Handelskarawane nach M 15 – eine unglaubliche Allianz entwickelt sich.
Titel: Die Thesan und der Lordadmiral
Autor: Michelle Stern
Titelbild: Arndt Drechsler
Erschienen: 09.04.2020
Zur Handlung
Im Kugelsternhaufen M 15 ist die USO als Begleitschutz für Tentra-Blues aktiv, die mit indigenen Nuru handeln wollen. Um ihr Gedächtnis zu triggern, nimmt Monkey Zemina Paath als Einsatzbegleitung mit nach Zarut, der Hauptwelt der Nuru.
Erst auf eigene Faust kommen sie einigen Ungereimtheiten auf die Spur, dass es unter der Stadt Taymen eine Spiegelstadt der Cairaner gibt, in der jedoch ein gänzlich anderer galaktischer Himmel gezeigt wird. Von dort wurde just jetzt der designierte, aber nicht amtierende sternsüdliche Konsul Surrutaio entführt resp. konnte fliehen. Sodann im Auftrag der cairanischen Legatin und im Wettlauf gegen zwei ebenfalls angeheuerte Tomopaten muss das Einsatzteam mit ansehen, wie die Flucht gelingt und das USO-Schiff RATBER TOSTAN Surrutaio aufnimmt und abfliegt. Eine tödliche Gefahr für die Milchstraße, denn durch die Augen nicht nur Surrutaios können die Feinde im Nichts, die Mörder der Materie den Fluchtort der Vecuia aufspüren …
Die Drei Ultimaten Beobachtungen
1. Nuruvrao – M 15
Mit M 15 Nuruvrao lernen wir in der Northside der Galaxis einen weiteren Kugelsternhaufen kennen, in dem wir noch nie waren. Exakt 33.597 Lichtjahre von Sol entfernt, mit einem Durchmesser von 175 Lichtjahren, über 100.000 Sonnen reich, 8 Pulsare und inmitten ein schwarzes Loch. Demgegenüber in der Realität Messier 15 (NGC 7078) nur rund 30.000 Lichtjahre weit weg, mindestens 500.000 Sonnen reich, mit 9 Pulsaren bestückt und einem 4.000 Sonnenmassen schweren schwarzen Loch. Interessant, dass man mehrere Änderungen im Perryversum vornahm (wozu?), ansonsten mal wieder ein real existierendes Objekt, das ein jede/r Hobby-Astronom beobachten kann, in die Handlung aufgenommen hat. Gibt dem Ganzen realistische Tiefe und macht es umso probabler.
Und das schwarze Loch, „Die dunkle Schwere“ als Bezeichnung der Nuru, wird noch handlungstragend und buchstäblich im Zentrum stehen. So heißt nämlich der kommende Roman und hierauf bekommen wir mehrfach Vorausdeutungen. Gleich zu Beginn Zemina Paath, die wie verträumt die dunkle Schwere betrachtet und sich durch sie erinnert fühlt an noch unauszusprechendes Unbestimmtes. Als Rhodanauten sind uns schwarze Löcher im Perryversum selbstredend wohlbekannt und vielfach als Reisemöglichkeiten wie die schwarzen Straßen untergekommen.
Bei den Nuru heißt es über die Cairaner mythologisiert, dass „die Vierhänder im wohltuenden Schatten der Schwärze geboren wurden und dort lebten“; oder diese hätten sich in dessen Schatten verborgen halten oder für eine heimliche Invasion nutzen können, so Monkeys pragmatische Optikumsicht. Und dass die Cairaner als Teil der Vecuia an entsprechende Hochtechnologie rund um schwarze Löcher gelangt sein könnten, ist zumindest denkbar. Fraglich dann nur, wieso sie so ein Transportsystem nur hier genutzt haben sollten.
Und mal wieder bleibt unklar und verschwommen, wann die Cairaner in Nuruvrao auf den Plan traten (offiziell 1702NGZ) und den Nuru Starthilfe wie auch den Olubfanern gaben. Denn 10 Jahre zuvor hatten die Nuru 1690NGZ in einem Quantensprung ein Lineartriebwerk entwickelt, wofür sie wahrscheinlicher aber Wissenstransfer erhielten.
