Wie geht Star Trek mit einem der unheimlichsten Themen der Science-Fiction um?

Von Sklaverei bis Psychoanalyse

Zu Zeiten der Classic-Serie war der UFO-Hype, den die Sichtung von Kenneth Arnold sowie der Roswell-Absturz 1947 ausgelöst hatten, noch in vollem Gange. Entführungen durch Außerirdische waren allerdings noch kein großes Thema. Lediglich der Fall von Betty und Barney Hill hatte 1961 für einige Schlagzeilen gesorgt. In der ersten Star Trek-Serie finden sich entsprechend wenige Beispiele für die kulturelle Verarbeitung derartiger Erlebnisberichte.

Erst in der zweiten Staffel werden Captain Kirk, Lt. Uhura und Fähnrich Chekov vom Meister der Sklaven direkt von der Transporterplattform auf den fernen Planeten Triskelion entführt. Sie sollen drei körperlosen Hirnen zu Unterhaltungszwecken dienen, indem sie in einer Arena als Gladiatoren kämpfen müssen. Uhura wird dabei Opfer einer Vergewaltigung durch den Mitgefangenen Lars, der ihr zu verstehen gibt: „Es ist nicht erlaubt, sich dem Auserwählten zu verweigern.“ Das ist mit Abstand der schaurigste Moment der gesamten Serie, obgleich man den sexuellen Übergriff nur als Schattenspiel an der Zellenwand sieht. Uhuras Schreie verdeutlichen jedoch das Grauen, welches ihr widerfährt.

Am Ende gelingt es Kirk zwar, seine Mannschaft sowie die Bewohner Triskelions, die aus allen Winkeln der Galaxis entführt worden sind, zu befreien, doch ist Sklaverei im Star Trek-Universum leider sehr weit verbreitet. Schon Captain Archer muss in der Episode Borderland aus der vierten Enterprise-Staffel einige gekidnappte Besatzungsmitglieder vor der Versteigerung auf einem orionischen Sklavenmarkt retten und im 31. Jahrhundert von Discovery blüht der Sklavenhandel immer noch unter dem orionisch-andorianischen Verbrechersyndikat Smaragdkette. Da es sich hierbei jedoch um die Übertragung eines irdischen Themas auf die Science-Fiction handelt, soll es an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden. Es bleibt zu hoffen, dass in der Realität keine UFO-Entführten in der Sklaverei landen, der Menschenhandel auf der Erde ist schon schlimm genug.

Die erste Star Trek-Episode, die zumindest indirekt auf das Entführungsphänomen Bezug nimmt, ist Der Plan der Vianer aus der dritten Staffel der Classic-Serie. In dieser werden Kirk, Spock und McCoy während der Untersuchung eines verlassenen Forschungsaußenpostens der Föderation von besagten Vianern in eine unterirdische Anlage verschleppt. Dort werden erst dem Captain und später dem Doktor schwere Blessuren durch Folter zugefügt. Eine stumme Mitgefangene, die McCoy auf den Namen Juwel tauft, kann ihre Wunden heilen. Sie gehört einem empathischen Volk an, welches durch seinen sterbenden Stern bedroht wird.

Die Vianer wollen sie testen, um einzuschätzen, ob ihre Spezies der Rettung wert ist. Es gibt nämlich noch einen weiteren bewohnten Planeten im System, aber die Vianer haben nur Zeit und Ressourcen, eine Bevölkerung vor der Auslöschung zu bewahren. Wie Kirk anmerkt, fehlt den Vianern selbst jegliche Empathie, die sie Juwel abverlangen. Um eine Spezies zu retten, nehmen sie in Kauf, Dr. McCoy zu Tode zu foltern. Interessanterweise entspricht das dem teils skrupellosen Verhalten, das den Grey-Aliens nachgesagt wird. Wenn man den Aussagen der Betroffenen glauben kann, misshandeln und traumatisieren die Grauen ihre Opfer ebenfalls für einen angeblich höheren Zweck, welcher wahlweise im Überleben ihrer eigenen Spezies oder der Rettung der Erde begründet sein soll. Die Vianer weisen mit ihren großen Köpfen und der fahlen Haut sogar eine gewisse optische Ähnlichkeit zu den Grauen auf.

