Mit Der geheimnisvolle Garak Teil 2 wird der Status quo der Deep Space Nine-Serie auf den Kopf gestellt.
Ein außergewöhnlicher Angriff
Beim Mittagessen mit Chief Miles O’Brien (Colm Meaney) muss Julian Bashir (Alexander Siddig) feststellen, dass ihm die Diskussionen mit seinem Freund, dem ehemaligen cardassianischen Schneider Garak (Andrew Robinson) fehlen. Doch ehe beide das näher diskutieren können, wird der Chefingenieur der Raumstation auf die Ops gerufen. Dort sieht er gemeinsam mit den anderen anwesenden Offizieren, wie sich eine massive romulanisch-cardassianische Flotte enttarnt und durch das Wurmloch in den Gamma-Quadranten fliegt.
An Bord eines der Schiffe der Flotte sitzt Garak gemütlich mit Enebran Tain zusammen. Beide sinnieren über ihre Vergangenheit, bis er erfährt, dass das Ziel der Mission die Heimatwelt der Gründer ist. Dann erteilt der väterliche Mentor dem ehemaligen Stationsschneider einen Auftrag. Er soll Odo (René Auberjonois) verhören.
Auf Deep Space Nine bespricht sich die Crew der Station mit Admiral Toddman. Dieser macht klar, dass die Sternenflotte insgeheim auf Seite der Angreifer ist und dass die Mannschaft der Raumstation eben dieselbe von allem nicht-wichtigen Personal evakuieren und die Defiant kampfbereit machen soll. Es wird Benjamin Sisko (Avery Brooks) untersagt, mit dem Schiff in den Gamma-Quadranten zu fliegen, stattdessen soll er Bajor beschützen. Doch der Stationskommandant beschließt nach dem Ende des Gespräches, den Befehl zu ignorieren.
Rechtfertigt der Zweck das Mittel?
Garak erfährt von Enebran Tain und dem romulanischen Kommandanten Lovok Näheres über den Plan der Flotte. Denn diese soll die Heimatwelt der Gründer angreifen und das Dominion ausschalten. Gleichzeitig wird er daran erinnert, dass er von Odo relevante Informationen erhalten soll. Und zu diesem Zweck soll der Gestaltwandler gefoltert werden, eine Aufgabe, die der ehemalige Schneider eher widerwillig übernimmt.
Auf dem Weg in dem Gamma-Quadranten versagt auf einmal die Tarnvorrichtung der Defiant. Der Sicherheitschef Ian Edington bekennt sich der Tat schuldig. Er tat dies auf Order des Admirals. Chief O’Brien soll die Vorrichtung schneller als möglich reparieren.
Dank eines besonderen Apparats, der Garak gegeben wurde, ist Odo nicht in der Lage, sich zu regenerieren. Er zerfällt zusehends, bis er schließlich dem Ex-Schneider gesteht, dass er sich insgeheim doch nach der großen Verbindung seines Volkes sehnt. Das ist eine Info, die die Sternenflotte nicht hat, womit der Zweck der Folter erfüllt wurde. Garak stellt das Foltergerät aus und Odo kann sich verflüssigen.
Eine Falle
Garak berichtet von der Erkenntnis, woraufhin Enebran Tain Odo exekutieren lassen möchte, weil dieser seinen Nutzen überlebt hat. Doch es gelingt dem Ex-Stationsschneider seinen Mentor davon abzubringen, unterstützt von dem romulanischen Kommandanten Lovok.
Derweil kommt die Flotte am Ziel an. Sie bombardiert die Heimatwelt der Gründer, nur um dann festzustellen, dass es sich um eine Falle handelt. Die Welt wurde evakuiert und jede Menge Jem’Hadar-Schiffe greifen an und richten verheerenden Schaden an. In dem entstandenen Chaos gelingt es Garak Odo zu befreien und gemeinsam zu fliehen. Unterwegs stoßen sie auf Lovok, der sich allerdings als Gestaltenwandler entpuppt und die beiden mit einem kryptischen Hinweis gehen lässt.
Garak will noch Enebran Tain mitnehmen, doch dieser ist nur noch ein gebrochener Mann. Am Ende muss Odo den Stationsschneider ausknocken und mit an Bord des Föderationsshuttles nehmen, in dem sie gefangen genommen wurden. Unterwegs drohen sie von Jem’Hadar-Schiffen vernichtet zu werden, doch die Defiant kann das rechtzeitig verhindern.
Eine Macht meldet sich zurück
Zurück im Alpha-Quadranten bespricht Benjamin Sisko sich mit dem Admiral Toddman. Derweil steht Garak in den Trümmern seines Ladens und will diesen wieder aufbauen. Odo besucht ihn und lädt ihn zum Essen ein.
