Die Exinctia-Seuche hat die Menschheit nahezu ausgerottet.
Teil 1: Die Begnadigung
Nummer 7 wacht in einem Raum mit einer Bombe auf und kann dieser nur knapp entkommen. Sie weiß nicht mehr, wer sie ist, wieso ihre Gliedmaßen durch Cyborg-Prothesen ersetzt worden sind oder warum sie sich an diesem Ort befindet, der sich als ein verlassenes Kaufhaus herausstellt. Auf dem Dach trifft sie auf Nummer 6, einen eingebildeten Schnösel, mit dem sie aber dennoch ein Team bildet. Gemeinsam mit acht weiteren Personen sind sie Teilnehmer an einem barbarischen Spiel, welches eine Art der Begnadigung für Schwerverbrecher sein soll. Allerdings kann nur ein Zweierteam gewinnen, indem es zuerst einen bestimmten Gegenstand findet. Da jeder gewinnen will, gehen die Mitspieler aufeinander los.
Mindestens ebenso gefährlich sind bewaffnete Drohnen, die alles filmen und dafür sorgen, dass niemand fliehen kann. Außerdem geben die Drohnen Zettel aus, auf denen steht, welche Straftaten die Teilnehmer begangen haben sollen. Nummer 7 soll eine Menschenhändlerin sein, dem gerade einmal fünfzehn Jahre alten Nummer 8 wird ein Mord angelastet. Einige Teilnehmer verhalten sich tatsächlich wie Kriminelle und haben keine Skrupel, ihre Konkurrenten zu töten. Eine Frau lässt Nummer 7 jedoch am Leben, da sie sie für einen Engel hält. Nummer 6 kann sie aus den Fängen der geistig verwirrten Frau befreien, doch dann gehen sie wieder getrennte Wege.
Am Ziel angelangt trifft sie auf Nummer 5, einen Mann mit einem Holzbein. Mit ihm geht sie einen neuen Deal ein und findet den geforderten Gegenstand – eine Klopapierrolle. Kurz darauf hintergeht sie Nummer 5 jedoch, da Nummer 6 wieder auftaucht, dem sie sich aufgrund ihrer Rettung verpflichtet fühlt. Damit verschuldet sie den Tod des anderen, was sie sofort bereut, da sie ihrerseits von Nummer 6 verraten wird, der daraufhin als Einziger eine Begnadigung erhält. Bevor sie von den Drohnen erschossen wird, weil sie sich weigert, deren Befehl auszuführen, Nummer 8 zu töten, fällt überall der Strom aus.
Unterdessen erlebt die Desinfiziererin Amy Smith in Mannheim ein nicht minder grauenvolles Schicksal. In der abgeschotteten Stadt, in der sie Asyl erhalten hat, arbeitet sie als Reinigungskraft für den korrupten Bürgermeister Levi Storm. Von dessen Sohn Eddie sowie seinem Kumpel Kevin wird sie permanent gemobbt und misshandelt. Eddie stiehlt ihr gar ihre Atemmaske, ohne die ihr auf der Straße ein empfindliches Bußgeld droht. Immerhin wütet eine tödliche Pandemie. Als sie von einem Soldaten erwischt wird, soll sie 10.000 Euro zahlen oder ihr droht die Verhaftung. Alternativ bietet der Soldat ihr an, ihn mit 5.000 Euro zu schmieren.
Ihren Mann Robert schert das alles nicht. Er behandelt sie ebenso mies wie der Sohn des Bürgermeisters. Dennoch ist sie ihm dankbar, dass er sie in der Not geheiratet hat, damit sie als Asylsuchende aus Großbritannien die deutsche Staatsbürgerschaft bekommt. Inzwischen interessiert er sich aber nur noch für die im Fernsehen ausgestrahlte Begnadigung und sein nächstes Bier. Bevor er so richtig ungemütlich werden kann, brechen ihm jedoch die Knochen. Ein Symptom von Extinctia im Endstadium. Als dann auch noch der Strom ausfällt, muss Amy einen Ausweg aus der Stadt suchen.