Next Level Abductions

In Star Trek – TNG wird gleich zu Beginn der ersten Staffel Tasha Yar Opfer einer Entführung. In der Folge Der Ehrenkodex wird sie vom ligonianischen Anführer Lutan regelrecht geraubt, der sie zu seiner Zweitfrau machen will. Zum Glück hat seine erste Frau Yareena etwas dagegen und fordert Tasha zum Duell heraus. Yareena stirbt dabei, wird aber von Dr. Crusher wiederbelebt, sodass Lutan all seinen Besitz sowie seinen Herrschaftsanspruch verliert.

In der dritten Staffel ereilt Lwaxana Troi in Die Damen Troi ein ähnliches Schicksal, als sie samt ihrer Tochter und dem zufällig anwesenden Commander Riker von einem Ferengi entführt wird. Daimon Tog will sie ebenfalls zur Frau nehmen, woraufhin sich Captain Picard genötigt sieht, den eifersüchtigen Verehrer zu spielen und Tog mit der überlegenen Enterprise einzuschüchtern. Irgendwie scheint Frauenraub im Star Trek-Universum ähnlich verbreitet zu sein wie Sklaverei.

Parallelen zum irdischen UFO-Entführungsphänomen gibt es hierbei nicht wirklich. Frauen werden zwar einigen Erfahrungsberichten zufolge als Gebärmaschinen missbraucht, allerdings soll es sich dabei um rein künstliche Befruchtungen handeln. Die Aliens scheinen keinerlei emotionales Interesse an ihren Opfern zu haben. Einzig ein Vorfall, der sich 1957 in Brasilien ereignet haben soll, passt einigermaßen ins Schema. Antônio Vilas-Boas behauptete damals, auf einem Feld von einem UFO entführt worden zu sein und Sex mit einer Außerirdischen gehabt zu haben. Seinen Schilderungen zufolge soll dies keine schöne Erfahrung gewesen sein. Es sei niemandem zu wünschen, von außerirdischen Sextouristen belästigt zu werden, egal ob sie nun von Zeta Reticuli oder Ferenginar stammen.

Interessanterweise betreffen die meisten solcher Vorfälle, sofern sie sich denn wirklich ereignet haben, Männer. In Star Trek sind es dagegen fast immer Frauen und das hört nicht bei den sexuellen Übergriffen von Lutan und Tog auf. In der dritten Staffel wird die Crew der Enterprise mit dem Terror auf Rutia IV konfrontiert. Dabei wird Dr. Beverly Crusher Opfer einer klassischen Geiselnahme. Selbstverständlich gibt es hier keinerlei Bezüge zu UFO-Entführungen, sondern zum rein irdischen Nahostkonflikt, weshalb an dieser Stelle nicht weiter auf Geiselnahmen eingegangen werden soll, von denen es in Star Trek noch weitere gibt.

Entführungen durch außerirdische Geheimdienste haben da schon etwas Exotischeres. In der sechsten Staffel erwischt es Deanna Troi, die plötzlich im Spiegel Das Gesicht des Feindes erblickt. Romulanische Dissidenten haben sie entführt und chirurgisch verändert, damit sie getarnt als Major Rakal vom gefürchteten Geheimdienst Tal‘Shiar einigen Überläufern zur Flucht verhelfen kann. Ein ähnliches Schicksal ereilt Kira Nerys in der DS9-Episode Die zweite Haut aus der dritten Staffel. Sie wird kurzerhand vom Obsidianischen Orden gekidnappt und in eine Cardassianerin verwandelt. Die Bajoranerin wird als Iliana Ghemor vorgestellt, die verschollene Tochter des Politikers Tekeny Ghemor, der mit ihrem Auftauchen in Misskredit gebracht werden soll. Während Troi sich widerwillig in ihre Rolle fügt, da sie Leben retten kann, weigert sich Kira, an einer politischen Intrige ihrer Todfeinde teilzuhaben.

Captain Picard macht derweil die mit Abstand grausamste Transformationserfahrung durch, als er In den Händen der Borg assimiliert wird. Diese verändern nicht nur sein Äußeres, sondern rauben ihm zugleich seine Persönlichkeit. Er wird zu einem willenlosen Werkzeug des Kollektivs, das dazu eingesetzt wird, zehntausende Föderationsbürger zu ermorden. Dies macht ihm noch Jahrzehnte nach seiner Befreiung zu schaffen, und zugleich begegnet er immer wieder Angehörigen seiner Opfer, die ihm nicht verzeihen können, darunter Captain Sisko, der bei der Schlacht von Wolf 359 seine Frau verloren hat.

