„Die Wahl des Kai“ ist eine wegweisende „Star Trek – Deep Space Nine“-Episode.
Verstörende Visionen
Vedek Bareil (Philip Anglim) hat durch eine willentliche Drehkörperbegegnung eine verstörende Vision. In dieser befindet er sich auf Deep Space Nine, wo er einen hängenden Toten vorfindet. Kurz darauf trifft er Kira Nerys (Nana Visitor), die ihm hilft, den Körper zu Boden zu lassen. Bei näherem Hingucken stellt sich heraus, dass die Person nicht wie es zuerst schien Prylar Bek ist, sondern Bareil selbst!
Der bajaronische Priester befindet sich später auf Deep Space Nine, wo er eine intime Nacht mit seiner Geliebten Kira Nerys verbracht hat. Die Wahl zum Nachfolger der verstorbenen Kai Opaka (Camille Saviola) steht bevor und er selbst ist einer der Spitzenkandidaten für diesen Posten. Auch wenn er das persönlich nicht so sieht. Er ist nicht der einzige Kandidat. Vedek Winn (Louise Fletcher) hat ebenfalls ein Auge auf die Position geworfen.
Gleichzeitig kommt ein alter Bajoraner auf der Raumstation an. Er wird als Kubus Oak identifiziert, ein angeblicher Verräter, der mit den Cardassianern zusammenarbeitete. Odo (René Auberjonois) verhaftet den Mann, ehe ihm etwas Schlimmes zustoßen kann.
Einmischung erwünscht
Derweil Vedek Bareil erneut eine Drehkörpervision erfährt, die sich wieder um den Tod dreht, spricht Odo mit dem Kollaborateur. Der wünscht sich nichts mehr, als nach Jahren des Exils wieder zurück nach Bajor zu kommen. Doch Major Kira lehnt dieses Ansinnen ab.
Gleichzeitig hat auch Vedek Winn Benjamin Sisko (Avery Brooks) aufgesucht. Sie wünscht sich von ihm, dass er sich in die Kai-Wahl einmischt und einen Favoriten benennt. Doch der Abgesandte der Propheten lehnt dies ab, da es sich dabei um eine interne Angelegenheit der Bajoraner handelt und die Föderation sich da nicht einmischen will.
Kurz darauf erfährt Kira, dass Kubus Oak auf Geheiß von Winn nach Bajor reisen darf. Der Major hält die Abreise auf und wird vom Constable informiert, dass die Vedek nach einem Gespräch mit dem vorgeblichen Verräter auf geheime Dateien zugriff, die mit einem Massaker in Verbindung stehen. Bei diesem kamen durch Verrat viele Bajoraner ums Leben, darunter auch der Sohn von Kai Opaka. Als Nerys Winn zur Rede stellt, bestätigt sie dies und sagt, dass der Verantwortliche für die Tat jemand anderes ist, aber nicht der ursprüngliche Verdächtige.
Handlungstechnisch enorm dicht
Es kommt zu weiteren Ermittlungen, bei denen Kira noch einmal Kubus Oak verhört und später versucht, mit Odo auf die Dateien zuzugreifen. Doch der Zugriff ist aufgrund der Aktion eines Vedeks nur für Inhaber der höchsten Sicherheitsstufe erlaubt, die die beiden nicht besitzen. Deshalb wenden sie sich an Quark (Armin Shimerman), der ihnen nach ein wenig Zureden hilft. Allerdings erweisen sich die Dateien als gelöscht. Mithilfe von Miles O’Brien (Colm Meaney) finden sie heraus, dass hinter dieser Vernichtung niemand anderes als Vedek Bareil steckt.
Kira konfrontiert daraufhin ihren Geliebten, der sich schuldig bekennt. Er erklärt er, wieso er die Tat beging und zieht seine Kandidatur für den Posten des Kai zurück. Damit wird Winn die Nachfolgerin von Opaka. Gleichzeitig trifft sich Nerys erneut mit Bareil und erfährt, dass er in Wahrheit unschuldig ist. Allerdings hat er die Schuld auf sich genommen, um Opaka zu schützen, die für das Massaker damals verantwortlich war. Sie hat das Leben einiger weniger geopfert, darunter auch das ihres eigenen Sohnes, um das Leben vieler zu schützen.
