Paul Atreides avanciert zum Messias der Fremen und führt sie im Kampf gegen die Harkonnen an.

Ist er der Kwisatz Haderach?

Der zweite Teil von Denis Villeneuves Dune-Neuverfilmung setzt genau da ein, wo Teil 1 endete. Die Harkonnen haben Arrakis besetzt und das Haus Atreides so gut wie ausgelöscht. Nur Herzog Letos Geliebte Lady Jessica (Rebecca Ferguson) und ihr gemeinsamer Sohn Paul (Timothée Chalamet) haben überlebt, wovon die Harkonnen jedoch nichts wissen. In der Wüste sind die beiden auf die Fremen getroffen, von denen sie nun aufgenommen werden.

Obwohl einige in Paul Atreides bereits den Lisan al-Gaib, einen Messias, sehen, muss er sich erst noch beweisen. Seine erste Prüfung ist die Herausforderung von Jamis zu einem Kampf auf Leben und Tod, die er zwar gewinnt, wobei er jedoch seine Unschuld verliert. Nie zuvor hat Paul getötet und mit dem Tod von Jamis macht er sich nicht gerade Freunde. Doch der Clanführer Stilgar (Javier Bardem) erkennt den Ausgang des Kampfes an und nimmt die Atreides in die Siedlung Sietch Tabr auf.

Dort angekommen wird Jessica sogar die Ehre zuteil, die Nachfolge der im Sterben liegenden Ehrwürdigen Mutter des Fremenclans anzutreten, wofür sie vom giftigen Wasser des Lebens trinken muss. Da Bene Gesserit Gifte abbauen können, überleben sowohl Jessica als auch ihre noch ungeborene Tochter Alia. Ihre neue Machtposition nutzt sie sogleich aus, um ihren Sohn weiter als Messias zu etablieren. Der hegt jedoch Zweifel und interessiert sich mehr für das Mädchen aus seinen Träumen. Schnell bandelt er mit Chani (Zendaya) an, mit der er gemeinsam in die Schlacht gegen die Harkonnen zieht.

Die Angriffe auf die Spice-Produktion werden schnell zum Ärgernis für Rabban (Dave Bautista), der von seinem Onkel Wladimir (Stellan Skarsgård) als Gouverneur von Arrakis eingesetzt worden ist. Der Baron ist über die Ergebnisse seines Neffen maximal unbegeistert und plant bereits, Rabban durch seinen Lieblingsneffen Feyd-Rautha (Austin Butler) zu ersetzen. Der ist gerade erst 17 geworden und hat an seinem Geburtstag einige Gefangene des Hauses Atreides in der Arena abgeschlachtet. Danach darf er die Bene Gesserit Margot Fenring (Léa Seydoux) begatten.

Dune Part two

Feyd-Rauthas Verhalten ist soziopathisch, womit er bestens geeignet ist, die Fremen auszulöschen. Deren Widerstand wächst, doch noch zögert Paul, der inzwischen auf den Namen Muad’Dib hört und von seinen neuen Kampfgefährten auch Usul genannt wird. Zwar hat er weitere Prüfungen wie das Reiten eines Sandwurms bestanden, doch wagt er sich nicht in die südliche Hemisphäre, da er von schrecklichen Visionen geplagt wird. Erst als er seinem tot geglaubten Ausbilder Gurney Halleck (Josh Brolin) begegnet, der ihm rät, den Messiaskult zu nutzen, tritt er die Reise zu seiner Mutter in den Süden an, wo er vom Wasser des Lebens trinkt.

Des Weiteren zeigt ihm Gurney ein Versteck mit Atomwaffen, welche Paul gegen die Harkonnen einsetzen kann. Dabei stellt er zugleich dem Imperator höchstpersönlich eine Falle, indem er ihn nach Arrakis lockt. In der finalen Schlacht kann er sowohl den Baron Harkonnen als auch Feyd-Rautha besiegen, während Halleck sich um seinen Erzfeind Rabban kümmert. Am Ende bleibt dem Paddischah-Imperator Shaddam IV. (Christopher Walken) nur die Wahl, ebenfalls zu sterben, oder vor Paul niederzuknien und dessen Ring zu küssen. Außerdem verlangt Paul die Hand von Shaddams Tochter Irulan (Florence Pugh), um selbst den Thron des Imperators besteigen zu können. Dies führt zum Bruch mit Chani und einem Krieg gegen die hohen Häuser, die seine Regentschaft nicht anerkennen.

Wie nah hält sich Teil 2 an die Romanvorlage?