Zum Glück ist nicht jede Entführung negativ intendiert. In der TNG-Folge Darmok aus der fünften Staffel wird Picard von dem tamarianischen Raumschiffcaptain Dathon auf einen feindseligen Planeten entführt, um dort die Sprachbarriere zwischen beiden Spezies zu überwinden. Dathon opfert sogar sein Leben, um den Captain der Enterprise-D seine Sprache zu lehren. So nimmt der Erstkontakt trotz der anfänglichen Entführung ein positives Ende.

Warum nicht gleich das ganze Schiff entführen?

Ein ebenfalls erfreulicher Erstkontakt beginnt mit der Entführung der gesamten Enterprise-D. In der Episode Die Reise ins Ungewisse aus der vierten Staffel erfährt der Ingenieur Reginald Barcley durch eine unbekannte Sonde einen Evolutionsschub, der ihn in die Lage versetzt, das Raumschiff zu übernehmen und in einen entlegenen Teil des Universums zu steuern, wo eine neugierige Spezies darauf wartet, die Crew kennenzulernen.

Eine weitere Spezies, welche die Enterprise-D entwendet, sind die Bynare in der Folge 11001001 aus Staffel 1. Die brauchen den Bordcomputer des Raumschiffs, um ihr vernetztes Bewusstsein vom Zentralcomputer ihrer Heimatwelt herunterzuladen, da dieser aufgrund eines Energieausstoßes ihres Sterns vorübergehend ausfällt. Die Bynare haben die Straftat also nur aus einer Notlage heraus begangen, um ihre Spezies zu retten.

Als wesentlich unlauterer erweisen sich die Absichten der Satarraner, welche die Enterprise-D in der Episode Mission ohne Gedächtnis aus der fünften Staffel samt Crew entführen. Der Besatzung unterdrücken sie dabei gleich noch die Erinnerungen, um sie in die Schlacht gegen die verfeindeten Lysianer zu führen. Die sind den Satarranern nämlich technologisch überlegen, doch ein Raumschiff der Galaxy-Klasse könnte deren Raumstation mühelos einäschern. Zum Glück bekommt die Crew Zweifel an dem Vorhaben und kann schlussendlich ein neues Besatzungsmitglied als Eindringling enttarnen.

All das hat jetzt nichts mit dem klassischen UFO-Entführungsphänomen zu tun, allerdings zeigen diese Beispiele, welch vielfältige Geschichten sich rund um die übergeordnete Thematik erzählen lassen. Kommen wir nun jedoch zu den wirklich interessanten Episoden.

Unfruchtbare Räuber und unmoralische Experimentatoren

Die schlimmsten Entführungen sind jene, bei denen Kinder betroffen sind. In Die Sorge der Aldeaner aus der ersten TNG-Staffel werden gleich sämtliche Kinder von Bord der Enterprise-D geraubt. Hintergrund ist die Unfruchtbarkeit der Aldeaner, die Opfer ihrer eigenen Technologie geworden sind, welche ihren gesamten Planeten tarnt. Zwar behandeln sie die Kinder gut, doch die wollen naturgemäß zu ihren wahren Eltern zurück. Mit Hilfe der Enterprise-Crew gelingt es, die Ursache der aldeanischen Unfruchtbarkeit zu beheben, sodass diese vielleicht eines Tages wieder selbst Kinder zeugen können.

Die Parallelen zum Phänomen der UFO-Entführungen sind hier eher vage und dürften rein zufällig sein. Laut Aussagen von Betroffenen sollen die Grey-Aliens zwar ebenfalls unfruchtbar sein und ihre Opfer bereits im Kindesalter entführen, doch bringen sie diese stets zurück. Das Problem ihrer Arterhaltung lösen sie angeblich durch ein Hybridisierungsprogramm. Gewisse Ähnlichkeiten lassen sich hier zur TNG-Folge Planet der Klone aus der zweiten Staffel finden. In dieser sind es zwar menschliche Kolonisten, die sich durch ihre ungeschlechtliche Fortpflanzung ihrer eigenen genetischen Vielfalt beraubt haben, doch diese pfeifen ebenso auf das Einverständnis ihrer Opfer, denen sie kurzerhand genetisches Material stehlen, um ihr eigenes Überleben zu sichern.

