Die Episode „Die Spitze des Eisberges“ bringt uns zum Rand der Galaxie und wieder zurück.
Staffel 1, Folge 3 – Sternzeit 1312,4 – 1313,8
„Die Spitze des Eisberges“ – „Where No Man Has Gone Before
Die Handlung
Die Enterprise empfängt die Aufzeichnung eines 200 Jahre alten Schiffsrekorders. Dieser gehört zu einem verschollenen Forschungsschiff namens USS Valiant.
Kirk nimmt daraufhin Kurs Richtung Rand der Galaxie. Dort trifft die Enterprise auf eine Energiebarriere, welche die Galaxie umgibt. Während der Durchquerung kommt es zu elektrischen Entladungen auf dem gesamten Schiff. Schwere Schäden, Tote und Verletzte sind die Folge.
Dabei stellt sich heraus, dass Lieutenant Gary Mitchell eine spontane Mutation erfahren hat. Er entwickelt zusehends übermenschliche Kräfte. Der Schiffsarzt entdeckt, dass sowohl die Verstorbenen, als auch Mitchell sehr hohe ESP-Werte (Vorhandensein latenter PSI-Kräfte) aufweisen. Mitchells Fähigkeiten entwickeln sich vor allem in den Bereichen Telekinese und Telepathie. Er wird größenwahnsinnig, hält sich für einen neuen Gott.
Kirk beschließt, Mitchell auf einem unbewohnten Planeten auszusetzen. Auf Delta Vega befindet sich eine rein automatische Anlage zur Erzgewinnung. Dort soll Mitchell bleiben.
Einzig Dr. Elizabeth Dehner (Psychologin) verteidigt ihn. Etwas später verändert auch sie sich und ergreift gemeinsam mit Mitchell die Flucht.
Kirk will beide aufhalten. Es kommt zum Kampf auf Delta Vega. Mitchell stirbt durch einen von Kirk mittels Phasergewehr ausgelösten Steinschlag. Wenig später stirbt auch Dehner, die zuvor Kirk im Kampf unterstützt hat. Sie hat ihre Kräfte vollständig im Kampf eingesetzt.
Rezension von Die Spitze des Eisberges
Diese Episode weist einen mitreißenden Plot auf: fremde Energie, der Raum jenseits der Milchstraße, die Begegnung mit dem Unbekannten.
Die Geschichte wurde mit den einfachsten Mitteln umgesetzt, was vor allem dem sehr niedrigen Budget geschuldet war. Dennoch mindert die Einfachheit der Tricktechnik die Überzeugungskraft nicht, wenngleich die Folge aus dem Jahr 1965 stammt.
Die Darstellung der spontanen Mutation ist daher sehr einfach gestaltet. Sichtbar anders sind nur die silbrig glänzenden Augen. Die weiteren Veränderungen sind vor allem charakterlicher Natur. Hierbei gefällt mir der schleichende Einfluss der übernatürlichen Kräfte auf die Seele eines Menschen. Mitchell ist nicht sofort ein Anderer. Vielmehr entwickelt sich sein Charakter entsprechend dem Wachstum seiner neuen Fähigkeiten. Je stärker er wird, desto überheblicher verhält er sich.
Deutlich wird auch Kirks Zerrissenheit. Gary Mitchell ist einerseits ein sehr guter Freund, andererseits stellt er eine immer größer werdende Gefahr dar. Spock weist Kirk wiederholt auf diesem Umstand hin, worauf Kirk anfänglich mit großem Unmut reagiert. Am Ende trifft er die Entscheidung, Mitchell mit Gewalt aufzuhalten, mit sichtbaren Unbehagen.
Interessant ist ebenso Dr. Dehners Reaktion auf die fremdartigen Fähigkeiten Mitchells. Sie reagiert als einzige nicht misstrauisch. Dabei will sie vehement ihre Meinung durchsetzen, hohe ESP-Werte seien nicht per se gefährlich. Ihr vorwiegender Gegenpart ist Spock. Die Diskussionen der beiden sind allerdings etwas ermüdend, da sie immer gleichförmig ablaufen. Dehner als übernatürlich begabte Frau ist hingegen beeindruckend, zumal sie sich trotz allem einen Funken Menschlichkeit bewahrt hat und sich gegen Mitchell stellt.