Der erste Teil von Denis Villeneuve hat sich noch sehr nach an die Romanvorlage gehalten, mit der einzigen Ausnahme, dass aus dem weißen Mann Dr. Liet Kynes eine schwarze Frau (Sharon Duncan-Brewster) gemacht worden ist. Den Cast diverser zu gestalten mag zwar gut gemeint gewesen sein, doch hat es die Mythologie ein wenig zerpflückt. Im Buch ist Dr. Kynes nämlich Chanis Vater, was mit dieser Besetzung nun nicht mehr möglich ist und im Film auch völlig ignoriert wird.

Darüber könnte man noch hinwegsehen, in Teil 2 werden jedoch auch Hauptcharaktere gänzlich umgedeutet. Nicht nur ist Chani zu einer Agnostikerin geworden, die am Messias-Kult zweifelt, der Messias selbst und noch mehr seine Mutter werden zu absolut unsympathischen Charakteren. Lady Jessica wird nach ihrem Aufstieg zur Ehrwürdigen Mutter zu einer unerträglichen Intrigantin, welche die Fremen und auch ihren Sohn wie Bauern in einem Schachspiel benutzt. Eine gewisse Arroganz haftete ihr zwar bereits an, als sie glaubte, die Mutter des Kwisatz Haderach sein zu können, doch wie sie mit diesem umgeht, ist absolut verantwortungslos und lässt jegliche Mutterinstinkte vermissen.

Jessica ist eine eiskalte Machtpolitikerin, die fast noch schlimmer ist als die Ehrwürdige Mutter Mohiam (Charlotte Rampling). Diese hat wie bereits ihre Vorgängerinnen den Aberglauben an den Messias unter den Fremen gesät und mit einem wohl kalkulierten Zuchtprogramm auf dessen Niederkunft hingearbeitet. Tatsächlich arbeitet Mohiam bereits an einem Plan B, indem sie Lady Fenring aufträgt, eine Tochter von Feyd-Rautha Harkonnen zu empfangen. Mit dessen soziopathischer Veranlagung kann ja gewiss nichts schief gehen. Tatsächlich hält sich der Film hier an die Buchvorlage, allerdings wird Margots wenig begeisterter Ehemann Hasimir Fenring im Film komplett ausgespart.

Wer ebenfalls fehlt, ist der Atreides-Mentat Thufir Hawat (Stephen Henderson), was besonders ärgerlich ist, da er im ersten Teil noch präsent war und als enger Freund von Paul vorgestellt wurde. Sein weiteres Schicksal fiel nun jedoch der Schere zum Opfer. In den Credits wird er zwar erwähnt, doch ist er nirgendwo zu sehen und wird wohl auch für immer verschollen bleiben, da Denis Villeneuve dafür bekannt ist, keine Extended Cuts nachzulegen. In der Verfilmung von David Lynch musste Thufir zwar eine Katze melken, was so gar nicht der Romanvorlage entsprach, doch immerhin kam er überhaupt vor. Es wäre schön gewesen, in der Neuverfilmung seine Vergiftung durch die Harkonnen etwas weniger abstrakt umgesetzt zu sehen.

Apropos Harkonnen, die sind in der Villeneuve-Adaption etwas zu eindimensional böse geraten. Im Roman verhält sich zwar Rabban durchaus wie eine Bestie, doch Feyd-Rautha plant Baron Wladimir als einen Erlöser zu inszenieren, vor dem die Bevölkerung von Arrakis dankbar zu Kreuze kriechen soll. Stattdessen soll er im Film die Fremen komplett ausradieren und sogar den eigenen Bediensteten schneidet er nach Lust und Laune die Kehlen durch. Ihm fehlt jegliches strategisches Denkvermögen, was in Frank Herberts Roman definitiv nicht der Fall war.

Man könnte sagen, die Harkonnen sind in Villeneuves Remake etwas zu schwarz/weiß geraten. Und das sogar wortwörtlich, denn unter der schwarzen Sonne von Giedi Primus fehlt dem Licht das komplette Farbspektrum. Das mag optisch durchaus ansprechend sein, allerdings wirkt Giedi Primus im Remake dadurch noch ungastlicher als in der Lynch-Verfilmung.

Immerhin die Szene, in der Feyd-Rautha in der Arena seinen 17. Geburtstag feiert, ist diesmal überhaupt enthalten, denn bei David Lynch fehlte dieser Schlüsselmoment. Allerdings stürzt sich der gefangene Atreideskämpfer in der Romanvorlage selbst in sein Schwert, wofür Feyd-Rautha ihn respektiert. In der Filmszene massakriert er ihn selbst und dankt ihm lediglich für den würdigen Kampf.

