Die verborgene Hand ist der Auftakt zur Dune: Prophecy-Reihe.
Eine problematische Frühphase
Als ich das erste Mal von Dune: Prophecy hörte, ging ich davon aus, dass es sich um ein Serienprojekt handeln würde, dass erst nach dem Erfolg der ersten Dune-Verfilmung von Denis Villeneuve entstanden ist – womit ich allerdings falsch lag. Denn die Streamingserie wurde ungefähr zur selben Zeit konzipiert, wie die Filmadaptionen von Frank Herberts Roman.
Genauer gesagt entstanden die Pläne im Jahr 2016, als Legendary Entertainment die Film- und Fernsehrechte von Der Wüstenplanet erstand. Die Filme von Denis Villeneuve wurden 2017 angekündigt, während die Serie, die damals noch Dune: Sisterhood hieß, der Öffentlichkeit 2019 vorgestellt wurde. Dabei stand von Anfang an fest, dass es sich um ein Prequel zu den Kinofilmen handeln würde. Und ursprünglich sollte Villeneuve selbst auch den Auftakt zur Reihe drehen.
Aber es sollte seine Zeit brauchen, bis aus der Idee eine Serie wurde. So geriet das Projekt zu Beginn in schwierige Wasser, als die Verantwortlichen vorgestellt wurden. Bis auf Frank Herberts Enkelin Kim Herbert waren das alles Männer. Und bei einer Serie, in der es – laut Titel – eben um Frauen gehen sollte, war das natürlich nicht in Ordnung.
Ein prominenter, internationaler Cast
Zum Glück änderte sich das im Laufe der Zeit. Denis Villeneuve verließ das Projekt, um sich auf die Dune-Adaptionen zu fokussieren und der ursprünglich geplante Showrunner Jon Spaihts ging mit ihm. Seine Nachfolgerin wurde Alison Schapker. Doch dann musste das Projekt pausiert werden, weil Villeneuves Nachfolger als Regisseur der ersten Episoden, Johan Renck, ebenfalls seinen Hut nahm. Seine Nachfolgerin wurde schließlich Anna Foerster.
2023 wurde das Projekt von Dune: Sisterhood zu Dune: Prophecy umbenannt. Dabei wurde auch bekannt, dass die Serie verschiedene Epochen der Dune-Historie vorstellen würde. Für den Cast wurden wieder Schauspieler aus der ganzen Welt zusammengetrommelt, wobei am prominentesten sicherlich Travis Fimmel (Vikings) als der Soldat Desmond Hart und Mark Strong (Kick-Ass) als Imperator Javicco Corrino zu nennen sind. Was die Schwesternschaft angeht, so wird diese unter anderem durch die Britin Emily Watson als Mutter Superior Valya Harkonnen und Olivia Williams als Reverend Mother Tula Harkonnen repräsentiert.
Mit Die Verborgene Hand sollte die Reihe am 17. November 2024 auf HBO laufen. Sechs Folgen wird die erste Staffel umfassen, wobei jede Woche eine neue herauskommen soll. Hierzulande kann man die Serie auf dem Wow-Streamingdienst sehen.
Die Romane zählen nicht
10.000 Jahre vor den Ereignissen von Dune, aber nur grob über 100 Jahre nach dem Ende des Butlerischen Dschihad stirbt die alte Mutter Superior Raquella Berto-Anirul. Auf ihrem Todesbett hat sie die Vision einer kommenden Katastrophe, die sie Tiran-Arafel nennt, und die eines brennenden Körpers. Nach ihrem Tod zwingt eine junge Valya Harkonnen die Enkelin von Raquella sich selbst zu töten, ehe diese das genetische Archiv der Schwesternschaft vernichten kann. Valya wird daraufhin zur neuen Mutter Superior.
Im Imperium selbst steht einige Zeit später Großes an. Prinzessin Ynez soll den neunjährigen Pruwet Richese heiraten, was, so der Plan der Schwesternschaft, das Haus Corrino stabilisieren und gleichzeitig deren Kontrolle über Arakis und das Spice verstärken soll. Doch Dinge laufen nicht so wie geplant. Denn als der Soldat Desmond Hart auftaucht, wird ein Krieg im Geheimen eröffnet, bei dem über Leichen gegangen wird.
Wer Dune: Prophecy guckt und erwartet, dass die Serie sich an den Romanen orientiert, der wird enttäuscht sein. Denn wie man auch schön am Auftakt Die verborgene Hand merkt, ist die Vorlage, an der sich die Reihe orientiert, weniger die Geschichten von Brian Herbert und Kevin J. Andersons als vielmehr die Filme von Denis Villeneuve.
Keine Mentaten vorhanden
Das merkt man vor allem daran, dass in der Streamingserie die Mentaten fehlen, die Menschen, deren Geist zu computerartigen Fähigkeiten trainiert wurde. Denis Villeneuve hat diese, trotz der Tatsache, dass einer von ihnen zu Beginn von Dune auftrat, in seinen Verfilmungen fallengelassen. Stattdessen hat er sich voll und ganz auf die Bene Gesserit fokussiert und sie als Manipulatoren hinter dem Thron charakterisiert. Was ja auch den Romanen von Frank Herbert entsprach.