Paath scheint zu wissen, dass Nuruvrao und nicht etwa Hovcai für die Cairaner sogar Startpunkt in der Milchstraße war: „Von diesem Ort aus haben sie sich ausgebreitet. Das war der erste Vorstoß.“ Im Weiteren, dass es vor Errichtung der Sternenkonsulate Präparatoren und eine Kuratorin gab, die aber entmachtet wurden. Etwa ein Putsch, eine Umkehr, gar Radikalisierung ursprünglicher Planungen? Von einer Kuratorin haben wir schon mehrfach nebulös vernommen – hier also erneut.
2. Die Thesan – Zemina Paath
Bisheriger Eindruck von schärfstem Eigenkritiker Monti wie von mir, “dass Zemina Paath nach einer doch recht starken Einführung ein wenig aus dem Fokus geraten ist.“ Wenn dem so war, erlebten wir nun „Das Erwachen der Thesan“ mit. Und das in mehrfacher Hinsicht: Sowohl ist sie hier aktiver denn je, als auch erinnert sie sich – wenn auch noch vage und meist ohne griffige Begriffe – so häufig wie noch nie.
Bisher wirkte sie auch mangels Erinnerung an sich, ihr Leben zuvor und Sinn, Ziel und Zweck ihres Hierseins meist eher verloren, in sich gekehrt, still. Die Galaktiker lesen zu können, war keine von mir mitbekommene Stärke ihrerseits. Doch auf Zarut, der Geburts- und Zentralwelt des Nurunats der Nuru erweckt die dunkle Schwere inmitten Nuruvrao auf „gewisse-ungewisse Weise“ Erinnerungen Zeminas. Aufgeweckter denn je agiert sie an der Seite des nicht unbedingt umgänglichen Monkey und sie werden Partner auf völlig unverhoffte Art.
„Mythen waren gefährlich, sie lenkten ab. Meine Aufmerksamkeit galt Fakten, denn Fakten formten Realität.“ So Monkeys Einstellung, die im Einsatz zunehmend durch Zeminas einfühlsame Sensibilität gerade für die Mythen und Geschichten der „Fadensprecher“, der Geschichte(n)erzähler der Nuru, ergänzt wird.
Während Monkey nur so voranpreschen will, legt Zemina passende Worte ein, eröffnet so neue Perspektiven und lenkt so den Einsatz mit unnachgiebiger Flexibilität. Ja, sie schaut sogar so genau hin wie kaum jemand, weshalb sie anhand seiner meist eher als robotisch anmutenden Kopfbewegungen auf seine Gedanken rückschließt.
Sie ist es, die ihrem Jungen sogar eine Protein-Waffel zur Stärkung holt, als er ein wenig spielen war =lospreschen wollte in der Arena, wo die Tomopaten beinahe ein Blutbad angerichtet hätten. Später, als Monkey jedoch eigenhändig einen Tunnel bis zur Spiegelstadt gräbt, erhält er nichts zu schnuckern. Dennoch erleben wir auch Monkey in erschütternd emotionalen Wallungen. Bereits beim Sandschwimmen haben wir den robusten Haudegen mit Gefühlen erlebt, die während des Einsatzes Zemina nur so zufliegen: „Gut gemacht“, gesteht er ihr zu. „Ihr Gesicht blieb ausdruckslos. »Pass auf, sonst wird es noch zur Gewohnheit, mich zu loben.« »Das wird nicht passieren.«“
Sie nimmt sich, dass es Monkey zumindest im Gedanken kommentiert, Forderungen ihm gegenüber heraus, denen er wiederum aber folgt. Er folgt ihr auch in der Gestik, die sie vereinbart haben. Damit er nicht gar so emotionshilflos ist, fingert sie ihm ihre Eindrücke, ob ein Gegenüber lügt oder wahr spricht. Und irgendwann gibt er IHRE Gestik, Daumen und Zeigefinger zum Kreis als Zustimmung, an sie zurück. Und dann das: „Ihre Augen waren riesig. Auch in Grün hatten sie etwas Rätselhaftes und zugleich Beeindruckendes an sich.“ Beeindruckend ist kein wertungslos nüchterner Ausdruck zur bloßen Beschreibung – Was geschieht da mit Monkey?
Der Data des Perryversums emotionalisiert dann sogar noch, als sie die Gleiterwerkstattsbesitzerin ausfragen: „Ich fürchtete, Paath könnte mich verraten, doch die Thesan blieb einfach kühl und ausdruckslos stehen. Dabei wirkte sie ein wenig irre. Man konnte Angst vor ihr bekommen.“ Angst? Monkey? Vor einer menschengleichen Thesan?
