Mit Guardians of the Galaxy wagt sich das MCU in Weiten vor, die es bislang bestenfalls nur gestreift hat.

Auf ins unendliche Weltall

Eines der faszinierenden Elemente der Marvel Comics ist, dass es wirklich ein großer, umfangreicher Kosmos ist, mit Leben in vielen unterschiedlichen Ecken und Winkeln. Es gibt subatomares Leben, Leben unter Wasser und in anderen Dimensionen. Wobei eine der lebensreichsten Ecken außerhalb der Erde das Weltall ist, wo viele verschiedene Lebensformen existieren, auch Wesen, die schon fast Götter sind.

Das MCU hatte diese Vielfalt bis 2014 nicht wirklich abgebildet. Sieht man mal von den Thor-Filmen ab, so waren alle bisherigen Kinofilme erdgebunden. Ab und an wurden mystische und übernatürlich Elemente eingebaut. Aber selbst die Filmabenteuer des Donnergottes sollten sich früher oder später wieder auf dem guten alten Planeten Erde wiederfinden.

Das sollte sich nun ändern. Kevin Feige selbst verkündete auf der San Diego Comic Con 2012, dass die Arbeit an einem Guardians of the Galaxy-Film angefangen hätten. Regisseur sollte James Gunn werden, der zuvor vor allem durch seinen Horrorfilm Slither bekannt war.

Er ist Star Lord!

Doch die Arbeiten an einer Verfilmung dieser Comics begannen schon wesentlich früher. Denn 2009 fing Nicole Perlman, die Teil des Drehbuchautoren-Programms der Marvel Studios war, an, einen ersten Entwurf zu schreiben. Zwischen 2009 und 2011 verfasste sie schließlich insgesamt zehn verschiedene Drafts, in denen sie unterschiedliche Inkarnationen und Charaktere des Teams aus den Comics miteinander kombinierte. Am Ende nahm sie den Relaunch von Dan Abnett und Andy Lanning aus dem Jahr 2008 als Basis für ihr Skript.

James Gunn, der zu diesem Zeitpunkt im Jahr 2012 frischgebackener Regisseur des Films war, wurde hinzugeholt, um das Skript zu überarbeiten. Er fand, dass das Drehbuch für ihn nicht funktionierte, weshalb er es von Grund auf neu schrieb. So sollte ursprünglich Star Lord eine andere, Comic-akuratere Herkunft haben, derweil Thanos der Hauptantagonist des Films werden sollte. Allerdings fragte Joss Whedon James Gunn, ob er nicht den Charakter als Schurke haben könnte. Gunn selbst stimmte zu und reduzierte entsprechend den Anteil, den die Figur an der Story hatte.

Beim Cast gab es zunächst Schwierigkeiten, die Rolle des Star Lord zu besetzen. Erst, als Casting-Direktor Sarah Finn Regisseur James Gunn Chris Pratt empfahl, gerieten die Dinge ins Rollen. Ursprünglich war der Filmemacher nicht so sehr überzeugt, doch bei einem ersten Treffen änderte er seine Meinung. Der Darsteller, der zu diesem Zeitpunkt vor allem für seine Rolle in der Comedyreihe Parks and Recreations bekannt war, hatte eigentlich vorher für Delivery Man Gewicht zugenommen, nahm jedoch vor Drehbeginn 27 Kilo durch eine strikte Diät und Training ab.

Viele namenhafte Darsteller

Die weibliche Hauptrolle der Gamora sollte Zoe Saldaña (Star Trek) übernehmen. Ihr Aussehen sollte nicht durch Computereffekte, sondern durch Make-up entstehen.

Der ehemalige Wrestler Dave Bautista wurde als Drax the Destroyer gecastet. Für ihn sollte dies der Durchbruch sein. Sein Aussehen orientierte sich zwar an den Comics, wurde aber in einigen Aspekten verändert. Die Hautfarbe der Figur wurde von Hellgrün zu einem schmutzigen Grau abgeändert und die Tattoos aus den Comics zu Narben.

Interessant war das Casting von Vin Diesel (Pitch Black) als Groot. Der Darsteller war bei den Dreharbeiten nicht am Set, sondern sprach seine Zeilen später ein und das in vielen verschiedenen Sprachen. Des Weiteren ermöglichte es ihm die Rolle, den Unfalltod seines Freundes Paul Walker aus dem Jahr 2013 zu verarbeiten.

Abgeschlossen sollte die Gruppe durch Bradley Cooper (Sex and the City) als Rocket. Genau wie Vin Diesel sollte der Schauspieler nicht bei den Dreharbeiten anwesend sein, sondern seine Zeilen später separat einsprechen. Vor Ort wurde die Figur durch James Gunns Bruder Sean Gunn repräsentiert.