Wenn man sich Die verborgene Hand ansieht, dürfte einem auffallen, wie viel von den Filmen übernommen wurde und was eben nicht. Vor allem in Sachen Technologie gibt es bereits Elemente, die auch 10.000 Jahre später verwendet werden, wie eben die Erntemaschinen und die Schildgürtel. Das dürfte sicherlich nicht wenige verwundern, die einen anderen technologischen Entwicklungsstrand erwarten. Jedoch darf man nicht vergessen, dass das durchaus deckungsgleich mit den Dune-Romanen ist, wo die Technologie keine große Rolle spielte. Vielmehr fokussierte sich Frank Herbert auf die sozialen Entwicklungen, was ja mit Grund dafür ist, wieso diese Geschichten so gut sind.
Einen gewaltigen Unterschied gibt es jedoch im Vergleich zu den Filmen: Das Gewürz und seine Wirkungen sind zwar schon bekannt, aber die Anwendungsmöglichkeiten sind noch längst nicht so verbreitet. So reisen die diversen Personen immer noch mit Raumschiffen durchs All, die konventionelle interstellare Antriebe besitzen. Die Gilde der Weltraumnavigatoren und ihre Fähigkeit, den Raum zu falten, scheinen hier noch nicht zu existieren oder werden in späteren Episoden eingeführt.
Schnell noch eine weitere Sache einführen
Dabei ist das Handlungstempo in Die verborgene Hand hoch. Alle paar Minuten werden neue Personen, neue Ideen und neue Handlungen eingeführt, dass einem fast schwindelig wirkt. Hier merkt man deutlich, dass die Reihe nur sechs Episoden umfassen wird, da diese Auftaktfolge entsprechend sehr viel vorbereiten muss, was dann später wichtig wird.
Und so sieht man bereits in den ersten fünf Minuten, wie die alte Mutter Superior stirbt, eine Vision hat, Valya Harkonnen die Stimme anwendet und dann nach einem Zeitsprung die neue ist. Das ist schon einiges an Material, was man verdauen muss. Doch viel Zeit bleibt fürs Innehalten nicht, weil die Handlung weiter voranschreitet.
Es wird zwischen den verschiedensten Handlungsplätzen hin- und hergewechselt, so dass man genau aufpassen muss, damit man nichts Wichtiges verpasst. Immerhin legt sich diese Hektik nach grob einer halben Stunde etwas und die Handlung nimmt langsam Konturen an.
Wenn Gewalt, dann bitte detailliert und mit Konsequenzen
Im Kern geht es um Macht und Kontrolle. Valya Harkonnen will das große Ziel der Schwesternschaft weiter fortführen und so ebenfalls im Imperium heimlich die Fäden ziehen. Weshalb sie auch darauf setzt, dass Prinzessin Ynes den neunjährigen Pruwet Richese heiratet und dass das royale Oberhaupt zu den Bene Gesserit kommt, um ausgebildet zu werden, derweil Imperator Javicco Corrino versucht, die Kontrolle über Arakis und seinen Thron zu behalten, auch wenn es verschiedene Kräfte gibt, die jeweils ihre eigenen Pläne damit haben.
Mächte, zu denen auch Desmond Hart gehört. Der behauptet von sich, auf Arrakis einen Überfall überlebt zu haben und beweisen zu können, dass die Übeltäter in Wahrheit Aufständische des Imperiums seien. Er ist eine interessante Figur, voller Mysterien. Er gibt sich freundlich, scheint aber, wie sich am Ende zeigt, einen gewissen Plan zu verfolgen. Und er verfügt über außergewöhnliche Kräfte, als er den jungen Bräutigam nur mit Hilfe seiner Worte und Gedanken verbrennt, was Szenen sind, die einen schockieren, weil man damit nicht gerechnet hat.
Gleichzeitig zeigt sich auch eine Schwäche von Dune: Prophecy. Die Serie scheut sich davor, die Auswirkungen von Gewalt zu zeigen. Der Moment, als Valya die Enkelin zwingt, sich ein Messer in den Hals zu jagen, zeigt nie die direkten Auswirkungen der Tat, bis auf einen Schnitt, bei dem der tote Körper in einer Lache liegt, die wohl Blut sein soll. Und als am Ende Pruwet verbrennt, wird das auch nur fast zaghaft angedeutet. Das mag jetzt gewaltverherrlichend klingen, aber dadurch, dass die Reihe in Die verborgene Hand immer vor der letzten darstellerischen Konsequenz zurückschreckt, wirkt sie am Ende schon fast handzahm und blutleer.
Was wird dies werden?
Die Auftaktfolge deutet auf eine Serie hin, die voller Intrigen steckt. Wo mit versteckten und offenen Mitteln darum gekämpft wird, die jeweiligen Pläne erfolgreich weiterzutreiben. Schauspielerisch ist die Auftaktfolge dabei durchaus ordentlich und die Darstellung der Bene Gesserit und ihrer Funktion als Wahrsager für die Adelsfamilien ist durchaus gut gemacht worden. Aber noch ist offen, worauf sie hinaus will. Ob sie eine Art Game of Thrones im Dune-Universum sein möchte? Oder ob sie es wagt, Eigenständiges zu bringen, sich etwas mehr von der Vorlage zu lösen. Potential gäbe es da genügend.
Letzten Endes ist Die verborgene Hand eine überdurchschnittliche Anfangsfolge.
Info
Drehbuch: Diane Ademu-John
Showrunner: Alison Schapker
Regie: Anna Foerster
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