Ein weiterer Aspekt, den einige Entführte beschreiben, ist das Herumexperimentieren mit dem menschlichen Verstand. Obgleich es keine direkten Bezugnahmen auf die UFO-Thematik gibt, finden sich in der TNG-Folge Illusion und Wirklichkeit aus der zweiten Staffel einige interessante Parallelen. Die Enterprise-D wird in eine extradimensionale Scheinwelt gelockt, in welcher die Reaktionen der Besatzung auf wirre Szenarien getestet werden. Die verantwortliche Entität, die sich selbst Nagilum nennt, behandelt die Crew der Enterprise dabei wie Mikroben in einer Petrischale und ermordet sogar ein Besatzungsmitglied, um das ihr unbekannte Konzept des Todes zu erforschen. Dieses fasziniert Nagilum so sehr, dass er beabsichtigt, noch mehr Menschen zu töten, was Picard durch den Selbstzerstörungsbefehl verhindern kann. Das fremde Wesen lässt das Föderationsschiff daraufhin frei.

Wirklich faszinierend an dieser Episode ist die extradimensionale Natur der Entität Nagilum. Während manche die Herkunft der Grey-Aliens im System Zeta Reticuli oder in der Orion-Region verorten, sind einige UFO-Forscher überzeugt, es könnte sich um Wesen aus einer anderen Dimension handeln. Allerdings scheinen diese wesentlich mehr über den Tod und das Danach zu wissen als die Menschheit, weshalb wir wohl keine tödlichen Experimente zu befürchten haben. Zumindest nicht durch diese Spezies und nur sofern überhaupt etwas an den Behauptungen vermeintlicher Entführungsopfer dran ist.

In Star Trek – Das nächste Jahrhundert gibt es noch zwei weitere Episoden, die sich explizit um Entführungen zum Zwecke psychologischer sowie medizinischer Experimente drehen. Zum einen Versuchskaninchen aus der dritten Staffel, in der Picard und einige Vertreter anderer Spezies in einen Raum ohne Ausweg gesperrt werden, während sie gleichzeitig durch Doppelgänger ersetzt werden, die ihr soziales Umfeld auskundschaften. Captain Picard gelingt es am Ende, zwei Entführer auf der Brücke der Enterprise-D festzusetzen und sie weit genug einzuschüchtern, dass sie sich in Zukunft nicht mehr an Bürgern der Föderation vergreifen werden.

Wesentlich unheimlicher sind die extradimensionalen Wesen, durch welche einige Besatzungsmitglieder der In den Subraum entführt werden. Dort führt man grauenvolle medizinische Experimente an ihnen durch, woran sich die Betroffenen später nicht mehr erinnern können. Sie leiden jedoch unter Flashbacks, und Dr. Crusher kann zudem die Eingriffe an ihnen nachweisen. Die Entführungen hören erst auf, nachdem Commander Riker auf der anderen Seite zu Bewusstsein gelangt und sich zur Wehr setzt.

In den Subraum entführt

Tatsächlich weist diese Episode aus Staffel 6 die meisten Übereinstimmungen mit dem Phänomen von UFO-Entführungen auf, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass sich die Drehbuchautoren zumindest ein wenig mit der Thematik beschäftigt haben. Da wäre der extradimensionale Aspekt, das Entführen der Opfer direkt aus den Schlafzimmern, die medizinischen Eingriffe sowie die als Flashbacks aufblitzenden Erinnerungsfetzen, die durch äußere Trigger stimuliert werden. Die krebsartigen Subraumaliens erinnern zwar nicht direkt an die Grauen, jedoch tragen sie Kapuzen und Kapuzenwesen finden sich recht häufig in der UFO-Literatur. In den Subraum entführt ist daher mit Abstand die gruseligste Star Trek-Folge zu diesem Thema.

Das umgekehrte Prinzip

Da die Menschheit im Star Trek-Universum eine raumfahrende Spezies ist, nimmt sie schnell mal selbst die Rolle der Außerirdischen ein. In kaum einer Episode wird das heimliche Wirken von Aliens so gut auf den Kopf gestellt, wie in Erster Kontakt aus der vierten Staffel. Während Riker unerkannt unter den Malcorianern wandelt, bis er in eine Auseinandersetzung gerät, in deren Folge er in ein Krankenhaus eingeliefert wird und dort auffliegt, nimmt Captain Picard Kontakt mit der Regierung auf. Diese lehnt jedoch einen Kontakt zu einer fremden Spezies ab, da die Bevölkerung noch nicht dafür bereit sei. Klingt irgendwie vertraut.