Eine gnadenlose Welt
Die Welt, in der die Seuche Extinctia (vom englischen „Extinction“ für „Aussterben“) fast die gesamte Menschheit dahingerafft hat, ist eine vollendete Dystopie. Es sind nur noch wenige Städte wie Mannheim übrig, die nach außen komplett abgeriegelt sind und in denen strenge Infektionsschutzmaßnahmen durchgesetzt werden. Nicht alle Schutzsuchenden werden aufgenommen, nur so viele, wie versorgt werden können. Der Bürgermeister lässt es sich dabei äußerst gut gehen, während er seine Untertanen mit einem tödlichen Gewaltspiel unterhält.
Die „Begnadigung“ erinnert ein wenig an Die Tribute von Panem, da auch hier das Publikum Favoriten wählen kann. Nur werden hier angebliche Kriminelle aufeinander losgelassen, ähnlich wie in Die Todeskandidaten (2007). Was auf den ersten Blick vertraut wirkt, ergibt allerdings später noch unerwartet einen Sinn, wodurch Extinctia eigene Akzente setzt und nicht einfach nur kopiert. Zudem ist das Buch sehr spannend geschrieben, sodass man mit den Charakteren mitfiebert.
Die meisten Charaktere sind jedoch wenig sympathisch, um nicht zu sagen vollkommen soziopathisch. Die meisten Teilnehmer der Begnadigung sind skrupellose Killer und der Einzige, der kein Kapitalverbrechen begangen hat und die Unschuld in Person darstellt, stirbt gleich als Erster. Nummer 8 soll mit gerade einmal 15 Jahren einen Mord begangen haben und wirkt tatsächlich ziemlich abgebrüht. Obendrein ist er Alkoholiker. Nummer 6 kommt derweil von Anfang an arrogant daher und beleidigt Nummer 7 in einer Tour. Sein Verrat am Ende des ersten Teils ist wenig überraschend. Der Verrat von Nummer 7 an Nummer 5 dafür umso mehr, denn sie ist über lange Zeit die einzige Teilnehmerin, die noch etwas Empathie für ihre Mitmenschen aufbringt. Am Ende bezahlt sie einen hohen Preis dafür, dass sie zu Nummer 6 hält, nur weil der ihr in einer Notlage geholfen hat. Davon abgesehen war er jedoch die ganze Zeit über ein charakterlicher Totalausfall.
Ähnlich sieht es in Mannheim aus, wo Amy Smith die einzige Sympathieträgerin darstellt. Ihr Chef ist korrupt und sein Sohn führt sich wie ein Tyrann auf. Dessen Kumpel Kevin ist nicht besser. Der Soldat, der Amy ohne Maske erwischt, zeigt sich unbeeindruckt von ihrer Entschuldigung und erweist sich ebenfalls als korrupt. Und ihr Ehemann Robert ist schlussendlich ein nichtsnutziger Proll, der sich kein bisschen um die Probleme seiner Frau schert und sie wie seine persönliche Haussklavin behandelt. Die freundlichen, hilfsbereiten Menschen scheinen größtenteils schon an der Seuche ausgestorben zu sein.
Doch auch die Welt vor dem Ausbruch der Seuche war schon hart, wie man an den Tagebucheinträgen eines stotternden Jungen ablesen kann, welche rund die Hälfte aller Kapitel einleiten. Auch er wird in der Schule gemobbt und von seiner Mutter sowie deren häufig wechselnden Lebensgefährten ignoriert. Er flüchtet sich in die Welt seines Lieblingssuperhelden Powerman und träumt davon, selbst ein Held zu sein. Die Sinnhaftigkeit des Tagebuchs stellt er zunächst in Zweifel, am Ende hilft es ihm aber scheinbar doch, sich den Frust von der Seele zu schreiben.
Teil 2: Die Menschenhändlerin
Im zweiten Teil trifft Amy bei ihrer Flucht aus Mannheim im Verlies des Rathauses auf Nummer 6, der von seiner „Begnadigung“ sichtlich enttäuscht ist. Amy befreit ihn und im Gegenzug kann er ihr gegen Eddie und Kevin helfen. Sechs begleitet sie nach Frankfurt am Main, wo sich ein gewisser Dr. Blum aufhalten soll, der an einem Heilmittel gegen Extinctia arbeitet. Im Prinzip kehrt Nummer 6 damit direkt wieder zum Ausgangsort zurück, denn das Kaufhaus, welches er, Nummer 7 und Nummer 8 überlebt haben, befindet sich genau dort.
