Der letzte Wunsch ist gleichzeitig der erste Teil der Geralt-Saga, der literarischen Vorlage des bekannten The Witcher-Franchises.
Anmerkung vorab: Die Buchserie wird unter verschiedenen Namen geführt. Die aktuellen Auflagen nutzen den berühmteren The Witcher-Titel, derweil die älteren Versionen als Geralt-Saga zusammengefasst wurden. Um Verwirrungen mit der TV-Serie zu vermeiden (Und weil ich eine ältere Auflage als Rezigrundlage nutze), wird letztere Bezeichnung bei der Besprechung der Romane verwendet.
Das Buch, auf dem alles basiert
Was heutzutage als The Witcher bekannt ist, nahm vor vielen Jahren als die Geralt-Saga ihren Anfang. Deren erster Teil, Der letzte Wunsch, kam bereits 2007 hier in Deutschland heraus. Dass die Serie von Andrzej Sapkowski auch international berühmt wurde, beruht vor allem auf dem Erfolg der Videospiele, die von CD Project Red entwickelt wurden. Ohne diese hätte es keine Netflix-Serienadaption gegeben, wobei der Titelheld in dieser von dem Superman-Darsteller Henry Cavill dargestellt wird.
Andrzej Sapkowski ist gebürtiger Pole, der 1948 in Lodz geboren wurde. Er studierte an der dortigen Universität Wirtschaftswissenschaften und arbeitete zunächst als Ökonom und Unternehmensberater. Dann begann er als Übersetzer zu arbeiten, ehe er ab 1986 eigene Werke schrieb. Der erste Teil seiner Geralt-Saga, Der letzte Wunsch, kam 1993 in Polen heraus.
Nicht 08/15
Der letzte Wunsch ist dabei eine Sammlung verschiedener Kurzgeschichten, die in eine Rahmenhandlung namens Stimme der Vernunft eingebettet sind. In dieser erholt sich Geralt von den schweren Verletzungen, die er sich bei einem vorherigen Auftrag zugezogen hat. Er reflektiert dabei über vergangene Ereignisse.
So erinnert er sich beispielsweise, wie er einst auf einen verfluchten Menschen traf, der als Bestie in der Umgebung sein Unwesen trieb. Nur die wahre Liebe konnte ihn davon befreien. Doch gleichzeitig wurde er von einem weiblichen Monster dahingehend manipuliert, immer mehr und mehr die Kontrolle über sich selbst zu verlieren. Oder daran, wie ein Luftgeist dafür sorgte, dass er die Zauberin Yennefer traf und sich in sie verliebte.
Was die Geralt-Saga von anderen Fantasy-Serien unterscheidet, ist, dass Andrzej Sapkowski keine 08/15-Erzählungen schreibt. Vielmehr spielt er mit den Erwartungen des Lesers. Bereits die erste Story von Der letzte Wunsch macht dies deutlich. In Der Hexer führt er den Leser perfekt in die Welt von Geralt von Riva ein und macht ihm klar, wie diese funktioniert.
Ein realistisch wirkendes Mittelalter
Sein „Hexer“ ist kein strahlender Held, sondern ein mürrischer Mann, der gegenüber anderen Menschen gerade einmal das Mindestmaß an Respekt entgegenbringt. Einer, der zuerst versucht, sich zunächst ein klares Bild einer Situation zu machen, ehe er dann möglichst gut vorbereitet aktiv wird. Und gleichzeitig jemand, der ein hohes Berufsethos hat. So lehnt er in Der Hexer den Versuch einer Bestechung ab und konzentriert sich darauf, seinen Auftrag durchzuführen, wenn auch nicht so, wie man es von ihm erwarten würde.
Stets spielt der Autor nicht nur mit den Erwartungen des Lesers, sondern auch mit diversen Mythen. So basiert die Story Ein Körnchen Wahrheit auf Die Schöne und das Biest, derweil in Das kleinere Übel auf Schneewittchen und die Sieben Zwerge angespielt wird. Gemein haben die Geschichten, dass die Vorlage zwar erkennbar ist, Andrzej Sapkowski sie aber völlig frei interpretiert.
Dabei ist die Welt, die man als Leser in Der letzte Wunsch kennenlernt, eine realistische. Es ist kein idealisiertes Mittelalter, das man hier liest. Vielmehr spürt man in manchen Erzählungen förmlich den Dreck, der überall sitzt. Ebenso gibt es hier keine eindeutigen Heroen, da der Autor jeder Figur mindestens zwei charakterliche Eigenheiten angedeiht, die negativ sind, wodurch sie glaubwürdiger wirken.
Humor, wie ich ihn mag – staubtrocken
Die Figuren sind es allerdings auch, die einen dazu bringen, die einzelnen Geschichten zu lesen. Seien es wiederkehrende Charaktere wie der Barde und Schürzenjäger Rittersporn, der sehr von sich selbst überzeugt ist, oder ebenso Protagonisten, die nur in einer Story auftauchen wie die Zauberin Yennefer, begeistern.
Genau wie ebenfalls der teilweise trockene Humor gefallen kann. Auch wenn die Geschichten überwiegend einen ernsten Ton haben, wird die Atmosphäre durch gelungene Dialoge oder Figuren aufgelockert. Vor allem Rittersporn in seinem Egoismus sorgt wiederholt dafür, dass an einigen Stellen ein Lachen nicht unterdrückt werden kann.
Der letzte Wunsch ist ein grandioser Auftakt zur Geralt-Saga. Mehr muss man dazu auch nicht sagen.
Bewertung 15/15
Autor: Andrzej Sapkowski
Titel: Geralt-Saga 01: Der letzte Wunsch
Originaltitel: Ostatnie Zyczenie
Übersetzer: Erik Simon
Verlag: dtv
Erschienen: 06/2007
Einband: Taschenbuch
Seiten: 380
ISBN: 978-3-423-20993-9
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