Ehe die »Star Trek – Vanguard«-Reihe ihr Finale erlebt, wird mit »Enthüllungen« noch einmal kurz innegehalten.
Eine etwas andere „Star Trek“-Serie
»Vanguard« war im Vergleich zu den anderen »Star Trek«-Serien schon immer anders. Noch mehr als in »Deep Space Nine« waren die Geschichten düster, die Protagonisten fehlbar und die dargestellte Föderation eben nicht ein Heilsbringer. Viel mehr war es eine Organisation, die für ein großes Geheimnis bereit war, ihre eigenen Regeln zu verbiegen. Es war das perfekte Beispiel dafür, was alles im literarischen »Trek«-Universum möglich war.
»Enthüllungen« ist eine Art »Best Of«. Es ist ein Buch, das insgesamt vier Kurzgeschichten sammelt. Je eine wurde von einer Person verfasst, die für die »Vanguard«-Reihe aktiv war. Das bedeutet, dass neben den bereits bekannten Autoren Dayton Ward, Kevin Dilmore und David Mack auch der ehemalige Redakteur Marco Palmieri eine Story beisteuert.
Die Geschichten sind chronologisch sortiert. Den Beginn macht »Beinahe Morgen« von Dayton Ward. Die Erzählung spielt noch vor dem ersten »Vanguard«-Roman Der Vorbote. Man befindet sich im Jahr 2265 und die namensgebende Raumstation ist im Aufbau. An Bord ist längst noch nicht alles fertig, sehr zum Ärger von Commodore Diego Reyes. Der fängt eine Beziehung mit der neuen JAG-Offizierin Rana Desai an. Derweil stößt das Raumschiff Sagitarius auf eine weitere Probe des Taurus-Metagenoms und muss sich den Klingonen erwehren. Und T‘Prynn entdeckt, dass die Botschaftsmitarbeiterin Anna Sendesjo in Wahrheit ein Undercover-Agent der Klingonen ist. Sie beginnt eine Affäre mit der Frau, die damit zu einer Doppelagentin wird.
Ein metaphorischer Schlag in die Magengrube
Leser des ersten Romans werden in dieser Kurzgeschichte viele Aspekte wiedererkennen. Die Beziehung zwischen Diego Reyes und Rana Desai oder die zwischen T‘Prynn und Anna Sendesjo stechen natürlich am meisten hervor. Und so entsteht die Faszination der Story aus der Tatsache, dass man hier das erste Mal erfährt, wie es zu all diesen Paarungen kam. Dabei beweist Dayton Ward ein sicheres Händchen für die Charakterisierungen, die überzeugen können.
Geschichte Nummer 2 trägt den Namen »Schlechte Nachrichten«. Die Erzählung findet nach den Ereignissen von Ernte den Sturm statt. Autor Kevin Dilmore beschreibt in ihr, wie der Reporter Tim Pennington nach seiner grandiosen Story über Diego Reyes überall an Bord der Raumstation eine Persona non grata geworden ist. Da lernt er die junge, aufstrebende Reporterin Amity Price kennen, die ihn um Rat fragt. Sie begibt sich schließlich undercover an Bord des Raumschiffes Omari-Ekon, das Schiff des Orioners Ganz, was ihrem Mentor Sorgen bereitet.
»Schlechte Nachrichten« ist die erste Geschichte in »Enthüllungen«, die dem Leser metaphorisch einen Schlag in die Magengrube versetzt. Das Ende der Story passt zu der »Vanguard«-Reihe, die mit ihren Protagonisten eben nicht schonend umgeht. Und so kann man den Kummer und Schmerz von Tim Pennington, der am Ende der Erzählung verstärkt zutage tritt, sehr gut nachvollziehen.
Eine Rückkehr
»Die letzten edlen Männer« ist das schriftstellerische Debüt von Marco Palmieri. Wie bereits oben geschrieben, war er als Redakteur maßgeblich an der Konzipierung der »Vanguard«-Reihe beteiligt und hatte auch sonst bis 2008 die Geschicke des literarischen »Star Trek«-Universums geleitet. In jenem Jahr verlor er dann seinen Job, da der US-Verlag Pocket Books, der die »Star Trek«-Lizenz besitzt, Stellen strich.
Seine Geschichte spielt direkt nach den Ereignissen von Vor dem Fall. Die Protagonisten sind Rana Desai und Dr. Ezekiel Fisher. Einerseits wird in die Vergangenheit zurückgeblendet, in der man von einem gemeinsamen Abenteuer mit dem damaligen Captain Diego Reyes, der in ein Komplott des zu jener Zeit klingonischen Kapitäns Gowron verwickelt wurde. In der Handlungsgegenwart müssen die beiden den Tod eines Sternenflottenoffiziers auf einer fernen Koloniewelt untersuchen.
»Die letzten edlen Männer« ist die langweiligste Geschichte des gesamten Buches. Das liegt vor allem an der Handlungsebene, die in der Handlungsgegenwart spielt. Sie plätschert mehr vor sich hin. Spannung, wie bei dem Plot aus der Handlungsvergangenheit, kommt dabei nicht auf. Der Grund dafür ist, dass die Story von damals mit Gowron einen gelungenen Gegenspieler bietet, der intelligent vorgeht und dessen wahre Absichten man erst dann feststellt, als es schon zu spät ist. Das fehlt in der Handlungsgegenwart.
Ein weiterer Schlag in die Magengrube
Den Abschluss bildet David Macks »Und die Sterne blicken herab«. Die Episode spielt nach den Ereignissen von Vor dem Fall und vor der Episode von Das Spinnennetz. Protagonist ist der ehemalige Glücksritter Cervantes Quinn, der mit seiner Partnerin Birdy Mac im Auftrag der Föderation geheime Aktionen durchführt. Dabei stoßen die beiden bald auf eine Welt der Shedai, wo sie eben einen solchen vorfinden, der ihnen eine düstere Prophezeiung mit auf den Weg gibt.
Genau wie »Schlechte Nachrichten« ist auch »Und die Sterne blicken herab« am Ende ein emotionaler Schlag in die Magengrube. Eben weil Cervantes Quinn in der Geschichte endlich sein Glück gefunden hat. Eben weil die Zukunft für ihn rosig aussah. Doch die Begegnung mit den Shedai macht das alles wieder zunichte. Man kann David Mack vorwerfen, dass er die Story sehr vorhersehbar schreibt, dass bestimmte Plottwists deutlich angekündigt werden. Doch unterm Strich überwiegt die Spannung.
»Enthüllungen« ist ein gutes Werk, das man, trotz einiger Fehler, lesen sollte.
Autor: Dayton Ward, Kevin Dilmore, David Mack, Marco Palmieri
Titel: Star Trek – Vanguard 06: Enthüllungen
Originaltitel: Star Trek – Vanguard: Declassified
Übersetzer: Christian Humberg, Susanne Picard, Anika Klüver, Stephanie Pannen
Verlag: Cross Cult
Erschienen: 07/2011
Einband: Taschenbuch
Seiten: 471
ISBN: 978-3-941248-10-6
Sonstige Informationen:
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