Nummer 7 ist nach dem Stromausfall, der die Drohnen ausgeschaltet hat, von einer Gruppe Menschen aufgegriffen worden, die sich im Oasis-Hotel niedergelassen haben. Dort erhält sie von den Rezeptionisten ein Zimmer mit Vollpension, für das sie jeden Tag Aufgaben zu erfüllen hat. Auf einem ihrer Besorgungswege, auf dem sie einen Kugelschreiber organisieren soll, da sie zuvor einen zerbrochen hat, findet sie ebenfalls Hinweise auf Dr. Blum. Außerdem macht sie unangenehme Bekanntschaft mit einer marodierenden Bande, doch das Oasis wird von einer Scharfschützin bewacht, die Nummer 7 hilft.
Trotz der guten Unterbringung hegt die Überlebende schnell Zweifel, denn das Oasis erscheint ihr zu gut, um wahr zu sein. Außerdem will ihr niemand sagen, was aus Nummer 8 geworden ist. Dafür erfährt sie bei ihrem nächsten Auftrag von einem blinden Mechaniker namens Damian Saller einiges über ihre Vergangenheit. So hat sie ihm die Arm- und Beinprothesen zu verdanken, was keineswegs ein krankes Experiment war. Sie hatte sich mit Extinctia infiziert, weshalb ihre Gliedmaßen amputiert werden mussten, bevor sich das Virus ausbreiten konnte. Außerdem war es ihr Bruder Georg, der sie zu Damian geschafft hatte. Und der war niemand Geringeres als Nummer 5, den sie verraten und sterben lassen hat.
Als sie dem Hotelangestellten Laurent in einen stillgelegten Zoo folgt, erfährt sie weitere Wahrheiten. Nicht vorrangig von ihm, sondern von Videoaufzeichnungen, die sie in einem Büro findet. Diese beweisen, dass nicht sie die Menschenhändlerin war und ihre Träume, in denen sie Nummer 8 gefoltert hat, in Wirklichkeit Erinnerungen an die Beweisvideos waren. Noch bevor sie Acht befreien konnte, hatte der schon selbst die Menschenhändlerin erledigt. Er ist also kein eiskalter Mörder, sondern ein Opfer, das in Notwehr gehandelt hat.
Über das Oasis erfährt Nummer 7 ebenfalls so einiges. So hat das Hotel bei der Menschenhändlerin Kinderarbeiter eingekauft, was erklärt, woher das ganze Essen kommt, mit dem nicht nur die Hotelgäste, sondern ganz Mannheim versorgt wird. Logisch, dass der Bürgermeister da ebenfalls mit drin hängt. Zurück im Oasis muss sich Nummer 7 dort gegen das Personal und die eingeweihten Gäste wehren, wobei ihre gerade erst reparierten Prothesen abermals arg in Mitleidenschaft gezogen werden. Als dann noch die marodierende PEA-Gang auftaucht und ihre Auslieferung fordert, flüchtet sie in den Aufzug. Mit dem Schlüssel, den sie Laurent abgenommen hat, kann sie in die mehr als 40 Untergeschosse fahren, wo sie einen unterirdischen See und Plantagen vorfindet.
In der unterirdischen Anlage trifft sie zunächst auf ein Mädchen, das sich nur mit einer Nummer identifiziert und einstudierte Sätze abspult. Die Kleine ist komplett hirngewaschen. Dennoch will Sieben sie retten und bringt sie eine Etage höher in die Plantage, wo sie Acht vorfindet. Der offenbart ihr, dass sie sich gerade mit Extinctia angesteckt hat, denn alle Kindersklaven sind bereits infiziert, einschließlich seiner selbst. Wie zur Bestätigung brechen die Knochen des Mädchens welches Nummer 7 nur noch mit der Schusswaffe erlösen kann. Allerdings quatscht sie erst einmal mit Acht, während sie das blutende Kind links liegen lässt.
Zurück an der Oberfläche treffen sie und Acht auf Nummer 6 in Begleitung von Amy. Sieben stürzt sich auf den Verräter und bricht ihm einen Arm, lässt ihn dann aber entkommen. Kurz darauf wird sie abermals von ihm verraten, denn wie sich herausstellt, hat er die ganze Zeit über für Bürgermeister Storm gearbeitet. Seine Teilnahme an der Begnadigung war nur Scharade und er sollte dabei sicherstellen, dass weder Nummer 7 noch irgendwer sonst überlebt. Wie sich nämlich nun offenbart, standen nicht nur Nummer 5 und Nummer 8 mit ihr in Verbindung.