Während Villeneuve sich auf der einen Seite mehr um Giedi Primus gekümmert hat, fehlen auf der anderen Seite ganze Handlungsstränge auf der imperialen Zentralwelt Kaitain. Von der sieht man nur einen Park, in dem der Imperator mit seiner Tochter ein Brettspiel spielt, sowie Irulans Gemächer, in denen sie die Chroniken des Universums niederschreibt. Das ist mehr als mau. Bei David Lynchs Verfilmung war stattdessen der Thronsaal des Imperators zu sehen, in welchem er die Raumfahrergilde empfangen hat. Von dieser so wichtigen Institution fehlt in Villeneuves Werken jede Spur!

Dune Part Two

Der Imperator wirkt zudem weniger wie der Kopf einer galaktischen Verschwörung, der wiederum von den Intrigen der Gilde und der Bene Gesserit beeinflusst wird. Stattdessen wird den Dune-Fans ein seniler Opa im Pyjama präsentiert, der so wirkt, als wäre er gerade seinen Pflegern im Altenheim entwischt. Christopher Walken ist leider eine absolute Fehlbesetzung, denn er strahlt weder Würde noch Autorität aus. Unterstrichen wird das durch seine unpassende Kleidung. Kein Vergleich zu José Ferrers Darbietung in der Lynch-Verfilmung!

Tatsächlich hält sich Lynchs Verfilmung in der zweiten Hälfte sogar mehr an die Romanvorlage als Villeneuves Remake. So vergehen in Ersterer einige Jahre, in denen Paul Atreides erwachsen wird und seine Schwester Alia zur Welt kommt. In der Neuauflage vergehen entweder nur wenige Monate oder Jessicas Schwangerschaft dauert Jahre. Alia verlässt die Gebärmutter jedenfalls nicht, beeinflusst ihre Mutter jedoch bereits telepathisch. Das Wasser des Lebens hat aus ihr zwar ein allwissendes Wesen gemacht, aber für ein ungeborenes Baby ist die Beteiligung an einer galaktischen Intrige schon etwas unglaubwürdig.

Während Alia im Mutterleib zu viel zugemutet wird, geht ihre Rolle im Finale dagegen völlig unter. Dabei ist sie es, die in der Romanvorlage Baron Wladimir Harkonnen mit dem giftigen Gom Jabbar tötet. Spätestens hier hat es Villeneuve so richtig verkackt und dies ist nicht der einzige Aspekt, bei dem David Lynch sich näher am Buch gehalten hat. Zwar hat der es versäumt, zu erklären, wo Paul Muad’Dib seine Atombomben her hat, und außerdem war der erste Regen auf Arrakis in seiner Filmversion deutlich vorgezogen, aber alles andere stimmt dafür. Vor allem, dass Chani an Pauls Seite bleibt.

Die Ehe mit Irulan hat in Frank Herberts Roman rein strategische Gründe und aus ihr gehen keine Kinder hervor. Chani hat dafür Verständnis und bleibt die wahre Geliebte von Paul Muad’Dib. Die beiden haben später auch zwei Kinder und wie die zustande kommen sollen, müsste Villeneuve nun in einem dritten Teil erklären. Das Auslassen des ersten Sohnes, der im Verlauf des Romans ohnehin stirbt, mag dramaturgische Gründe haben und verzeihlich sein, in dem Punkt hat Lynch die Handlung ebenfalls gestrafft. Doch die späteren Kinder von Chani und Paul spielen noch eine große Rolle. Der Bruch zwischen den beiden, der hier völlig unnötig vollzogen wird, verunmöglicht vorerst den weiteren Verlauf von Herberts Gesamtwerk.

Und wozu das Ganze? Nur damit Chani emanzipierter rüberkommt? Das hätte man auch anders lösen können, zumal sie bereits den gesamten Film über ihr eigenständiges Denken unter Beweis stellt. Die Abkehr von Paul ergibt überhaupt keinen Sinn, vor allem, da er ihr vor dem Heiratsantrag an Irulan seine ewige Liebe versichert. Sollte es keine Fortsetzung geben, die diesen Fehler wieder ausbügelt, wäre das ein Totalschaden am Franchise!

Ebenso bleibt Villeneuve noch den Krieg gegen die hohen Häuser schuldig, den Paul zum Ende des zweiten Teils viel zu früh vom Stapel lässt. Der sollte nämlich eigentlich erst viel später entbrennen. So wirkt der eben noch zaghafte Paul, als wäre er von jetzt auf gleich dem Größenwahnsinn verfallen. Ein weiterer Aspekt, der vielen Fans das Finale verhageln dürfte.

Was bleibt positiv in Erinnerung?

