Im Gesamtwerk von H. P. Lovecraft aus dem Festa Verlag dreht es sich nicht nur um Cthulhu.
Als junger Mann wurde er in der Mammuthöhle zum ungewollten Mörder und traf in den düsteren Gewölben eines verfallenen Schlosses auf den 600 Jahre alten Alchemisten Charles Le Soucier. Einige Jahre später ereilte ihn Der Ruf des Cthulhu. Er fand das Necronomicon, dessen Inhalt jeden, der etwas über dessen schreckliche Geheimnisse erfuhr, unweigerlich in den Irrsinn trieb. Dann bereiste er die Berge des Wahnsinns und entdeckte nicht nur eine Millionen Jahre alte Stadt der Großen Alten, sondern auch ihre enthaupteten Leiber im Untergrund dieses unglückseligen Ortes. Verfolgt von einem fürchterlichen Schoggothen flüchtete er sich zurück in die Zivilisation und schwor, seine Geheimnisse niemals preiszugeben.
Der Mann hinter dem Schrecken
Die obige, zugegebenermaßen rein fiktive, Biografie bezieht sich natürlich nicht auf den hoffnungslos geisteskranken Patienten einer viktorianischen Irrenanstalt. Gemeint ist vielmehr der US-amerikanische Schriftsteller, vor dem selbst der (Stephen) King der modernen Horrorliteratur respektvoll das Knie mit den Worten beugte: »Der größte Horrorautor des 20. Jahrhunderts ist H. P. Lovecraft – daran gibt es keinen Zweifel.« In den viel zu kurzen 46 Jahren, die Lovecraft auf Erden verweilte, entwickelte er sich nicht nur zu einem der umtriebigsten Autoren seiner Zeit, sondern auch zu den heute einflussreichsten. Neben Kurzgeschichten, Erzählungen und Kurzromanen verfasste Lovecraft Artikel, Essays, populärwissenschaftliche Arbeiten, Gedichte und unzählige Briefe an seine Kollegen und Freunde, zu denen unter anderem Robert Bloch und Robert E. Howard zählten.
Am nachhaltigsten dürfte den meisten Lesern allerdings Lovecrafts Cthulhu-Mythos in Erinnerung geblieben sein, den er selbst, nach einer fiktiven englischen Stadt, die immer wieder in seinen Werken auftaucht, lieber Arkham-Zyklus nannte. Der Großmeister der Supernatural-Horrorliteratur baute seine Erzählungen lose aufeinander auf, indem er gewisse Orte, Namen, Personen, Gegenstände oder Wesen immer wieder einfließen ließ, ohne aber einen konkreten Zusammenhang herzustellen. Als Leser hatte man so den Vorteil, dass jede Geschichte in sich abgeschlossen war, aber dennoch einem gewissen Muster folgte, aus dem man sich ein stabiles Grundgerüst zusammenzimmern konnte.
H. P. Lovecraft – Das Gesamtwerk, eine Mammutleistung
Lovecraft selbst blieb zwar Zeit seines Lebens der hoch verdiente Ruhm für seine grandiose Arbeit verwehrt, dies holt aber nun der aus Borsdorf bei Leipzig stammende Festa-Verlag mit einer wunderschönen Gesamtedition nach. Und die gehört ohne Frage in den Bücherschrank eines jeden gestandenen Lovecraft-Fans. In sechs Bänden sind alle Geschichten des Begründers des Cosmicism zu finden. Die Gestaltung des hochwertigen Pappschubers, das Cover sowie der zahlreichen Bleistiftillustrationen auf den Innenseiten der Einzelbände gehen auf das Konto des bekannten Illustrators Timo Wuerz. Wuerz hat hier ganze Arbeit geleistet und entwickelte aus Lovecrafts Konterfei albtraumhaftere Bildnisse, als sie sich der Schriftsteller jemals selbst hätte ausdenken können.
Die auf nicht zu dickem Papier gedruckten Geschichten sind von einem glatten Softcover in Lederoptik umgeben und lassen sich aufgrund der gewählten angenehmen Schriftgröße mühelos lesen. Für die Überschriften entschied sich der Verlag zudem für einen altertümlich angehauchten, passenden Font. Schön ist auch, dass kein freier Platz verschwendet blieb. Endet eine Erzählung, wie etwa auf Seite 46 in Band I, in der Mitte der Seite, übernimmt Timo Wuerz und füllt den freien Raum mit seinen atmosphärischen Zeichnungen aus.
Fazit
Was der Festa-Verlag da mit dem Gesamtwerk von H. P. Lovecraft passend zu Halloween für 69,99€ abliefert, ist vorbildhaft und aller Ehren wert. Als Fan guter und optisch liebevoll gestalteter Bücher gibt es hier wirklich nichts auszusetzen. Und wem die Printausgabe noch zu teuer ist oder wer keinen Platz mehr im Regal hat, der kann für nur 14,99€ zur eBook-Version greifen. Bei knapp 3000 Seiten, die die Gesamtausgabe umfasst, ist auch dieser Preis geradezu ein Schnäppchen, vor allem auch deshalb, weil sich die zahlreichen Übersetzer richtig ins Zeug gelegt haben und sich alle Mühe gaben, Lovecrafts Stil angemessen ins Deutsche zu übertragen. Empfohlen sei an dieser Stelle jedoch eindeutig die Printfassung, die garantiert ein Blickfang in jeder guten Büchersammlung wird.
H. P. Lovecraft – Das Gesamtwerk
Erscheinungsdatum: 28.10.2020
2960 Seiten
6 Paperbacks
Umschlag in Festa-Lederoptik
ISBN: 978-3-86552-882-7
Preis: 69,99€
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