Jedenfalls ist die Wissenschaftlerin Mirasta Yale ihren Artgenossen weit voraus und entschließt sich, ihren Planeten zu verlassen und in der Föderation zu leben. Das ist jetzt zwar keine Entführung, allerdings behaupten einige Menschen, tatsächlich schon freiwillig mit Außerirdischen gegangen zu sein. Sofern ihre Aussagen stimmen, könnte man es ihnen angesichts der weltpolitischen Lage kaum verdenken. Wo bitte kann ich meinen Asylantrag stellen?

Natürlich nimmt die Föderation nicht jeden auf, vor allem keine Mitglieder von Prä-Warp-Zivilisationen. Nichtsdestotrotz hat die Enterprise-D im letzten Jahr ihrer Reise notgedrungen eine ganze steinzeitliche Dorfgemeinschaft auf einen anderen Planeten entrückt, was auf das Konto von Worfs Pflegebruder Nikolai geht. Der hat die dem Tod geweihte Kultur, die er erforscht hat, kurzerhand aufs Holodeck gebeamt, was Captain Picard in eine Notlage bringt. Die Oberste Direktive einzuhalten, würde nämlich bedeuten, die Entführten direkt in den Tod zurückzubeamen.

Ein UFO-Vorfall neu interpretiert

Einen direkten Bezug auf einen realen UFO-Absturz nimmt die DS9-Episode Kleine grüne Männchen aus der vierten Staffel. In dieser reisen die Ferengi Quark, Rom und Nog sowie der Formwandler Odo unfreiwillig in der Zeit zurück und stürzen im Jahr 1947 in den USA nahe Roswell ab. Natürlich ignoriert die Episode sowohl die offiziellen Erklärungsversuche als auch sämtliche Zeugenaussagen zum Roswell-Crash. Von dem, was auch immer dort abgestürzt ist, sind nämlich nur Trümmer übriggeblieben, ganz im Gegensatz zu dem sabotierten Shuttle, das Quark von seinem Cousin Gaila geschenkt bekommen hat.

Die Aliens, die bei Roswell runter gekommen sind, sollen zwar kleinwüchsig gewesen sein, von überdimensionierten Ohren ist jedoch in keinem Bericht die Rede. Zudem sind Kindersärge an die nahe Luftwaffenbasis geliefert worden, was darauf hindeutet, dass die UFO-Insassen nicht überlebt haben. Laut offizieller Version soll es sich übrigens um Crashtest-Dummies gehandelt haben. Diese wurden jedoch erst über ein Jahrzehnt später in der Luftfahrt eingesetzt und wären wohl nicht in Kindersärgen beigesetzt worden. Nur einer von vielen Widersprüchen in einer ganzen Reihe von unglaubwürdigen Erklärungsversuchen, die von Wetter- bis Spionageballons reichen. Allerdings sind diese nichts im Vergleich zu den unterhaltsamen Widersprüchen, welche  Star Trek bei seiner Neuinterpretation des Roswell-Vorfalls aufmacht.

Da die Ferengi zudem nur selten Menschen entführen, sondern eher dazu neigen, deren Besitz zu stehlen, lohnt sich eine weitere Analyse an dieser Stelle nicht. Überhaupt geht Deep Space Nine sehr sparsam mit der Entführungsthematik um. Das versetzen einiger Stationsmitglieder in Chula, das Spiel während der ersten Staffel, mag ein bizarres Ereignis sein, hat jedoch keinerlei Bezug zur eigentlichen Thematik. Die Entführungen von Sisko und weiteren Stationsbewohnern ins Spiegeluniversum sollen hier ebenfalls nicht weiter interessieren, da die Motive politischer Natur sind.

In den Deltaquadranten entführt

Richtig interessant wird es erst wieder in Voyager, wo gleich im Pilotfilm das gesamte Schiff vom Fürsorger in den Delta-Quadranten entführt wird. Das fremde Wesen sucht wieder einmal ganz klassisch nach genetischem Material, um sich fortzupflanzen. Es braucht einen Nachfolger, der sich um die Ocampa kümmern soll, deren Welt durch seine Spezies versehentlich in eine Wüste verwandelt worden ist. Das Vorhaben scheitert jedoch und der Fürsorger stirbt ohne einen Nachfolger. Zumindest bewahrt Captain Janeway die Ocampa vor dem Zugriff der feindlichen Kazon, indem sie die Station des Fürsorgers zerstört, wodurch aber gleichzeitig ihrer Crew sowie einer Gruppe des Maquis die Heimreise verwehrt bleibt.

