Dune – Der Wüstenplanet ist kein einfacher Film.
Ein langer Anlauf zur Verfilmung
Wenn die Rede von Dune ist, dann wird heutzutage vor allem von den Adaptionen Denis Villeneuves geredet, die zu Recht die Kinozuschauer begeisterten. Doch die Romanvorlage von Frank Herbert wurde bereits früher adaptiert. Und lange Zeit galt und gilt diese Verfilmung als Kultfilm.
Die Rede ist natürlich von David Lynchs Dune – Der Wüstenplanet, der 1984 in die Kinos kam, damals floppte und der heutzutage Legendenstatus genießt. Allerdings nicht nur wegen des Films an sich, sondern auch wegen den Umständen seiner Entstehung und der Tatsache, dass der Regisseur mit dem Final Cut nichts zu tun hatte. Kurz zusammengefasst: Alles um die Verfilmung ist förmlich ein wilder Ritt.
Der bereits 1971 anfing, als der Produzent Arthur P. Jacobs die Filmrechte erhielt, unter der Bedingung, dass innerhalb von neun Jahren eine Verfilmung entstehen musste. Doch der Produzent verstarb 1973, weshalb 1974 die Rechte wieder zurückgingen, ehe sich dann ein französisches Konsortium sie sicherte. Dieses Mal wurde der Avant-Garde Filmemacher Alejandro Jodorowsky mit der Adaption beauftragt.
Eine wilde Interpretation
Dessen Vision des Films sollte unkonventionell sein, was sich auch durch die Leute ausdrückte, die er für die Verfilmung ansprach. Die Progressive Rock Gruppen Pink Floyd und Magma sollten für den Soundtrack zuständig sein derweil die Künstler H. R. Giger, Jean Giraud und Chris Foss für das Set und Charakterdesign machen sollten. Beim Cast waren unter anderem Salvador Dali als der Imperator, Orson Welles als Baron Harkonnen, Mick Jagger als Feyd-Rautha und Brontis Jodorowsky, Sohn des Regisseurs, als Paul Atreides vorgesehen. Geplant war ein Film, der zehn bis 14 Stunden dauern sollte, was am Ende mit Grund dafür war, dass die Finanzierung platzte. Wobei das Kreativteam dann im Kultfilm Alien seine Spuren hinterlassen sollte.
1976 kaufte der italienische Filmproduzent Dino De Laurentiis die Filmrechte und heuerte Frank Herbert persönlich als Drehbuchautor an. Dessen Skript entsprach einer Filmlänge von ungefähr 3 Stunden. Als Regisseur wurde Ridley Scott verpflichtet, der drei verschiedene Drafts produzierte, ehe er das Projekt verließ und Blade Runner drehte.
1981 drohten die Filmrechte erneut zu verfallen, weshalb Dino De Laurentiis wieder verhandelte, um sie zu behalten. David Lynch selbst kam zu dem Projekt, als die Tochter von Dino De Laurentiis, Raffaella De Laurentiis, seinen Film Der Elefantenmensch sah, was schließlich zu seiner Verpflichtung führte. Der Filmemacher war damals sehr umworben, so dass ihm sogar die Regie zu Die Rückkehr der Jedi-Ritter angeboten worden war.
Ein prominenter Cast
David Lynch, der den Roman vorher nicht kannte, las ihn zur Vorbereitung und liebte das Werk schließlich. Er fing an, gemeinsam mit Eric Bergren und Christopher De Vore an einem Skript zu arbeiten. Sie fertigten die erste Version innerhalb von sechs Monaten an, fertigten zwei weitere Drafts an, ehe sie sich wegen kreativen Differenzen trennten. Der Filmemacher arbeitete danach allein an fünf weiteren Drafts und hatte ursprünglich vor, die Story auf zwei Filme aufzuteilen, ehe er es aus budgetären Gründen in einem Kinofilm kondensierte.
Fürs Casting wurden diverse Personen angesprochen. Zeitweise waren Namen wie Val Kilmer, Tom Cruise oder Kevin Costner für die Rolle des Paul Atreides im Gespräch. Aldo Ray wurde für die Rolle Gurney Halleck gecastet, doch wegen seines Alkoholproblems wurde er durch Patrick Stewart ersetzt. Auch Helena Bonham Carter war ursprünglich Teil des Casts, musste den Film jedoch wegen eines Schedulekonflikts mit dem Filmprojekt Zimmer mit Aussicht, für das sie ebenfalls gecastet war, verlassen.