Sogar ihre Bezeichnung als „Engel“ hatte eine tiefere Bedeutung, denn ihr Name lautet Dana Engel. Sie hat einst als Soldatin für Levi Storm gearbeitet, sich dann jedoch gegen ihn gewandt. Seither sah der Bürgermeister in ihr eine Ökoterroristin namens Gaia, doch daran kann sie sich nicht erinnern. Ein Puzzlestück fehlt immer noch, um ein Gesamtbild zu ergeben.
Vom Regen in die Traufe
Zunächst scheint es so, dass Nimmer 7 alias Dana Engel im Oasis eine neue Heimat gefunden hat. Schon früh bemerkt sie jedoch, dass etwas faul an diesem Hotel ist. Hinter der Fassade verbergen sich im wahrsten Sinne des Wortes tiefe Abgründe, angefangen bei Menschenhandel und Kindersklaven. Zum Glück hat Dana nichts damit zu tun, entgegen aller Anschuldigungen. Stück für Stück wird ihre Identität offenbart, die eben nicht der einer Menschenhändlerin entspricht. Das ergibt absolut Sinn, denn für die Begnadigung wurde nur ihr Gedächtnis gelöscht, aber nicht ihre Persönlichkeit. Und sie ist viel zu empathisch für eine Kriminelle.
Auf der anderen Seite ist Dana erstaunlich gut im Umgang mit Waffen und dazu passt, dass sie Soldatin war. Doch irgendetwas ist bei der Überführung von Dr. Blum schief gelaufen. Sie und auch ihr Bruder hatten sich mit Extinctia infiziert, was sowohl ihre Prothesen als auch sein Holzbein erklärt. Die Identität von Nummer 5 macht das Ende des ersten Teils umso tragischer. Wie ausgerechnet ein Blinder den beiden helfen konnte, verlangt schon einiges an Vorstellungskraft ab. Nummer 7 braucht zudem etwas sehr lang, um zu erkennen, dass Damian nichts sehen kann. Wenigstens ist er hilfsbereit und kann ihre Prothesen reparieren.
Die nächste Erkenntnis erwartet Dana an einem weitaus finstereren Ort. Der Zoo war nicht nur während seiner Funktion als Sklavenmarkt und Hirnwäschezentrum ein abscheulicher Ort. Seit dem Tod der Menschenhändlerin vor einem halben Jahr verwesen dort die Leichen, was sehr plastisch geschildert wird. Von diesem grauenhaften Ort geht es direkt weiter in den Untergrund des Oasis, wo die hirngewaschenen Kindern Sklavenarbeit leisten.
Nummer 7 kommt jedoch zu spät, um hier noch irgendwen retten zu können. Extinctia ist bereits ausgebrochen und da das Hotel auch die ganze Stadt Mannheim mit Nahrung versorgt, erklärt dies den dortigen Ausbruch der Seuche. Sämtliche Lebensmittel waren kontaminiert. Ursache war ein infiziertes Kind, welches von den Gehilfen der Menschenhändlerin entführt wurde. Sie haben Kinder aus dem Zeltlager vor der Stadt mit Süßigkeiten gelockt, womit die Gerüchte über so genannte „Zuckermonster“, die Amy und Nummer 6 auf ihrer Flucht zu hören bekommen, in direkter Verbindung mit dem Oasis stehen.
Die ganzen Offenbarungen ergeben langsam ein vollständiges Bild und es ist wirklich spannend, wie sich die Puzzleteile langsam zusammenfügen. Einzig die unterirdischen Anlagen des Hotels wirken etwas übertrieben. Woher hatten Levi Storm und die Rezeptionisten die Ressourcen, mehr als 40 Untergeschosse zusätzlich zu errichten? Die Menschheit ist immerhin so gut wie ausgelöscht und die Wirtschaft ist in weiten Teilen zusammengebrochen. Obendrein hat es schon jede Menge Ressourcen gekostet, eine Mauer um Mannheim zu errichten. Und wie das Großprojekt des Oasis geheim gehalten werden konnte, ist ebenfalls rätselhaft.