Im Delta-Quadranten wimmelt es von feindseligen Spezies, welche aus unterschiedlichen Gründen Menschen entführen. Die von einer unheilbaren Krankheit gezeichneten Vidiianer bedienen sich nicht nur bei der Crew der Voyager, um harte Arbeit von Sklaven verrichten zu lassen, deren Organe sie anschließend ernten, um ihre eigenen Leben zu verlängern. In der Episode Von Angesicht zu Angesicht entführen sie außerdem die Halbklingonin B’Elanna Torres, da sie sich von ihrer robusten DNS ein Heilmittel erhoffen. Sie spalten sie dabei in ihre klingonische und ihre menschliche Hälfte auf, wie auch immer sie das geschafft haben. B’Elannas anschließende Wiedervereinigung ist ebenso fantastisch.

Einen Bezug zu vermeintlich realen Entführungen stellt die Episode Die 37er aus der zweiten Staffel her. In dieser stößt die Crew der Voyager auf eine menschliche Kolonie, die von den Nachfahren verschollener Personen aus dem Jahr 1937 gegründet wurde. Unter den 37ern befinden sich einige real existierende Persönlichkeiten wie die Flugpionierin Amelia Earhart und deren Copilot. Die beiden sind über dem Pazifik verschwunden, aller Wahrscheinlichkeit nach sind sie jedoch aufgrund eines Navigationsfehlers abgestürzt, wofür sich die Hinweise inzwischen häufen. Die Folge ist damit ähnlich schlecht gealtert wie Stevens Spielbergs Unheimliche Begegnung der dritten Art.

Wer die mysteriösen Briori sind, welche die 37er in den Delta-Quadranten entführt haben, bleibt derweil offen, da sie ihre Sklavenkolonie längst aufgegeben haben und weitergezogen sind. Die typischen grauen Außerirdischen tauchen in Star Trek jedenfalls nicht auf, und das Aussehen der Briori bleibt der Fantasie der Zuschauer überlassen.

Eine weitere humanoide Spezies entführt die gesamte Crew der Voyager in der dritten Staffel. Per Translokalisation finden sich die Reisenden plötzlich in einer Art intergalaktischem Zoo wieder, in dem mehrere Spezies in diversen Habitaten festgehalten werden, die ihrer jeweiligen Lebensform entsprechen. Den Entführern geht es jedoch nicht primär darum, sie als exotische Spezies zu halten. Ihr eigentliches Ziel ist die Übernahme der Raumschiffe ihrer Opfer. Natürlich haben sie sich im Falle der Voyager-Crew mit den Falschen angelegt.

Eine weitere Episode, die sich zwar nicht direkt mit der Entführungsthematik beschäftigt, allerdings einen Teilaspekt streift, ist Im Rückblick aus der vierten Staffel. In dieser ist Seven of Nine davon überzeugt, dass der Waffenhändler Kovin etwas mit ihr angestellt hat. Da sie dies jedoch nicht bewusst erlebt hat, führt der Holodoc eine Hypnoseregression mit ihr durch, welche ihren Verdacht bestätigt. Sie erinnert sich nunmehr, dass Kovin Zugriff auf ihre Borg-Nanosonden bekommen wollte. Allerdings stellt sich am Ende heraus, das die Hypnose Seven falsche Erinnerungen suggeriert hat. Der zu Unrecht verfolgte Kovin stirbt schließlich bei einem Verzweiflungsangriff auf die Voyager.

Die Folge ist deshalb interessant, da Hypnoseregression ein beliebtes Mittel ist, um Erinnerungen von vermeintlichen Entführungsopfern zurückzuholen. Diese Methode wird durch Im Rückblick völlig diskreditiert und das zu Unrecht, da für Hypnosetherapien strenge Regeln gelten. So dürfen keine Suggestivfragen gestellt werden, durch welche tatsächlich falsche Erinnerungen implantiert werden können. Dem Holodoc sollten solche Fehler eigentlich nicht unterlaufen, denn immerhin basiert sein Programm auf dem Fachwissen der besten Ärzte und Psychologen. Das Totalversagen des Doktors in psychologischen Fragen ist in etwa so, als hätte er bei einer Notoperation den Blinddarm mit dem Hirn verwechselt. Eine wirklich enttäuschende Episode.

