Die Geschichten von Stephen King sind häufig Haustier-Horror pur. Am liebsten schreibt er offensichtlich über Katzen.

Diese kommen entweder als Untote vom Pet Sematary zurück oder nehmen als Cat from Hell Rache für grausame Experimente. Sie sind vor allem aber Freunde und Beschützer der Menschen wie im Episodenfilm Katzenauge (Cat’s Eye). King selbst verfasste das Drehbuch, das auf zwei Erzählungen aus dem Sammelband Nachtschicht (Night Shift) beruht.

Handlung

Zu Beginn wird ein Kater von einem großen Hund verfolgt – kein Wunder, schließlich hat Regisseur Lewis Teague bereits 1983 Kings Bernhardiner-Horror Cujo inszeniert. Der Kater General wird zum verbindenden Glied von drei mehr oder weniger gelungenen Episoden: Er ist auf der Suche nach einem kleinen Mädchen, das ihn telepathisch durch eine lebendig gewordene  Schaufensterpuppe um Hilfe gebeten hat.

Die erste Folge handelt von dem Unternehmen Quitters, Inc., welches lange vor Schockbildern auf Zigarettenschachteln und rigiden  Gesetzesmaßnahmen den Menschen das Rauchen abgewöhnen möchte. Und zwar mit rabiatesten Methoden.

In der zweiten Episode bietet ein Gangster dem Liebhaber seiner Frau eine makabre Wette an. Dieser muss in eisiger Kälte den schmalen Mauervorsprung eines Hochhauses einmal umrunden. Neben der Höhe werden eine ihr Nest verteidigende Taube und ein Auftragsmörder zu den gefährlichsten Gegnern.

Katzenauge

General verfolgt in der dritten Episode ein kleines Wesen, das sich in dem Haus versteckt, in dem das Mädchen Amanda (Drew Barrymore) wohnt. Sie hat furchtbare Angst vor einem Troll, der sie nachts aufsucht, und hofft, dass General ihr helfen kann. Mehrere Familienangehörige äußern sich skeptisch über den Kater. Neben ihrer Großmutter, die unheimliche Geschichten erzählt, dass Katzen nachts Kindern den Atem rauben können, hat auch ihre Mutter Vorbehalte. Kein Wunder, sie liest auch abends im Bett Kings Katzen-Horrorroman Pet Sematary. Als der Troll  tatsächlich erscheint und Amandas kleinen Vogel im Käfig ersticht, kämpft General gegen ihn und wird selbst verletzt. Die Eltern vermuten jedoch, der Kater habe den Vogel getötet, und wollen ihn einschläfern lassen. General kann fliehen, und es kommt zum Showdown.

Rezension

Mystische, mit dem Hexenglauben verwobene Vorstellungen brechen in eine moderne, arbeitsteilig strukturierte Welt herein, in der Firmen wie Quitters, Inc. dominieren, deren Unternehmensgegenstand eine interessante Idee für ein Start-Up wäre. Sowohl in weiblicher als auch männlicher Form kennt der europäische Aberglaube nachtaktive Dämonen, die durch Alpdruck Menschen buchstäblich den Atem rauben. Der Kobold, der sich mit seiner Schellenkappe, spitzen Zähnen und glühenden Augen als böser Cousin von Pumuckl präsentiert, ist vielleicht eines der unheimlichsten Wesen des Stephen-King-Kosmos. Da er hinter einem Loch in der Wand wie eine Maus lebt, läuft er aber auch Gefahr, Beute des Katers zu werden. Da Katzen einst als Hexentiere verschrien waren und heute als Vögeltöter berüchtigt sind, ist General sofort der Hauptverdächtige, als der Kanarienvogel massakriert aufgefunden wird. In der Zeit sind die kleinen, gefiederten Freunde des Menschen immer wieder im Horrorfilm bedroht, denken wir nur an den explodierenden Kanarienvogel in A Nightmare on Elm Street, Part 2: Freddy’s Revenge, der ebenfalls 1985 herauskam. In einer von Kings frühesten Kurzgeschichten beschrieb dieser den Traum vieler Kinder, die sich ungerecht im Unterricht behandelt fühlten: In Here There Be Tygers (1968) wird die strenge Lehrerin Miss Bird (!) von einem Tiger auf der Schultoilette verspeist.

Kommen wir zu Katzenauge zurück: So seltsam es erscheint, der kleine Vogel hätte kaum dem Kater Verletzungen zufügen können wie der Dolch des Kobolds. Niemand außer Amanda glaubt, dass der Kater unschuldig ist, und ebenso glaubt ihr niemand, dass der Troll ihr das antun will, was man dem Tier vorwirft. General ist die eigentliche Hauptfigur des Films, und die letzte Episode ist aus meiner Sicht auch die mit Abstand gelungenste.

Die einfühlsame erzählte Geschichte ermöglicht es, mit dem Kater und Amanda mitzufühlen, und macht Katzenauge zu einem außergewöhnlichen Horrorfilm, den man heute wieder neu entdecken sollte. Für mich hat Katzenauge einen starken Nostalgie-Faktor, da ich mit den Geschichten von Stephen King aufgewachsen bin, und es gibt viel zu entdecken, was auch in anderen Büchern vorkommt: Besonders das Monster im Kinderzimmer erinnert mich sehr an Das Schreckgespenst. Spannend sind auch die zahlreichen Querverweise, die von Christine bis Dead Zone reichen. Allerdings hat Katzenauge trotz vieler origineller Einfälle aus meiner Sicht nicht das Potential ein solcher Klassiker zu werden.

Info

Regie: Lewis Teague
Drehbuch: Stephen King
Kamera: Jack Cardiff
Musik: Alan Silvestri


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