Nach allem, was Denis Villeneuve im zweiten Teil falsch gemacht hat, gibt es natürlich auch ein paar Dinge, die positiv hervorzuheben sind. Da wäre zum einen die fantastische Optik, die bereits im ersten Teil etabliert worden ist. Arrakis ist eine faszinierende Welt und wer genau hinschaut, wird erkennen, dass hier sogar eine eigene Schrift erdacht wurde. Das macht durchaus Sinn, denn über Zehntausende von Jahren entwickeln sich Schrift und Sprache weiter.

Auch sonst ist insbesondere die Welt der Fremen gut herausgearbeitet. Einzig der Sietch Tabr enttäuscht etwas, da er viel zu unbelebt ist. Eigentlich sollte es Basare geben, in denen sich die Massen tummeln. Dafür ist die überfüllte Arena auf Giedi Primus recht eindrucksvoll. Die Heimatwelt der Harkonnen erinnert an den Stil des Schweizer Künstlers H. R. Giger (1940-2014), welcher einst Entwürfe für die nicht realisierte Dune-Verfilmung von Jodorowsky angefertigt hatte. Offenkundig hat man sich daran bedient.

Die Entscheidung, aus allen Bewohnern der Harkonnen-Welt kalkweiße Skinheads zu machen, ist allerdings fragwürdig. Immerhin stammen Gurney Halleck und Duncan Idaho von dort und die beiden sind keine bleichen Skins. Obendrein erinnert die Neuinterpretation der Harkonnenkultur zu sehr an die Konstrukteure aus Prometheus sowie deren Schöpfungen aus Alien: Covenant.

An den Spezialeffekten gibt es insgesamt dennoch wenig auszusetzen und das gleiche gilt für den Soundtrack von Hans Zimmer. Der Film ist damit aus handwerklicher Sicht immer noch ein Meisterwerk. Zumindest in diesem Punkt knüpft er also an den Vorgänger an, doch erzählerisch bleibt die Fortsetzung weit dahinter zurück.

Fazit von Dune Part Two: Bitter wie das Wasser des Lebens…

Da Teil 1 der Neuverfilmung ein episches Meisterwerk darstellt, waren die Erwartungen an die Fortsetzung hoch. In punkto Bildgewalt werden sie zweifelsohne auch erfüllt. Inhaltlich kann der Film dagegen nicht wirklich überzeugen und bleibt sogar weit hinter David Lynchs Adaption zurück. In der konnte man wenigstens mit Paul Muad’Dib mitfiebern und gönnte ihm am Ende den Sieg über die Harkonnen und den Imperator. Im Remake wirkt er nun deutlich zwielichtiger und seine Mutter mutiert gar zu einem intriganten Monster.

Wenn die Protagonisten unsympathisch rüberkommen, macht das schon sehr viel kaputt. Damit die Harkonnen im Vergleich dazu noch als die eigentlichen Bösewichte überzeugen können, hat man aus ihnen stereotype Soziopathen gemacht, denen der strategische Scharfsinn aus der Romanvorlage fehlt. Und das sind noch nicht einmal die schlimmsten Abweichungen. Das völlige Fehlen von Thufir Hawat und der Raumfahrergilde sowie die grauenhafte Fehlbesetzung des Imperators tun ihr Übriges.

Spätestens beim missratenen Finale lernt man David Lynchs Verfilmung wieder richtig zu schätzen, obwohl der sich bis heute aus unerfindlichen Gründen dafür schämt. Klar bleiben die Spezialeffekte von damals weit hinter den heutigen Möglichkeiten zurück, aber die Sets und Kostüme waren klasse. Und was weitaus wichtiger ist: Die Charaktere waren glaubwürdiger! Zumindest in der zweiten Hälfte.

Es ist wirklich schade, dass Denis Villeneuve das Niveau seines ersten Dune-Teils nicht halten konnte, sonst sähe das Fazit deutlich anders aus! Hatte der Auftakt noch 10 von 10 Punkten verdient, retten die Fortsetzung vor allem noch die Optik und der Soundtrack auf ein gutes Ergebnis.

Info

Drehbuch: Denis Villeneuve, John Spaihts & Craig Mazin
Regie: Denis Villeneuve
Erscheinungsjahr: 2024

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Warpskala

Warpskala
7 10 0 1
7/10
Total Score

Positiv

  • Epische Bildgewalt.
  • Stimmiger Soundtrack.

Negativ

  • Starke Abweichungen von der Romanvorlage.
  • Unsympathische Charaktere & eindimensionale Bösewichte.
  • Ein allzu gebrechlicher Imperator und kein Thufir Hawat.
Ein Gedanke zu „Dune: Part Two (2024)“

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