Der geheimnisvolle Garak Teil 2 ist eine Episode, deren Auswirkungen man durchaus mit dem TNG-Zweiteiler In den Händen der Bord/Angriffsziel Erde vergleichen kann. Mit einem Schlag ist das Dominion, das in der bisherigen Staffel eher stiefmütterlich behandelt wurde, wieder zurück auf der galaktischen Bühne. Und sorgt gleichzeitig dafür, dass mit den Cardassianern und Romulanern gleich zwei politische Schwergewichte des Alpha- und Beta-Quadranten aus dem Spiel genommen wurden.
Das ist etwas, an dem man als Zuschauer zu knabbern haben wird. Vor allem aber auch wegen dem kryptischen Hinweis, dass das Dominion bereits daran arbeitet, sich ebenfalls um die Föderation und das klingonische Imperium zu kümmern. Das ist eine Information, die für die Zukunft der Serie Auswirkungen haben dürfte. Denn wenn man bedenkt, wie einfach es dem Dominion gelungen ist, Romulaner und Cardassianer zu schwächen, schwant einem nichts Gutes, was das Schicksal der anderen Großmächte angeht.
Wieder zu Hause?
Und das sind nicht die einzigen Erkenntnisse, die man aus Der geheimnisvolle Garak Teil 2 mitnehmen wird. Eine andere ist der Satz, dass Gestaltwandler einander nicht weh tun. Angesichts der Umstände, unter denen diese Info ausgesagt wurde, kann man davon ausgehen, dass dies ebenfalls irgendwann wieder aufgegriffen wird.
Doch nicht nur das Ende der Folge ist von großer Bedeutung. Auch der Weg zum Finale bietet jede Menge wichtige Momente, die für die Entwicklung diverser Figuren von enormer Wichtigkeit sein werden. Allen voran ist da natürlich Garak zu nennen.
Zu Beginn von Der geheimnisvolle Garak Teil 2 scheint es noch so zu sein, als ob der ehemalige Stationsschneider wieder „zu Hause“ angekommen ist. Die Runde mit Enebran Tain, wo beide über die gemeinsame Vergangenheit reden, macht dies deutlich. Doch dann schleichen sich erste, leise Misstöne ein, als der väterliche Mentor davon redet, die Haushälterin loszuwerden, an der Garak viel liegt.
Nicht mehr so wie früher
Schon allein diese Szene zeigt, wie sehr sich der cardassianische ehemalige Schneider von seinen Wurzeln entfernt hat. Laut den Schilderungen von Enebran Tain muss er wohl früher wesentlich skrupelloser gewesen sein, als er es jetzt ist. Wobei er seine Skrupellosigkeit nie gänzlich verloren hat, wie man ja in Profit und Verlust gesehen hat. Aber die Zeit auf Deep Space Nine hat ihn vermutlich zumindest milder werden lassen, weil ihm das Schicksal anderer Personen am Herzen liegt.
Trotzdem scheint er gleichzeitig mit aller Macht zu versuchen, wieder an frühere Zeiten anschließen zu wollen. Wie sonst ließe es sich erklären, dass er, wenn auch mit etwas Widerwillen, bereit ist, Odo zu foltern. Wobei am Ende deutlich wird, wie entsetzt er über seine Tat ist.
Die Episode macht allerdings ebenfalls klar, wie sehr sich Garak und Enebran Tain zumindest von der Mimik her ähneln. Beide haben ein offenes und freundliches Gesicht. Beide geben sich jovial. Doch Letzterer ist deutlich härter und skrupelloser als sein Schützling. Auch dadurch wird deutlich, wie sehr Garak sich seit seinem Exil auf Deep Space Nine gewandelt haben muss.
Traditionen müssen gepflegt werden
Übrigens vollführt Benjamin Sisko dank seiner Aktionen von Der geheimnisvolle Garak Teil 2 eine bekannte Film- und Fernsehtradition für Star Trek-Führungsoffiziere. Er ignoriert bewusst einen Befehl seiner Vorgesetzten und kommt am Ende ungestraft davon. Dabei ist er nicht der Einzige, der eine berühmte Tradition weiter fortführt. Auch Miles O’Brien tritt endgültig in die Fußstapfen großer Ingenieure, indem er eine Reparatur schneller abschließt als seine ursprüngliche Prognose.
Die Folge endet mit einem versöhnlichen Ton. Odo ist bereit Garak zu verzeihen und mit ihm eine Freundschaft zu beginnen. Ob da nicht Julian Bashir ein wenig eifersüchtig wird? Immerhin musste er feststellen, dass Miles O’Brien intellektuell kein guter Ersatz für den Schneider ist.
Auf Englisch heißt die Folge The Die is Cast, also ungefähr „Der Würfel ist gefallen“. Das passt zu der Episode, in der mehrfach unwiderrufliche Entscheidungen getroffen werden. Der geheimnisvolle Garak Teil 2 stimmt da eher weniger, weil dem zwischendurch ehemaligen cardassianischen Stationsschneider in dieser Folge nichts Mysteriöses anhaftet.
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