Glaubhafter ist da schon der Ausbau der Frankfurter U-Bahn zu einer Untergrundbasis des Mannheimer Bürgermeisters und seiner treusten Anhänger. Genau dahin nimmt er Dana, Acht und Amy mit, nachdem Nummer 6 sie erneut verraten und ausgeliefert hat.
Teil 3: Die Säuberung
In der U-Bahn kommt Dana Engel gefesselt zu sich. Sie erfährt nun von Levi Storm die Wahrheit. Zumindest so, wie er sie sieht. Mit dabei ist auch Nummer 6, der sich als ehemaliger Teamkollege zu erkennen gibt. Sein Name Timo ist ihr bereits einmal untergekommen und er ist der einzige weitere Überlebende des Soldatentrupps, der Dr. Blum heranschaffen sollte. Der Bürgermeister vermutet, dass Dana unter dem Decknamen Gaia die Mission sabotiert hat und noch unerkannte Mitstreiter hinter dem Stromausfall sowie dem Extinctia-Ausbruch in Mannheim stecken. Ein Trugschluss, wie sich noch herausstellt.
Doch allmählich verfällt Levi der Paranoia und wittert eine gigantische Verschwörung. Recht hat er lediglich damit, dass Dana eine Auftragskillerin angeheuert hat, die ihn eliminieren sollte. Diese wurde im Rahmen der Begnadigung getötet. Der Tod droht inzwischen auch Dana, Acht und Timo, die allesamt bereits erste Anzeichen von Extinctia zeigen. Amy ist unterdessen in die Obhut von Dr. Blum übergeben worden, der sich jedoch als inkompetent erweist. Offenbar haben ihn die Jahre der Folter durchdrehen lassen.
Das müssen Dana und Acht feststellen, nachdem sie ihrem Gefängnis entkommen sind. Timo hat sich dabei überraschend auf ihre Seite geschlagen, denn er braucht dringend das Heilmittel, das ihm sein Arbeitgeber verweigert. Wie sich nun herausstellt, hat Levi seinen Sohn beauftragt, Amy das Mittel zu verabreichen, was sein großes Interesse an ihr erklärt. Doch weder Timo noch Dana wollen ihre Vivisektion zulassen.
Derartiges ist auch gar nicht nötig, denn Acht entpuppt sich als Dr. Blums Sohn Silas. In den Waggon geritzte Botschaften des verrückten Arztes enthüllen ihm zudem, dass sein Vater gar kein Mediziner ist und schon schwindet jede Hoffnung auf eine Extraktion des Heilmittels. Bis Silas realisiert, dass er die nötigen Kenntnisse bereits hat, es aus Amys Blut zu gewinnen. Zwischenzeitlich lässt Storm den U-Bahnhof stürmen, wird dabei aber von Dana erschossen und seine Anhänger lassen sich in den Gefängniswaggon zurückdrängen.
Zum Schluss geht alles Schlag auf Schlag. Die wahre Identität von Gaia wird offenbart und nach Mannheim will sie noch die letzte Stadt Prag auslöschen. Doch um das zu verhindern, hat Silas vorgesorgt. Es gibt nun zwar ein Heilmittel, nur für ihn, Timo und Dana kommt es zu spät. Wobei keiner von ihnen an der Seuche stirbt.
Plötzlich ergibt (fast) alles einen Sinn
Im letzten Teil wird die gesamte Wahrheit enthüllt. Danas Vergangenheit und ihr gesamtes Umfeld stehen dabei im Zentrum. Außerdem erfährt sie, dass Timo sie insgesamt sogar dreimal verraten hat, da er schon einmal mit ihr ein Team gebildet hat, in ihrer Zeit als Soldaten im Dienste Mannheims. Timo entpuppt sich darüber hinaus als der Tagebuchschreiber – das Kind, das einst gemobbt wurde und so selbst zum Täter wurde, wie seine Entwicklung über Teil 2 hinweg dokumentiert. Er ist skrupellos und auf den eigenen Vorteil bedacht, muss aber schlussendlich erkennen, dass er seinem Auftraggeber herzlich egal ist. Außerdem scheint er tatsächlich ausgerechnet für Amy Gefühle zu entwickeln.