Letzten Endes wurde für Dune – Der Wüstenplanet ein Cast zusammengestellt, der sich aus vielen Schauspielern zusammensetzte, die zu jener Zeit berühmt waren oder noch berühmt werden sollten. So sollte Kyle MacLachlan die Hauptrolle übernehmen, derweil Francesca Annis zu seiner Mutter Lady Jessica wurde. Sein Filmvater Leto Atreides wurde durch Jürgen Prochnow dargestellt, derweil Baron Vladimir Harkonnen durch Kenneth McMillan zum Leben erweckt wurde. Natürlich muss man auch Patrick Stewart als Gurney Halleck, Max von Sydow als Doctor Kynes und Dean Stockwell als Doctor Wellington Yueh nennen. Oder der Musiker Sting als Rutha. Oder, oder, oder…
Die Notbremse ziehen
Letzten Endes wurde bei einem Budget von 40 bis 42 Millionen Dollar in Mexiko, in den Churubusco Studios gedreht. Es wurden 80 verschiedene Sets gebaut und über 20.000 Extras waren mit in den Film involviert. Die Außendrehs fanden in den Samalayuca Dune Fields in Mexiko statt. Die Dreharbeiten mussten dabei teilweise die Hölle gewesen sein, mit einer fehlerhaften Elektrizität und Kommunikation, auf Grund der mangelhaften Infrastruktur des Landes, sowie diversen Gesundheitsproblemen von Cast und Crew.
Am Ende hatte der Rough Cut, ohne die Effekte, die in der Postproduktion hinzugefügt wurden, eine Länge von vier Stunden. Die Version, die David Lynch vorschwebte, sollte drei Stunden Laufzeit haben. Am Ende erwarteten Universal und die Finanzier jedoch eine kinotaugliche Zwei-Stunden-Fassung, weshalb sich Dino und Raffealla De Laurentis daran setzten, diese zu erstellen. Dafür wurden viele Szenen geschnitten, es wurden Voiceovers aufgenommen und neue Szenen gedreht, die Plotelemente vereinfachten. Als dann der Film schließlich in die Kinos kam, floppte er, auch wenn er sich seit damals zu einem Kultfilm entwickelte.
Die Familie Atreides arbeitet an geheimen Waffen, die ihnen helfen soll, mehr Macht zu erlangen. Doch der Imperator hat davon Wind gekriegt und deshalb mit ihren Todfeinden, dem Haus Harkonnen, einen perfiden Plan geschmiedet. Er gibt den Atreides den Planeten Arrakis, auch Dune genannt, als Lehen. Derweil er es gleichzeitig den Harkonnen ermöglicht, einen boshaften Angriff vorzubereiten, der ihrer beide Feinde ein für alle Mal vernichten soll.
Ein Fiebertraum
Die gesamte Familie Atreides reist nach Arrakis. Besonders Paul zeigt sich von der Welt fasziniert, weil er ständig Visionen von ihr hat. Ihn interessiert vor allem das Spice, jenes sagenhafte Gewürz, mit dem unter anderem die Weltraumgilde sich im All orientieren und reisen kann. Doch schon bald muss der junge Atreides über sich hinaus wachsen, als die Harkonnen angreifen und er und seine Mutter in der gnadenlose Wüste stranden.
Dune – Der Wüstenplanet gleicht einem Fiebertraum. Es gibt viele Momente, in denen man die Handschrift des Regisseurs merkt. Und andere, wo man merkt, dass hier andere Leute zu Gange waren. Es ist ein wildes Werk, bei man manchmal nicht weiß, woran man ist.
Natürlich hält sich David Lynch verhältnismäßig nahe an der Romanvorlage. Er interpretiert es jetzt nicht so frei, wie später Denis Villeneuve. Allerdings merkt man dem Film auch, dass viele Details unter den Tisch fallen mussten. Charaktere wie Duncan Idaho oder Gurney Harkness werden charaktertechnisch nur angerissen, ebenso wie Stings Feyd-Rautha, der zwar verhältnismäßig viel Screentime kriegt. Doch um den finalen Kampf komplett zu verstehen, muss man schon das Buch gelesen haben. Außerdem fügt der Filmemacher mit der Waffe der Atreides ein Element hinzu, dass zwar im Film ganz nett ist. Aber die Motivation des Imperators unnötig neu interpretiert.