In der Rolle des Hauptschurken, des Krees Ronan der Ankläger, wurde Lee Pace (Der Hobbit) gecastet, der ursprünglich auch für Peter Quill vorsprach. Michael Rooker (The Walking Dead) erhielt den Zuschlag für die Figur von Peter Quills „Ziehvater“ Yondu Udonta, der Anführer der Ravagers. Und als Gamoras „Schwester“ wurde Karen Gillian (Doctor Who) gecastet.

Djimon Hounsou (Amistad) konnte man als Ronans Alliierten Korath bewundern, während Hollywood-Legende Glenn Close (101 Dalmatiner) Irani Rael, die Anführerin des Nova Corps, einer Art intergalaktischer Polizei wurde. John C. Reilly (Magnolia) wurde zum Mitglied des Nova Corps Rhomann Dey. Und Benecio del Toro nahm seine Rolle als exaltierter Collector aus Thor: The Dark Kingdom wieder auf.

Bunt zusammengewürfelt

Peter Quill lebte einst auf der Erde. Doch dann starb seine Mutter, und er lief von zu Hause fort, ehe er von Ravagers, intergalaktischen Ganoven, aufgenommen wurde. Jetzt, als Erwachsener, ist er Teil der Gruppe und stiehlt für sie gewisse Artefakte, wie einen theoretisch gut weggeschlossenen Orb. Doch schon bald muss er feststellen, dass er und der Orb gesucht werden.

Gamorra will den Gegenstand haben, weil sie sich dadurch Freiheit von ihrem „Vater“ Thanos erhofft. Rocket und Groot hingegen sind an dem Kopfgeld an Peter Quill interessiert. Nach einer öffentlichen Auseinandersetzung werden alle vier jedoch vom Nova Corps gefangengenommen und in ein Gefängnis gesteckt. Wo sie schon bald den starken, aber auch etwas tumben Drax kennenlernen. Diese Gruppe an so unterschiedlichen Persönlichkeiten muss sich zusammenraufen, um zu verhindern, dass der Kree Ronan Xandar vernichtet.

Ein großes Risiko

Guardians of the Galaxy war Marvels größtes Risiko, seitdem sie damals mit Iron Man das MCU gründeten. Denn anders als die Charaktere, die sie bis dato in ihren Filmen auftauchen ließen, waren diese Wächter der Galaxie selbst für Comic-Fans relativ unbekannt. Was auch daran lag, dass es viele verschiedene Inkarnationen gab, die unter diesem Teamnamen firmierten. Der größte Comic-Erfolg der Gruppe lag außerdem zum Zeitpunkt der Dreharbeiten schon etwas zurück.

Doch das Risiko zahlte sich aus. Es half sicherlich, dass man mit James Gunn einen Regisseur an Bord holte, der mit Herzblut bei der Sache war. Der wirklich wusste, wie jeder Aspekt des Films zu sein hatte, sogar die Filmmusik. Das Ergebnis war ein Kinofilm, der Marvel ermutigte, sich dann auch an die riskantesten Projekte zu wagen, weil man sich sicher sein konnte, dass das Publikum diese akzeptieren würde.

Was für ein Ritt!

Der Film ist von Anfang an ein wilder Ritt. Der Fokus liegt eindeutig auf diesen extrem unterschiedlichen Individuen, die sich trotz oder gerade wegen ihrer Verschiedenheit als Team zusammenraufen und so gemeinsam die Galaxie retten. Was sich natürlich einfacher liest, als es eigentlich ist.

Von Anfang macht dabei James Gunn klar, dass sein Team eben keine strahlenden Helden sind, sondern schräge Figuren, deren Herz auf dem rechten Fleck ist. Peter Quill ist eine Art intergalaktischer Playboy, der aber für diejenigen, die ihm am Herzen liegen, sein Leben riskiert. Drax hingegen ist tumb, nimmt Sachen wortwörtlich, und schafft es eben dadurch auch, sich ins Herz der Zuschauer zu spielen.

Doch das Erstaunliche an diesem Film ist, dass er es schafft, dass man für zwei Charaktere Sympathien empfindet, die nur am Computer entstanden sind. Rocket und Groot werden aber so grandios dargestellt, so lebensecht, dass man es schnell vergisst, dass sie eben nur CGI-Figuren sind. Auch sie sind schräge Figuren. Rocket ist jemand, der aus allem etwas basteln kann und es lustig findet, wenn er angeblich Prothesen dafür verwendet. Und Groot, dessen Vokabular nur aus drei Wörtern besteht und der dadurch doch enorm viel ausdrücken kann.

Jede Menge Spaß

Und dann ist da noch Gamorra, die von Zoe Saldaña vorlagengerecht sehr intensiv und physisch gespielt wird. Sie ist eine gefährliche und tödliche Frau, die aber gleichzeitig eben von dem Wunsch getrieben wird, sich von ihrem Vater zu lösen. Und die dasselbe auch für ihre Schwester Nebula haben möchte.

