Es ist Der Hippokratische Eid, der die Freundschaft von Julian Bashir und Miles O’Brien auf die Probe stellt.
Ein Absturz mit Folgen
Miles O’Brien (Colm Meaney) und Julian Bashir (Alexander Siddig) sind nach einer Mission im Gamma-Quadranten auf den Weg zurück zu Deep Space Nine. Doch dann entdecken sie einen Magneton-Puls, der von einer nahen Welt ausgeht. Als sie dem nachgehen, werden sie zu einer Bruchlandung gezwungen, die sie heil überstehen, nur um anschließend von einer Einheit Jem’Hadar gefangen genommen zu werden.
Sie werden von diesen befragt, ehe einer der Krieger des Dominions sie töten will. Doch der Anführer des Trupps, Goran’Agar (Scott MacDonald), verhindert dies. Später holt er Julian Bashir ab und bringt ihn in einen separaten Teil des Komplexes, in dem sie sich befinden.
Der Doktor erfährt, dass diese Einheit sich auf Geheiß ihres Ersten, also Goran’Agar, vom Dominion abgespalten hat. Er selbst konnte sich vom Ketracel-White, der Droge, mit der die Jem’Hadar gefügig gemacht werden, unabhängig machen. Doch die anderen benötigen den Stoff noch und die Vorräte schwinden. Julian Bashir soll helfen, auch die anderen von der Substanz zu entwöhnen. Dieser sagt zu, allerdings nur unter der Bedingung, dass Miles O’Brien mithelfen kann.
Die Kultur eines Kriegers
Und während der Stationsarzt daran arbeitet, irgendwie die Jem’Hadar von dem White runterzukriegen, bastelt der Chief derweil an etwas anderem. Nämlich einer handgefertigten Waffe, mit der er einen Plasmaschuss abgeben kann. Doch dann wird dies entdeckt, ein Schuss löst sich und verletzt einen Jem’Hadar. Das Leben des Ingenieurs steht auf dem Spiel, als der Zweite, Arak’Taral (Stephen Davies), ihn umbringen will.
Julian Bashir kümmert sich um die Verletzten des missglückten Schusses und erfährt dabei mehr über die Kultur der Jem’Hadar. Er fasst den Entschluss, ihnen wirklich zu helfen, kommt allerdings nicht weiter, außer, dass er die Erkenntnis gewinnt, dass Goran’Agars Körper das White selber produziert. Noch dazu geraten er und Miles O’Brien aneinander, als der Chief die Entscheidung des Arztes absolut nicht nachvollziehen kann. Erst ein Befehl von Julian Bashir beendet die Diskussion.
Einige Zeit später untersucht Miles O’Brien begleitet von Jem’Hadar den Runabout. Es gelingt ihm, eine Ablenkung zu erschaffen, wodurch er sich Equipment fortbeamen kann. Sein Ziel: Julian Bashir.
Alte Gewohnheiten sind schwer abzulegen
Der verzweifelt immer mehr, weil ihm absolut nichts einfällt, wie er den Jem’Hadar helfen kann. Dann taucht Miles O’Brien auf und zerstört dessen Forschungsequipment, um ihn dazu zu bringen, mit ihm zu fliehen. Sie werden von Goran’Agar entdeckt, der beschließt, sie ziehen zu lassen. Er selber will zurückbleiben und seinen Jem’Hadar auf die einzige Art und Weise helfen, die jetzt noch überbleibt: indem er sie tötet.
Auf dem Weg zurück nach Deep Space Nine entschuldigt sich Miles O’Brien für seine Aktion. Doch Julian Bashir betont nochmal seine Pflichten als Arzt. Am Ende einigen sich beide darauf, ihr übliches gemeinsames Dartspiel für ein paar Tage ruhen zu lassen.
An Bord der Raumstation rasseln Worf (Michael Dorn) und Odo (René Auberjonois) aneinander. Der Klingone beobachtet eine illegale Aktion von Quark (Armin Shimerman) und drängt darauf, den Ferengi festzunehmen. Doch der Constable betont immer wieder, dass die Sicherheit sein Verantwortungsbereich ist und ihm Worf nichts zu sagen hat. Dieser agiert schließlich auf eigene Faust, zerstört damit jedoch eine Geheimaktion des Formwandlers, die dieser lange vorbereitet hat. Am Ende erklärt Benjamin Sisko (Avery Brooks) seinem neuen Offizier, dass auf Deep Space Nine Dinge nicht so schwarz-weiß sind wie noch auf der Enterprise.
Ein ethischer Konflikt
Aktuell ist Deep Space Nine so gut wie schon lange nicht mehr, denn Der Hippokratische Eid ist nach den beiden Der Weg des Kriegers-Episoden sowie Der Besuch eine weitere sehr gute Folge. Es können sowohl A- als auch B-Plot überzeugen. Und das hat innerhalb dieser Serie Seltenheitswert.
Doch zunächst eine Erklärung, was genau der hippokratische Eid ist und was er aussagt. Allgemein gefasst ist dies für einen Arzt eine ethische Verpflichtung. Kernaussage ist dabei, dass dieser seine Behandlungen zum Nutzen der Kranken vornehmen wird, nach bestem Vermögen und Urteil. Auf die Folge gemünzt bedeutet das, dass man gut nachvollziehen kann, wieso Julian Bashir so agiert, wie er es tut. Und weshalb Miles O’Brien das eben nicht macht.
