Der Kopf wird immer mehr zum zentralen Objekt der Begierde in der Welt von Fallout.

Klare Sympathienverteilung

Der Ghul (Walton Goggins) findet den kopflosen Körper von Wilzig und heftet sich mit CX404 an die Spur von Lucy (Ella Purnell). Diese pflanzt derweil dem Kopf des Toten einen Peilsender ein, was sich als gute Idee erweist, als dieser von einem Schlinger verschluckt wird. Sie selbst wird von dem Ghul gefangen genommen und anschließend als Köder benutzt, um das Monster anzulocken.

Derweil versucht Maximus (Aaron Moten) die Power-Rüstung zu reparieren, was sich allerdings als nicht so einfach erweist. Er muss auf die Hilfe einer örtlichen Mechanikerin zurückgreifen. Und auch danach hört der Ärger für ihn nicht mehr auf. Er muss sich mit einer örtlichen Gang auseinandersetzen, die versuchen ihm die Rüstung zu stehlen. Und kurze Zeit später nimmt auch noch die Bruderschaft Kontakt mit ihm auf, um herauszufinden, was geschehen ist. Was ihn zu einer folgenschweren Lüge bringt.

Der Kopf ist eine interessante Folge. Eine, in der mit mehreren Handlungsebenen jongliert wird, mehr als jetzt in der Inhaltswiedergabe zu lesen sind. Eine, die die Lore im Hintergrund mehr ausbaut. Und die die Sympathien des Zuschauers klar verteilt.

Genauso ein Arsch, wie sein Mentor

Der eine Plot, der nicht erwähnt wurde, spielt in der Vergangenheit und handelt von dem Schauspieler Cooper Howard, der als Werbeperson für die Firma Vault-Tec angeheuert wird. Man kriegt hier einen kleinen Einblick, wie das Leben vor dem nuklearen Fallout war und vor allem, wie das Familienleben des Darstellers war. Dazu muss man wissen, dass man ihn das erste Mal kennengelernt hat, als er in Das Ende direkt miterlebte, wie die Atombomben explodierten. Damals hatte man den Eindruck, dass er ein runtergekommener Schauspieler wäre. In dieser Episode scheint er hingegen relativ erfolgreich zu sein. Hoffentlich erfährt man, wie es zu dieser vermutlichen Veränderung seiner Lebensumstände gekommen ist.

Auch wäre es natürlich interessant, was mit ihm nach dem Fallout geschehen ist. Allerdings deutet Der Kopf am Ende an, dass er der Ghul ist, der Lucy gefangen genommen hat. Wenn dem so ist, dann ist er im Laufe der Jahre sehr zynisch und sehr aufs eigene Überleben fokussiert geworden. Die Art und Weise, wie er die ehemalige Vault-Bewohnerin als Köder benutzt und sie danach durch die Wüste schleppt, wobei sie kein Wasser kriegt, sind die besten Beispiele dafür.

Doch trotz seiner flexiblen Weltanschauung und Prioritätensetzung wirkt er immer noch sympathischer als Maximus. Zwar kriegt man mit letztgenannten in dieser Folge etwas Mitleid, weil er einfach von einer Scheißsituation in die nächste gerät und dabei immer wieder Prügel kassiert. Aber andererseits verhält er sich gegenüber seinem neuen Knappen, Thaddeus, genauso wie das letzte Arschloch, wie einst der Ritter Tidus ihm selbst gegenüber.

Der Kopf

Ein gutes Humor-Beispiel

Wobei sich das am Ende von Der Kopf etwas verändert, als Maximus alles tut, um Thaddeus zu retten. Mal schauen, was für Konsequenzen das haben wird. Aber evtl. erlebt man hier den Beginn eines Plots, in dem sich das Verhalten des aktuellen Trägers der Powerrüstung ändern wird. Wobei man es hier immer noch mit Fallout zu tun hat, wo ja gute Menschen Prügel kassieren oder der Lächerlichkeit preisgegeben werden.

Wie man es ja so schön an Lucy sieht. Zum einen wird deutlich gemacht, dass sie zwar in vielerlei Hinsicht naiv ist. Doch gleichzeitig ist sie auch intelligent, als die dem titelgebenden Kopf einen Tracker einpflanzt, was sich später noch als wichtig erweisen sollte. Der Kontrast zwischen ihrem Idealismus und dem Zynismus des Ghuls treibt dabei schön die Episode voran. Als sie ihm, völlig durchnässt und außer Atem, nachdem er sie als Köder für den Schlinger missbraucht hatte, von der Goldenen Regel erzählt und er dann wiederum später von der Regel des Wastelands erzählt, macht diesen Kontrast deutlich. Mal schauen, was sich hier noch ereignen wird.

Was aber auch für das Vault gilt, aus dem Lucy kommt. Das ist der zweite Plot, der in der Inhaltsangabe nicht wiedergegeben wurde. Es ist schön, dass die Macher die Heimat einer ihrer Hauptfiguren nicht vergessen, sondern weiterhin berücksichtigen. Wobei das Vault in Der Kopf ebenso als gutes Beispiel für den Humor der Fallout-Serie dienen kann.

Eine erschütternde Naivität

Man merkt einfach, dass es hier viele Leute gibt, die – genau wie Lucy – von der Außenwelt keine Ahnung haben. Die Debatte, wie man mit den überlebenden Räubern umgehen soll, ist dafür das beste Beispiel. Wenn beispielsweise ernsthaft als Maßnahmen zur Rehabilitation der Angreifer diskutiert wird, ihnen die Infinitesimalrechnung beizubringen oder ihnen Shakespeare vorzulesen, dann kann man nur lachend den Kopf schütteln. Es wirkt einfach absurd, bewusst absurd, was man hier sieht. Und Lucys Bruder Norm scheint der einzige zu sein, der bewusst gegen den Strom schwimmt und für eine gnadenlose Abrechnung ist. Auch wenn er am Ende überstimmt wird.

Der Kopf hält das hohe Niveau der Fallout-Reihe. Krasse Gewalt, Humor, der aus absurden Situationen entsteht sowie Charaktere, die einem, trotz ihrer Makel, ans Herz wachsen: Wenn die Serie weiterhin so gut bleibt, dann ist sie am Ende ein definitives Must-See!

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Götz Piesbergen

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