Zu sehen, wie diese fünf verschiedenen Charaktere zusammenfinden, wie sie zu den Guardians of the Galaxy werden und welche Irrungen und Wirrungen sie bis dahin durchlaufen: Das macht jede Menge Spaß. Und zwar nicht nur Spaß beim Zusehen, sondern auch Spaß durch den Humor, den der Film hat.

Selbst für einen MCU-Film hat der Kinofilm eine erstaunliche Gagdichte, die unterschiedliche Quellen hat: Mal ist es Draxs Unfähigkeiten, Redewendungen als solche zu erkennen, mal das exaltierte Auftreten des Collectors. Oder wenn Peter mal wieder damit scheitert, bei Gamorra zu landen. Oder wenn Groot für Rocket einen wichtigen Gegenstand holt, während dieser den anderen seinen Plan erklärt und dabei meint, dass er das Objekt eigentlich erst am Ende benötigt, um keinen vorzeitigen Alarm auszulösen.

Grandiose Optik

Doch auch die meisten Nebencharaktere werden großartig dargestellt. Karen Gillian als Nebula ist eine Offenbarung, weil ihr Charakter einzig und allein von Hass angetrieben wird. Sie hasst ihre Schwester, da diese versucht, sich von ihrem Vater zu befreien. Sie hasst ihren Vater, da er sie zu diesem Cyborg gemacht hat. Und eigentlich hasst sie auch sich selbst. Sie mag eine Antagonistin sein, doch erhält sie ebenfalls einige positive Szenen.

Was ebenso für die Ravagers gilt. Es wird von Beginn an klar gemacht, dass es sich hierbei um einen Haufen wilder Individuen handelt, die von ihrem Anführer Yondu allein durch seine Persönlichkeit und seine spezielle Waffe, einen Pfeil, den er durchs Pfeifen steuert, im Griff gehalten werden. Man schließt sie schnell ins Herz, eben weil so wild und verrückt charakterisiert werden.

Der Film lebt aber nicht von seinen Figuren, sondern ebenso von seiner Optik. Und auch hier tischt einem James Gunn wiederholt Sachen auf, die einen begeistern. Der im All schwebende Kopf eines Celestials – auch wenn der Name der Rasse im Film nicht fällt – oder das Gefängnis, dass überwiegend durch praktische Effekte dargestellt wird … Es ist einfach nur herrlich.

Einige Fehler vorhanden

Und doch ist in Guardians of the Galaxy nicht alles Gold, was glänzt. Der Übergang vom zweiten in den dritten Akt gerät arg holprig, weil man nicht so recht glauben kann, wieso Drax erst jetzt sich den nötigen Mut angetrunken hat, um Ronan herbeizurufen.

Und Ronan selbst? Der Kree bleibt, wie auch seine gesamte Spezies, im Film erschreckend blass. Er erhält zwar viele gute und exzellente Szenen, in denen klar wird, was für eine Gefahr er sein kann. Doch am Ende bleibt er hinter seinen Möglichkeiten zurück. Aber es fehlen Momente, in denen eine Verbindung zwischen ihm und den Guardians aufgebaut wird. Dass er am Ende des zweiten Akts auftaucht und ihnen den Hintern versohlt, reicht da einfach nicht aus. Da hätte es mehr bedurft.

Und um ehrlich zu sein: Mit ein Grund, wieso er so blass bleibt, ist, dass er hinter dem Infinity Stein zurückstecken muss. Dass ein simpler Gegenstand soviel mehr Profil erhält, als der Antagonist an sich, mag seltsam klingen. Aber am Ende sorgt eben die Enthüllung, was dieser Stein ist, welche Macht er hat und dass auch andere gibt – darunter ebenfalls den Tesserakten aus Avengers –, dafür, dass das interessanter ist als Ronan selbst. Was für einen Gegenspieler kein gutes Zeichen ist.

Doch letzten Endes ist dies Meckern auf hohem Niveau. Denn ganz abgesehen davon funktioniert Guardians of the Galaxy hervorragend. Und die Musik der 60er und 70er Jahre sorgt für einen grandiosen Soundtrack, der mit der beste des bisherigen MCUs ist.

Info

Regie: James Gunn
Drehbuch: James Gunn, Nicole Perlman
Produzent: Kevin Feige
Hauptdarsteller: Chris Pratt, Zoe Saldaña, Dave Bautista, Vin Diesel, Bradley Cooper, Lee Pace, Michael Rooker, Karen Gillan, Djimon Hounsou, John C. Reilly, Glenn Close, Benicio del Toro
Kamera: Ben Davis
Schnitt: Fred Raskin, Craig Wood, Hughes Winborne

 


Lust, in unserem Team mitzumischen? Dann schaut doch mal auf unsere MITMACHEN Seite.

 

Warpskala

Warpskala
8 10 0 1
8/10
Total Score
Götz Piesbergen

Kommentar verfassen