Eine weitere Überraschung ist die Identität von Nummer 8, der sich als Dr. Blums Sohn Silas entpuppt. Allerdings wird die Glaubwürdigkeit mit ihm als Urheber des Heilmittels arg überstrapaziert. Ein 15-jähriger ohne Medizinstudium soll sich das alles selbst beigebracht haben? Und dann extrahiert er das Heilmittel aus Amys Blut, obwohl seine Erinnerungen gelöscht worden sind, er gerade einen Alkoholentzug durchmacht, durch die Seuche geschwächt ist und bereits vier gebrochene Finger hat.
Es ist zwar durchaus noch glaubhaft, dass er die richtigen Schlüsse zieht und herausfindet, wer Gaia wirklich ist. Ebenso ist er geistesgegenwärtig bzw. ausgenüchtert genug, die Phiole mit dem Virus gegen das Heilmittel auszutauschen, sodass die Vergiftung der Prager Wasserversorgung genau den gegenteiligen Effekt hat. Ihn zu einem Wunderkind zu stilisieren, das trotz aller physischen und geistigen Einschränkungen binnen Minuten ein Heilmittel herzaubert, ist dagegen ein wenig zu viel des Guten. Obendrein soll über Jahre niemandem aufgefallen sein, dass Silas‘ Vater überhaupt kein Mediziner ist. Nach all den wirklich gelungenen Überraschungen ist das ein Plot-Twist zu viel.
Der beste Plot-Twist soll hier aber nicht verraten werden. Der ist tatsächlich so überzeugend, dass es sich allein dafür schon lohnt, das Buch bis zum Ende zu lesen. Außerdem wird im Finale der etwas kryptische Prolog rund um eine geheime Verschwörung enträtselt. Dort verwenden alle Beteiligten Bäume als Decknamen, wobei Levi Storm der Ahorn ist. Abgesehen von zwei größeren Kritikpunkten ist die Story damit sehr gut durchdacht. Die Autorin hatte den Ausgang offenbar schon zu Beginn im Kopf, sodass sich hier ein Kreis schließt und fast alles einen Sinn ergibt.
Fazit: Mehr Dystopie geht nicht!
Fans von Dystopien werden hier bestens bedient. Die geschilderte Welt wird sehr detailliert beschrieben, sodass die Leser sofort in diese nahe Zukunft versetzt werden. Die Charaktere sind sehr ausgereift und da die meisten selbst erst herausfinden müssen, wer sie überhaupt sind, ist man mindestens ebenso überrascht wie die Figuren. Wünscht man einem Charakter gerade noch den Tod, ist man ein Kapitel weiter schon wieder froh, dass er noch lebt. Das macht den Roman fesselnd bis zur letzten Seite. Der flüssige Schreibstil tut sein Übriges.
Weiterhin hat die Autorin in vielen Punkten sehr gut recherchiert, wobei sie laut Danksagung auch Hilfe hatte. Das verleiht der Welt Glaubwürdigkeit, sieht man einmal von zwei nennenswerten Kritikpunkten ab. Beim Oasis Hotel hätten eine Handvoll unterirdischer Stockwerke völlig genügt, zumal die meisten gar nicht von den Protagonisten betreten werden und daher für die Handlung irrelevant sind. Was soll sich da noch alles befinden? Man erfährt es einfach nicht. Und dann wäre da noch der Wunderknabe Silas. Ob der Name an einen Charakter aus Dan Browns Der Da Vinci Code angelehnt ist? Der Plot um eine kaputte Person, welche die Apokalypse in Form eines Virus über die verhasste Menschheit bringen möchte, erinnert jedenfalls an Dan Browns Inferno. Hinzu kommen Story-Elemente aus Suzanne Collins‘ Die Tribute von Panem.
Ob das nun eine beabsichtigte Hommage oder Zufall ist, Extinctia hat auf jeden Fall genügend eigene Ideen, um daraus etwas Neues zu machen. Was den Roman dabei von anderen Dystopien abhebt, ist die Suche nach den Puzzleteilen der verlorenen Erinnerungen. Diese treibt die Handlung maßgeblich voran und hält die Spannung aufrecht, was schon bei der Sci-Fi-Serie Dark Matter hervorragend funktioniert hat. Bei nur wenigen Abstrichen ist Extinctia damit absolut empfehlenswert!
Info
Autor: Verena Kolb
Titel: Extinctia
Cover: Jaqueline Kropmanns
Verlag: Selfpublisher
Erschienen: August 2023
Seiten: 388
Format: Taschenbuch
ISBN: 9798399683041
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