Ein Zwischenfall löscht die Gegenwart aus. Kirk und Spock springen in die Vergangenheit, um herauszufinden, was geschehen ist.
Staffel 1, Folge 28
Griff in die Geschichte – City on the Edge of Forever
Handlung
Bei einem Zwischenfall auf der Brücke spritzt McCoy (DeForest Kelley) sich versehentlich eine hohe Dosis eines Medikamentes. Die dadurch auftretende Paranoia lässt ihn davon stürzen. Er beamt auf den Planeten, in dessen Orbit sich die Enterprise befindet.
Kirk (William Shatner) und Spock (Leonard Nimoy) führen einen Suchtrupp an und entdecken dabei ein unfassbar altes steinernes Gebilde. Dieses stellt sich als „Wächter der Ewigkeit“ vor. McCoy springt hindurch und verändert den Lauf der Geschichte. Die Enterprise existiert nicht mehr.
Mithilfe des Wächters gelangen Kirk und Spock in die fragliche Zeit vor McCoys Eingriff zurück: USA, 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts. Dort lernen sie Edith Keeler kennen, eine Sozialarbeiterin und Kriegsgegnerin. Spock entdeckt per Zufall, dass Keller eigentlich bei einem Unfall ums Leben kam. McCoy hat dies verhindert. Dadurch hat Keeler die Möglichkeit, eine Anti-Kriegs-Bewegung ins Leben zu rufen. Dadurch verhindert sie den Eintritt der USA als Alliierte in den Zweiten Weltkrieg. Nazi-Deutschland gewinnt den Krieg und beherrscht die Welt. Dabei verhindern sie auch die Anfänge der Raumfahrt.
Spock überzeugt Kirk, dass Keeler sterben muss. Kurz vor dem Unfall gelingt es ihnen, McCoy abzufangen.
Rezension von Griff in die Geschichte
Zeitreisen sind beliebt in der Science-Fiction, auch in Star Trek. Hier geht es darum, einen unfreiwilligen Fehler zu kitten, um die eigene Zukunft zu retten.
Edith Keeler
Eine junge Frau, welche sich in den Vorkriegsjahren der 1930er der sozialen Arbeit widmet. Sie ist ein kleines Rädchen im großen Weltgefüge und doch werden ihre Bemühungen Wellen schlagen. Sie ist der Schmetterling, dessen Flügelschlag einen Orkan auslöst. Natürlich sind ihre Beweggründe verständlich. Sie ist Pazifistin und Kriegsgegnerin und hält eine Einmischung ihres Landes in den Krieg in Europa für unzumutbar. Als Zuschauer ist der Werdegang der Geschichte bekannt. Deutschland kapituliert, das Dritte Reich wird zerschlagen. Keelers Eingreifen sorgt für das genaue Gegenteil, was sie jedoch zu dem Zeitpunkt nicht erahnen kann. Wie auch? Ihr Tod ist keine Strafe für die alternative Zukunft, sondern eine Art notwendiges Opfer, um die Vorherrschaft der deutschen Nationalsozialisten zu verhindern.
Ein klassisches Drama
Im Prinzip ist diese Episode ein Drama. Kirk und Keeler finden einander anziehend. Obwohl Kirk später durch Spock erfährt, dass sie sterben muss, kann er seine Gefühle nicht ausschalten. Stattdessen will er sie ins Kino begleiten. Vielleicht, um ihr die verbleibende Zeit so angenehm wie möglich zu gestalten, vielleicht, um sein nagendes Gewissen zu beruhigen.
Dennoch gibt es keinen Ausweg und als die Situation sich durch McCoys Erscheinen zuspitzt, greift Kirk ein. Keeler wird der Zukunft wegen geopfert. Es erinnert an einen Aphorismus aus Star Trek, der sich zuweilen wiederholt: „The needs of the many outweigh the needs oft the few“. Auch hier überwiegen die Bedürfnisse vieler. Nicht nur die Crew der Enterprise, auch die Mitglieder der Föderation, die es ohne das Opfer nicht geben würde. Oder wenn der Betrachtungsbogen weiter gefasst wird: Auch das Leben der Menschen in Europa, dass durch die vorherrschenden Nationalsozialisten weiterhin kontrolliert, geformt oder zerstört würde.
Keeler ist in zweierlei Hinsicht der erwähnte Schmetterling. Egal, was ihr geschieht, es schlägt immense Wellen.
Die Story
Sie ist in sich schlüssig. Die einzige Frage, die ich mir stelle, ist, wie hat Spock es geschafft mit den minderwertigen Mitteln, einen so leistungsfähigen Computer zu bauen? Natürlich hat er seinen Trikorder dabei, aber reicht dies wirklich aus, um ein Fragment aus der Zukunft (Todesmeldung Keelers) zu empfangen? Einerseits würde ich sagen, nein, nicht in der kurzen Zeit, nicht mit den wenigen Mitteln. Andererseits: Es ist Spock! Natürlich geht das.
Insgesamt betrachtet ist dies eine relativ ruhige Folge. Keine Action, keine Schiffe, keine Aliens, keine Riesenamöben oder gefährliche Strahlen. Trotzdem wird es nicht langweilig. Obwohl die Story wohl mehrfach umgeschrieben wurde, ist es ein interessanter Plot mit einem ordentlichen Schuss Dramatik und einer Prise Liebe. Auch der typische Humor fehlt nicht, wenn wir den Blick einmal auf die komödienhafte Szene lenken, in der Kirk einem Polizisten versucht, Spocks fremdartiges Aussehen zu erklären.
Unter Fans gilt diese Folge als die beste in TOS. Selbstverständlich sind die Geschmäcker verschieden. Obwohl ich Griff in die Geschichte zu den sehr guten Episoden zähle, ist meine Lieblingsfolge doch eine andere (Tops und Flops TOS).
Das Ende lässt mich mit gemischten Gefühlen zurück. War es nun ein Happy End? Wenn ja, für wen? Für Keeler jedenfalls nicht. Aber auch Kirk und McCoy, auch wenn ihre eigene Zeit gerettet ist, hadern wahrscheinlich mit ihrem Gewissen.
Fazit
Da ist alles drin. Ein geheimnisvolles „Artefakt“ mit Bewusstsein, Drama, Liebe, Spannung. Die Folge schaut man sich gerne noch einmal an. Und noch einmal.
Fun Facts:
- Die Originalversion von Harlan Ellison wurde durch Budgetkürzungen drastisch umgeschrieben. Dennoch gewann sein Originaldrehbuch den Writer’s Guild Award.
- Der „Wächter der Ewigkeit“ taucht in der Folge Das Zeitportal in Star Trek TAS noch einmal auf.
- Es wird keine Sternzeit genannt.
Der deutsche Titel
Typisch für die deutsche Übersetzung: Das Kind wird beim Namen genannt. Fantasievolle Titel kommen eher selten vor. Bei Griff in die Geschichte gibt es nichts zu interpretieren.
„The City on the Edge of Forever“ klingt da weitaus poetischer. „Die Stadt am Rande der Ewigkeit“. Die Zeit ist unermesslich. Was wir erfassen, ist immer nur ein kleiner Teil. Was in diesem kleinen Teil geschieht, hat dennoch Auswirkungen. Auch die Geschehnisse in dieser Stadt in den USA, egal, welches Schicksal Keeler ereilt. Es ist ein winziger Teil eines unfassbar Großen, selbst wenn es gefühlt nur am Rand der Ewigkeit liegt. Auch eine Fußnote kann bedeutungsvoller sein, als man glaubt.
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