3. Spekulationen
Sowohl Orpard Surrutaio als auch dessen Assistent Gallman Kaiku und eine unbekannte Anzahl Weiterer seien besessen gewesen. Das klang für mich erst so, als wenn ihnen Erscheinungen durch die Sinne spukten. Daher dachte ich sofort an Saessbekker aus „In den Augen des Riesen“ (3016), eine Art redseliges Teufelchen. Hielt ihn damals eher als eine halluzinogene Überzeichnung von MiMaThu – doch da dieser nun den Folgeroman übernimmt, spekuliere ich freimütig: Saessbekker oder eine Besessenheitsform seinesgleichen tritt noch mal auf. M.E. öfter denn je erweisen sich nämlich in diesem Zyklus randständig anmutende Nebenfiguren und –handlungen viele Hefte später als vorauseilend wichtig.
Alternativ und wahrscheinlicher jedoch, dass die Art der Besessenheit Surrutaios und Co. durch eine Dispersion durch die Kandidatin erfolgt sein könnte. Auf diese Weise nicht nur einer Gehirn-, sondern Körperwäsche ausgesetzt, wäre Surrutaio erst recht in seinem Amt eine stete Gefahr des Verrats. Was man an Bord der RAS TSCHUBAI mittels Suspension bei Gry O’Shannon im Griff zu halten versucht, versucht man auf Zarut ganz real mit der Vortäuschung einer Zwillingsstadt unter der Erde mit falschem Himmel, der keine Rückschlüsse zulässt.
Aber wieso lässt man dann den Posten des sternsüdlichen Konsuls ruhen und besetzt ihn nicht nach? Dieses Tarnen-und-Täuschen allein, damit auf noch so umwegigen Abwegen Surrutaio von keinem real amtierenden Konsul hört, der er doch weiterhin zu sein glaubt? Täuschen ist zur zweiten Natur der Cairaner geworden, dass sie aufpassen müssen, sich in diesem Lügengespinst nicht zu verlieren.
Die vorab zitierten Aufzeichnungen der Legatin machen das Wesen vertriebener Cairaner überdeutlich:
„Die Täuschung ist unser größter Schutz. Die Lüge ein Zweck. Wir nutzen Verborgenheit, um zu verschleiern, was verschleiert werden muss; fingieren ganze Galaxien, wenn es Not tut.
Unsere Präsenz dient der Vorbereitung. Frieden ist ein hehres Ziel, doch Herrschaft … dich suchen wir nicht. Wir sind die Diener des Trajekts. Wir ordnen uns dem großen Weiß unter, dem Reinen und Ganzen, dem Formlosen, und halten jenen einen Spiegel hin, die ihn brauchen.
Mögen wir noch lange verborgen bleiben, bis die Zeit gekommen ist, und wirken, wie wir wirken müssen.“
Fazit zu Die Thesan und der Lordadmiral
“Kühl sieht sie aus, sehr kühl und auch unnahbar“ ist Zeminas Anmutung auf dem Titelbild von Arndt Drechsler. Genauso haben wir sie durch die Augen vieler durchaus emotionsbegabter Menschen gesehen, die ihr gegenüber meist Argwohn empfanden. Und dann das – Emotionsklotz Monkey ist derjenige, an dessen Seite und proaktiv mit dem sie aufblüht. Zemina ist erwacht – nur als was? Mehrfach schwante mir, dass in ihr Ungutes erwachen könnte und sie vielleicht auf eine ungute Art „präpariert“ ist. Doch kann ich so wirklich nicht erkennen, was sie je Negatives getan hätte und wieso man ihr trotzdem Übles unterstellen sollte.
„Die Thesan und der Lordadmiral“ führen den Einsatz fort und der Junge kann sich weitere Protein-Waffeln bei der Verfolgung der (gekaperten?) RATBER TOSTAN verdienen. Und nach Farye und Donn, Godaby und Ydio-Do nun allen Ernstes noch Zemina Paath (ohne Paau) und Monkey, die sich alles nur nicht mögen zu wollen sich einbilden?
Da passt es ja nur zu gut, dass der anerkannte Liebesexperte des Autorenteams, dem Expokratie und Lektorat vertrauen, nächste Woche übernimmt und uns die dunkle Seite dieser Affäre nahebringen wird. Bis dahin bin ich sehr gespannt, wie es mit diesem Pärchen im Speziellen und dem dunkelschweren Geheimnis der Cairaner im Großen weitergeht. „Die Thesan und der Lordadmiral“ waren auf alle Fälle ein Appetit machender erster Teil des inhaltlichen Doppelromans!
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