Etwas merkwürdig erscheint mir allerdings, dass Kirk und Spock in der Lage sind, Mitchell körperlich zu überwältigen. Hätte er nicht die Macht gehabt, dies zu verhindern? Zu dem Zeitpunkt ist er bereits sehr stark. Theoretisch hätte er den Angriff durch seine telepathische Begabung vorausahnen können.
Ein wenig ungeschickt ist zu Anfang der Umgang mit dem fremden Objekt, welches sich im Nachhinein als „Schiffsrekorder“ entpuppt. Kirk lässt das Fundstück einfach so an Bord beamen, statt auf Sichtkontakt zu warten. Das empfinde ich als leichtsinnig. Es hätte von Metallklumpen bis Waffe alles sein können.
Fazit: „Die Spitze des Eisberges“ ist spannende Science-Fiction, welche als zweiter Pilotfilm erfolgreich einen Einstieg in die Serie bietet.
Funfacts
- Spock spricht davon, dass einer seiner Ahnen einen Menschen geheiratet habe (statt sein Vater eine Erdenfrau).
- Diese Folge war, nachdem „Der Käfig / The Cage“ die Kritiker nicht überzeugt hatte, der zweite Pilotfilm. Sie wurde als dritte Episode im US-Fernsehen ausgestrahlt.
- Gary Lockwood (Gary Mitchell) hatte Probleme mit den silbernen Kontaktlinsen. Seine Augen reagierten sehr empfindlich, was ab und zu im Film sichtbar ist. Außerdem konnte er mit den Linsen niemanden mehr erkennen und drehte quasi blind.
- Auf dem Grabstein steht James R. Kirk.
- Der Dreh musste kurzzeitig unterbrochen werden, nachdem ein Wespenschwarm im Studio aufgetaucht war. Sowohl William Shatner als auch Sally Kellerman (Dehner) litten unter Wespenstichen.
- Mitchell sagt in einer Szene, dass er zu Akademiezeiten eine Blondine auf Kirk angesetzt habe, die dieser fast geheiratet hätte. Es wird schon lange darüber spekuliert, dass es sich dabei um Dr. Carol Marcus handeln könnte.
Der deutsche Titel
In einem Dialog beschwert sich Gary Mitchell über die Psychologin Dr. Dehner mit den Worten: „Von 100 Frauen an Bord bekomme ich den Eisberg.“ Klingt schön passend. Gemeint ist jedoch, dass die sichtbare Veränderung von Mitchell und Dehner nur ein kleiner Teil des gesamten möglichen Ausmaßes ist. So wie von einem schwimmenden Eisberg nur die kleine Spitze erkennbar ist und der größte Teil unter Wasser liegt.
Der englische Titel „Where No Man Has Gone Before“ könnte auf die Reise der Enterprise durch die Barriere hindurch ins den Raum hinter der Milchstraße hindeuten. Dabei waren vor Kirk und seiner Mannschaft bereits Menschen dort: Die Besatzung der USS Valiant. Eine andere Interpretationsmöglichkeit bezieht sich auf die übernatürlichen Kräfte von Dehner und Mitchell. Sie bringen Menschen auf eine Entwicklungsstufe, wo zuvor noch niemand gewesen ist.
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Ich schaue mir gerade auch noch einmal alle Folgen an, wobei mir aufgefallen ist, dass manchmal der Abspann anders ist, Uhura in einer Folge eine gelbe Uniform trägt etc.
Daran sieht man schön, dass anfangs noch viel ausprobiert wurde und – was ich jetzt erst beim Lesen verstanden habe – die Episoden nicht in der Reihenfolge ausgestrahlt wurden, in der man sie gedreht hat.