Der graue Sektor

Star Trek bietet zumindest oberflächlich betrachtet einiges zur Thematik der UFO-Entführungen. Eine Serie, die in diesem Punkt wesentlich direkter daher kommt, ist Babylon 5. In der Episode Alarm in Sektor 92 aus der zweiten Staffel wird Captain Sheridan von Grey-Aliens entführt, die grausame Experimente an ihm vornehmen und ihn gegen andere Entführungsopfer kämpfen lassen. Die Streib sind zwar nach dem berühmten Bestseller-Autor und selbsterklärten Betroffenen Whitley Strieber benannt, haben allerdings wenig mit dessen Erfahrungsberichten gemein, die er in seinem Buch Communion veröffentlicht hat. Die Grauen sind nicht dafür bekannt, dass sie ihre Entführungsopfer bis zum Tod gegeneinander kämpfen lassen. Zum Glück, falls etwas an der Sache dran sein sollte.

Immerhin hat sich Babylon 5 beim Erscheinungsbild aber sehr eng an die Berichte betroffener Personen gehalten. Ein weiterer Grey-Alien kommt übrigens bereits eine Staffel zuvor in der Folge Der Gral im Rahmen einer Gerichtsverhandlung vor. Es handelt sich dabei allerdings um einen Vree, eine Spezies, die mit den Streib verwandt ist. Einige Abductees, wie sich die Betroffenen selbst nennen, beschreiben ebenfalls, dass es zwei Fraktionen von Greys gibt, von denen die einen etwas netter als die anderen sein sollen. In B5 dienten die Streib einst den Schatten, während die Vree Teil der Liga blockfreier Welten sind. Deren Schriftsymbole stellen dabei einen Bezug zu gängigen Kornkreismotiven her. Interessanterweise kommuniziert der Vree nicht telepathisch, obwohl Telepathie sowohl im B5-Universum verbreitet ist, als auch den Grauen nachgesagt wird.

In Babylon 5 gibt es neben den klassischen Greys noch eine weitere Spezies, die ihre Opfer heimlich des Nachts entführt und medizinische Untersuchungen an ihnen durchführt. Auch diese diente einst den Schatten und arbeitet nunmehr mit den Drakh zusammen. Mit diesen namenlosen Wesen macht Londo Mollari unangenehme Bekanntschaft, kurz bevor er zum Imperator der Centauri ernannt wird. Hier greift Babylon 5 den Mythos der Reptiloiden auf, die aus dem Hintergrund das Schicksal anderer Völker beeinflussen, indem sie deren herrschende Eliten kontrollieren. Reptiloide sollen vereinzelten Berichten zufolge durchaus schon in Gegenwart von Greys gesichtet worden sein. Die Rolle der insektoiden Mantis geht in der Serie hingegen völlig unter und wird auf den Verbrecherboss N‘Grath reduziert, der lediglich in der ersten Staffel zu sehen ist.

Ob man das alles nun glauben mag oder als Blödsinn abtut, Serienschöpfer J. Michael Straczynski hat sich offenkundig mit den gängigen Entführungsberichten sowie Verschwörungstheorien beschäftigt, die sich teils 1:1 in seiner Serie wiederfinden. Ähnlich sieht es bei Stargate SG1 aus, wo allerdings nur die kleinen Grauen als Asgard auftreten. Immerhin haben sie die typischen Fortpflanzungsprobleme, da sie sich nur noch klonen. Der Wissenschaftler Loki ist jedoch der Einzige, der in der Serie Menschen entführt, um an ihnen genetische Experimente vorzunehmen.

Das Thema ist jedenfalls viel zu interessant, um nicht von diversen Science-Fiction-Autoren aufgegriffen zu werden. Das schließt meine Wenigkeit mit ein. So haben die Grey-Aliens eine ganze Reihe von Auftritten in den Kurzgeschichtenbänden Dunkle Sphären 1 & 2. Seit Steven Spielberg die Grauen mit Unheimliche Begegnung der dritten Art populär gemacht hat, sind sie nicht mehr aus der Science-Fiction wegzudenken. Von Akte X bis Paul – Ein Alien auf der Flucht trifft man sie überall an. Und vielleicht steckt ja sogar ein Körnchen Wahrheit in den Erzählungen …

 


Lust, in unserem Team mitzumischen? Dann schaut doch mal auf unsere MITMACHEN Seite.

 

Letzte Artikel von Sebastian Bach (Alle anzeigen)

Kommentar verfassen