seven (Jeri Ryan) hat indes eigene Pläne mit Bjayzl, denn diese hat vor 13 Jahren Borgdrohnen auseinandergenommen, um die Technologie zu verkaufen. Darunter war auch Icheb (Casey King), den Seven versuchte zu befreien.

Stardust City, Freecloud

Die Stadt, in der die Handlung spielt, wirkt wie das Los Angeles aus Blade Runner. Extremst überladen mit Werbung, überall flackert und blitzt es. Es passt zum Bild, das vom Planeten gezeichnet wird, und auch die Verkleidungen der Crew passen irgendwie rein, auch wenn sie schon albern wirken. Bei Freecloud scheint es sich um einen Planeten „ohne Regeln“ zu handeln. Hier lebt auch der Sohn von Raffi Musiker (Michelle Hurd), Gabriel Hwang, mit seiner romulanischen Frau, die ein Kind von ihm erwartet. Zu ihm wollte also Raffi.

Das Wiedersehen verläuft aber alles andere als rosig und so fliegt Raffi auch wieder mit Picard (Patrick Stewart) weiter. Hier vergibt man eine Menge Potenzial, denn diese Szene ist recht kurz geraten. Immerhin bringt sie uns trotzdem eine Menge Futter für die Geschichte von Raffi. Ihr Glauben an eine Verschwörung im Zusammenhang mit dem Angriff auf den Mars hat die Familie entzweit und sie offenbar in die Drogensucht getrieben. Da wird ihr angedeuteter Rauswurf bei der Sterneflotte sicher nicht dienlich gewesen sein.

Der Großteil der Handlung spielt sich somit auch in der Bar von Bjayzl ab, wobei eigentlich nur Picard und Seven wirklich was zu tun haben. Chris Rios (Santiago Cabrera) wird zwar vorgeschickt und macht seine Rolle auch echt gut, aber danach muss er den beiden die Bühne überlassen. Elnor (Evan Evagora) verkümmert dabei vollkommen zum Statisten. Dafür macht es Spaß, Santiago Caberas zuzusehen. Eine echte Bereicherung für den Cast.

FSK 18?

Ich war etwas überrascht, dass wir hier eine Folge mit FSK 18 zu sehen bekommen. Grund dafür ist wohl die Szene zu Beginn, in der Icheb der Augapfel chirugisch entfernt wird. Wohlgemerkt ohne Betäubung und eigentlich auch komplett ohne Grund, denn Icheb hat schon seit Voyager keinen Kortikalknoten mehr, der hier gesucht wird. Das wusste der „Chop Doc“ aber wohl nicht. Das Gemetzel von Seven am Ende ist wohl weniger dafür verantwortlich, solche Szenen gab es früher auch schon. Ich war beim ersten Schauen von der Szene eher entsetzt als angetan, das hatte schon Hostel-Qualität.

Aber im Nachhinein muss man sagen: Es passt schon ins Setting. Auch zur TNG-Ära gab es fragwürdige Charaktere, die über Leichen gegangen sind. Kritik äußere ich lediglich an der expliziten Darstellung. Das muss einfach nicht sein. Trotzdem legte die Szene ein ideales Fundament für die Story um Seven. Auf Bilder von Icheb verzichte ich aber.

Keine Gnade

Dr. Agnes Jurati und Bruce Maddox

Agnes (Alison Pill) und Bruce waren also ein Paar und wir bekommen diese Information erst, wenn wir sie auch wirklich benötigen. Hätte man das nicht in einem Satz packen können, als Agnes bei Picard angeheuert hat? Hätte der Aussage von ihr mehr Gewicht verliehen. Offenbar ist man nicht der Meinung, dass heutige Zuschauer solche Details zwei Wochen später noch auf dem Schirm haben. Der große Twist kommt dann aber am Ende. Agnes tötet ihren Geliebten, weil sie Dinge weiß, die so schrecklich sind, dass sie Maddox aufhalten muss. Alison Pill spielt dies hervorragend, von der leicht nervigen, unsicheren Kybernetikerin zur Mörderin, der die Tat sichtbar schwer fällt.