„Die Wahl des Kai“ ist eine handlungstechnisch enorm dichte Episode, die wenn man sie ausführlich zusammenfassen müsste, den Umfang dieses Artikels sprengen würde. Es gibt unglaublich viele Nuancen und Details, die durch diese sehr grobe Zusammenfassung nicht adäquat wiedergegeben werden. Deshalb kann ich jedem nur empfehlen, diese Folge auch wirklich zu schauen, um alles mitzukriegen.
Wie viel Schuld ist zu viel Schuld?
Es geht dabei nur vordergründig um die titelgebende Kai-Wahl. Hintergründig dreht sich alles um die Frage der Schuld, beziehungsweise wie viel davon man auf sich laden kann, um die Wahrheit zu verdecken. Durch die Enthüllung am Ende, dass Bareil gelogen hat, um die legendäre Kai Opaka zu schützen, erhalten die Szenen, in denen er sich den Visionen des Drehkörpers aussetzt, schon fast etwas Selbstkasteiendes. Er setzt sich ihnen aus, um herauszufinden, ob sein Tun gerechtfertigt war. Doch was er erfährt, ist keine Absolution. Sondern vielmehr Verwirrung und das Gefühl, dass er als Kai keine gute Wahl wäre, weil er dann über Leichen gehen müsste.
Dementsprechend verwundert es kaum, dass er doch wahrnehmbar erleichtert ist, als Kira Nerys ihn mit seinen Taten konfrontierte. Der Druck, zum einen ein würdiger Nachfolger für die in Die Prophezeiung verstorbene Kai Opaka zu sein, aber gleichzeitig ihr düsteres Geheimnis weiterhin zu verbergen, war dann am Ende doch zu groß für ihn. Auch wenn er das selbst vermutlich nie zugegeben hätte.
Für die Zukunft der Serie war die Wahl von Winn als neue Kai sicherlich die richtige Entscheidung. Denn wie sich in dieser Folge zeigt, ist sie immer noch eine intrigante Frau, die zur Durchsetzung ihrer Ziele vor nichts zurückschreckt, wie bereits aus Blasphemie her bekannt. Sie bedient sich jedes Instruments, welches sie einsetzen kann, inklusive eines Versprechens an Benjamin Sisko, dass er mit der Versammlung der Vedeks reden kann. Doch von diesem rückt sie direkt nach ihrer Wahl ab. Sie braucht den Abgesandten jetzt nicht mehr, da sie ihr Ziel erreicht hat. Das in Kombination mit ihrem sonstigen, bisherigen Verhalten dürfte in Zukunft für jede Menge Spannung zwischen Bajor und der Föderation sorgen.
Eine vielversprechende Zukunft
Es ist vermutlich auch die beste Entscheidung von „Die Wahl des Kai“, da Vedek Bareil längst nicht so viel charakterliche Tiefe besitzt wie sein Gegenstück. Er wirkt im Vergleich zu ihr blass, es fehlen ihm die Ecken und Kanten. Seine Charakterfunktion beschränkt sich im Prinzip auf zwei Eigenschaften: Er ist Kira Nerys Geliebter und er ist ein Vedek. Darüber hinaus weiß man so gut wie nichts Interessantes über ihn.
Das Interessante an „Die Wahl des Kai“ ist, dass die Folge zwar überwiegend von Kira Nerys und Odo bestritten wird. Doch die beiden profitieren von den Ereignissen überhaupt nicht. Ihre einzige Funktion ist, dass sie den Plot vorantreiben, auf die große Enthüllung hin. Das soll jetzt keine Abwertung der Leistung von Nana Visitor und René Auberjonois sein. Aber wenn man ein wenig über die Folge nachdenkt, fällt einem das auf.
Auf jeden Fall verspricht die Zukunft von „Deep Space Nine“ interessant zu werden, da mit Kai Winn jetzt ein Charakter in Reichweite der Raumstation ist, der sicherlich wiederholt für Turbulenzen sorgen wird.
Der englische Titel der Folge lautet „The Collaborateur“, also die Bezeichnung für jemanden, der mit dem Feind zusammenarbeitet. In dieser Episode ist das die Person, hinter der alle her sind, weil nur er die Wahrheit über die Vergangenheit kennt. Der deutsche Titel „Die Wahl des Kai“ passt auch, weil es das entscheidende Ereignis ist, auf das alles hinausläuft.
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