Kernstück ist der Dialog zwischen dem Chief und Goran’Agar, als der Jem’Hadar ihn fragt, ob er Soldat sei. Und nach dessen Bestätigung sagt der erste, dass er dem Arzt erklären solle, wieso er seine Untergebenen töten wird. Damit wird klar gemacht, dass hier nicht mehr die Medizin gültig ist, sondern nur noch die harsche, bittere Realität.
Eine Folge voller Gegensätze
Allgemein ist Der Hippokratische Eid eine Folge, die sehr auf Gegensätze setzt. Hier der Arzt Julian Bashir, der unbedingt heilen will, in der Hoffnung, dass dadurch die geheilten Jem’Hadar nicht mehr als Soldaten fürs Dominion dienen würden. Dort Miles O’Brien, der die Dinge wesentlich nüchterner sieht und eher daran Interesse zeigt, von der Welt zu entkommen. Ihn interessiert eine Heilung nicht, im Gegenteil: Er findet die Idee nicht gut. Auf der einen Seite haben wir Goran’Agar, der nicht auf das White angewiesen ist und hofft, dass auch seine Soldaten davon befreit werden können. Auf der anderen Seite seinen Gegenpart, sein Zweiter, Arak’Taral, der Goran’Agars Befehle immer widerwilliger verfolgt und so manche Aktion seines Vorgesetzten nicht einsieht. Und dann natürlich auch der Kontrast zwischen Worf und Odo. Doch zu diesem Plot später mehr.
Dabei ist Der Hippokratische Eid vor allem eine Folge, wie sie für Star Trek üblich ist. Der Feind wird humanisiert, seine Darstellung wird aufgeweicht. Im Falle der Borg übertrieb man es, da so ihr Nimbus als gefährliche Rasse irgendwann verloren ging. Umso gespannter kann man darauf sein, wie es bei den Jem’Hadar ausgehen wird. Man erfährt einiges über diese Spezies, doch noch sind sie der Feind, das Fußvolk des Dominions.
Man erhält über diese viele Infos. Ihre Abhängigkeit vom Ketracel-White, die ja bereits schon bei Der Ausgesetzte vorkam. Die Tatsache, dass sie die Gründer als Götter verehren. Ihre Rangeinteilung in Erster, Zweiter und so weiter. Und es werden die Vorta angesprochen, wobei man über die zum jetzigen Zeitpunkt nichts weiß. Es scheint allerdings so, als ob sie von hoher Bedeutung sind.
Strapazen
Was in dieser Folge enorm strapaziert wird, ist die Freundschaft zwischen Miles O’Brien und Julian Bashir. Die beiden so unterschiedlichen Offiziere haben sich im Laufe der Seasons zu guten Kumpels entwickelt, was man vor allem an ihrem rituellen Dartspielen sieht, das ja in viele Folgen eingebaut wurde. Doch mit Der Hippokratische Eid wird ihre Beziehung enorm belastet. Zum ersten Mal sieht man, wie Julian Bashir seinen Rang hervorkehrt, um eine Diskussion zu beenden, was er noch nie getan hat. Das zeigt schon, wie strapaziert die Freundschaft zwischen den beiden in diesem Moment ist. Und am Ende? Nehmen die Zwei erstmal Abstand voneinander. Das Dartspiel wird abgesagt, wenn auch mit dem Zusatz, dass man sich in ein paar Tagen wieder trifft. Vollends vorbei scheint die Bekanntschaft also nicht zu sein.
In meiner Rezension zu Der Weg des Kriegers II hatte ich ja ausgesagt, dass Worf für Unruhe sorgen wird. Und das tut er in dieser Folge. Wie er und Odo aneinander geraten, wäre in einer anderen Konstellation mit einer anderen Figur so nicht möglich gewesen. Es zeigt sich, dass der Klingone nicht aus seiner Haut kann und noch immer wie ein Sicherheitsoffizier denkt, was er ja an Bord der Enterprise war. Doch seine Methoden, seine Schwarz-Weiß-Sicht der Dinge, passen nicht zu der Realität von Deep Space Nine, in der diese komplexer sein kann, wie man es ja im Falle von Quark sieht. Am Ende muss Worf Lehrgeld bezahlen und es wird Interesse geweckt, wie sich das weiterentwickeln wird, wo wohl seine Sicht der Dinge als nächstes mit der von Deep Space Nine kollidieren wird.
Es war übrigens René Auberjonois, der in dieser Folge Regie führte. Ursprünglich sollte er dies in Indiskretion machen. Doch aufgrund diverser Umstände wurden die Produktionen beider Episoden miteinander getauscht, womit er nicht ganz glücklich war.
Das Litverse lässt grüßen
Der Hippokratische Eid heißt auf Englisch Hippocratic Oath, womit erneut der deutsche Episodenname eins zu eins aus dem Original übersetzt wurde.
Abschließend noch eine Anmerkung zum Litverse: Dort taucht in der achten Staffel von Deep Space Nine ein weiterer Jem’Hadar auf, der vom Ketracel-White unabhängig ist. Taran’atar ist sein Name und er ist für die Romane von essentieller Bedeutung.
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