Aber was genau macht sie überhaupt bei ihm, warum ist das MHN nicht direkt aktiv? Klar, sie ist Doktor, aber doch wohl der Kybernetik, oder? Und meint sie, das Deaktivieren des MHN sorge dafür, dass es alles vergisst? Nun gut, letzteres ist wahrscheinlich nur eine Momententscheidung gewesen, aber ich bin hier sehr gespannt, wie es mit ihr weitergeht. Wenn sie es vertuschen will, braucht es schon eine verdammt gute Erklärung. Immerhin konnte Maddox noch den Hinweis auf den Borg-Kubus geben – der sonst kein Teil der Handlung war.

Die Ex-Drohnen

Raffi und Rios unterhalten sich über die beiden Ex-Borg und am Ende auch Picard und Seven. Schade, dass dafür nicht mehr Zeit war. Die Interaktion zwischen den beiden war aber absolut top, Jeri Ryan bringt die „neue“ Seven gut rüber. Sie ist jetzt eine Gesetzlose bei den Fenris-Rangern, die überall dort für Ordnung sorgen wollen, wo die Sternenflotte nicht mehr präsent ist. Und sie will Rache an Bjayzl für das, was sie Icheb hat antun lassen. Nach einer Moralpredigt von Picard über Rache lässt Seven von ihrem Plan ab. Picard muss es ja wissen, wollte er doch die Borg in Der erste Kontakt auch büßen lassen für ihre Taten. Seven lässt von ihrem Plan ab, scheinbar. Sie beamt noch mal alleine runter und erledigt Bjayzl. Dafür lässt sie sich aber ordentlich Zeit, wohl damit sie auf jeden Fall sich ihren Weg freischießen muss. Zum Glück hat sie es dabei offenbar mit Sturmtruppen des Imperiums zu tun, denn die schießen alle daneben.

Ich hätte mir definitiv mehr Gespräche zwischen Picard und Seven gewünscht, die das Thema „Ex-Borg“ zum Inhalt haben. Aber vielleicht kommt das ja noch. Jeri Ryan wird ja öfter mit von der Partie sein, da ist also noch Zeit.

Noch ein Geheimbündnis

Als hätten wir nicht schon genug Geheimniskrämerei in der Serie kommt in dieser Folge noch ein weiteres hinzu. Die „Konklave der Acht“ hat wohl irgendwas mit der Verschwörung zu tun. Eventuell ein Zusammenschluss von acht Großmächten oder einflussreichen Personen? Wir dürfen spekulieren.

„He was a son to me, Jay. This is for him.“
-Seven

Fazit zu Keine Gnade

Nun ja. Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Ich bin kein großer Freund dieser breiten Erzählweise (in Star Trek), bei der die Haupthandlung kaum voran kommt, dafür aber die Geschichte der einzelnen Charaktere, da man zum Ende der Staffel dann oft keine Zeit mehr hat, die ganzen offenen Fragen zu beantworten. Keine Gnade ist keine imposante Episode, aber ein Schritt in die richtige Richtung, was die Hauptgeschichte angeht. Die explizite Gewaltdarstellung allerdings geht gar nicht. Das hat Star Trek einfach nicht nötig. Macht bitte nicht noch mehr Handlungen auf, sondern führt diese nun logisch zusammen. Das endet sonst in einem Tohuwabohu.

Fun Facts

  • Der Planet Vergessen heißt auch so in der Originalfassung.
  • In Stardust City gibt ein Werbeschild von „Mot’s Hairemporioum“ – Mot war der Bordfriseur der Enterprise-D.
  • Ebenfalls in Stardust City gibt es ein Werbeschild von „Quark’s Bar“- offenbar hat er expandiert.

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Marco Golüke

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