Die Zeit läuft davon
Vor allem im letzten Drittel merkt man Dune – Der Wüstenplanet an, dass die Zeit drängt. Dass Handlungsfortschritt entsprechend beschleunigt wird. Paul steigt im Nullkommanichts zum Anführer der Fremen auf, seine Schwester wird geboren und die Spiceproduktion wird sabotiert. Auch Figuren wie Prinzessin Ilura, die mit ihrer Eröffnung prominent eingeführt wird, oder Chani, die Geliebte von Paul, erhalten kaum Gelegenheit, sich in ihrer Charakterisierung frei entfalten zu können, weil einfach die Laufzeit fehlt.
Doch was anderen Filmen das Genick gebrochen hätte, sorgt hier aller höchstens für milde Verstimmungen. Weil man ansonsten von dem Kinofilm in den Bann gezogen wird. Weil man von der verrückten, merkwürdigen Machart wie gefangen wird.
Ja, die Szenen in denen die bedeutungsschwangeren Voiceovers in Dune – Der Wüstenplanet erklingen, grenzen hart an der Lächerlichkeit. Ebenso, wie die Traumszenen schon fast surrealistisch wirken. Doch in der Gesamtheit funktioniert es erstaunlicherweise. Einfach, weil, wenn man die Feinheiten weglässt, der Film eine spannende Geschichte erzählt, die einen von Anfang in ihren Bann zieht.
Ein Film, der trotz seiner Fehler funktioniert
Es gelingt David Lynch einfach eine Atmosphäre zu erschaffen, die für damalige Zeiten ihresgleichen sucht. Er zeigt eine Zivilisation, in der menschenverachtende Dinge wie Herzstöpsel existieren, bei deren Herausziehen ein Mensch innerhalb von Sekunden verblutet. Er präsentiert die mutierten Navigatoren, die nur noch mit Phantasie menschenähnlich wirken. Und baut gleichzeitig auch Szenen ein, die für ihn typisch sind, die verstören, weil hier beispielsweise die Geburt von Alia Atreides detailliert präsentiert wird.
Ebenso sprechen auch das Design und die Spezialeffekte für Dune – Der Wüstenplanet. Der Moment, wo die Atreides-Shuttles in dem Gildenschiff andocken ist atemberaubend. Genauso, wie die Sandwürmer einen umhauen und nicht ohne Grund seit damals in diversen Werken oft visuell zitiert wurden und sich einfach in das kulturelle Gedächtnis der Menschheit eingegraben haben.
Und stellenweise merkt man den Schauspielern auch an, dass sie, trotz der Umstände, einen gewissen Spaß an der Sache hatten. Kyle MacLachlan schafft es eine glaubwürdige Wandlung von einem jungen Adelssohn hin zu einem abgebrühten Rebellenführer rüberzubringen und strotzt in einigen Szenen nur so vor Selbstbewusstsein. Brad Dourifs Harkonnenmentat Piter De Vries gibt sich herrlich exzentrisch, derweil sein Atreidesgegenstück Thufir Hawat von Freddi Jones wie ein Großonkel charakterisiert wird, der es sich gerne gemütlich macht.
Fehler? Vorhanden. Spaß? Vorhanden.
Dune – Der Wüstenplanet mag seine Fehler haben. Es ist unbestreitbar, dass es für den Plot besser gewesen wäre, wenn die Handlung auf zwei Filme aufgeteilt worden wäre. Dennoch wird man unweigerlich in den Sog des Kinofilms gezogen, von diesem Nebeneinander von David Lynchs verstörenden Visionen und den ungelenken Gedanken der diversen Figuren. Viele Szenen des Films sind heutzutage zu Recht legendär und wenn man die Fehler mal für einen Moment vergisst, dann wird man bestens unterhalten.
Welche Version jetzt die bessere ist, Lynchs zusammengestutztes Werk oder Vileneuves umfangreiche Interpretation, lässt sich nicht fair beantworten. Beide haben ihre Vor- und Nachteile, sind aber meiner Meinung nach am Ende beides gleichberechtigte Interpretationen von Frank Herberts Meisterwerk.
Infos
Drehbuch: David Lynch
Hauptdarsteller: Francesca Annis, Leonardo Cimino, Brad Dourif, José Ferrer, Linda Hunt, Freddie Jones, Richard Jordan, Kyle MacLachlan, Virginia Madsen, Silvana Mangano, Everett McGill, Kenneth McMillan, Jack Nance, Siân Phillips, Jürgen Prochnow, Paul Smith, Patrick Stewart, Sting, Dean Stockwell, Max von Sydow, Alicia Roanne Witt, Sean Young
Produzent: Raffaella De Laurentiis
Regie: David Lynch
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