Wie konnte es nur dazu kommen, dass sich Jean-Luc Picard in der neuen Star Trek-Serie Picard völlig desillusioniert auf sein französisches Landgut zurückgezogen hat? Das erzählt uns der Star Trek-Roman Picard. Die letzte und einzige Hoffnung. Nachdem Götz euch bereits seine Eindrücke vom  Buch vorgestellt hat, folgt heute meine Meinung zu dem Roman.

Star Trek Picard Die letzte und einzige Hoffnung
© Cross Cult

Über die Autorin Uma McCormack

Die 1972 geborene Britin Uma McCormack ist vor Picard. Die letzte und einzige Hoffnung (The Last Best Hope) als Autorin verschiedener erfolgreicher Star Trek– und Doctor Who-Erzählungen in Erscheinung getreten. Nach einem BA in Geschichte und Politik- und Sozialwissenschaften folgte zunächst ein Master-Abschluss in Psychologie, bevor McCormack schließlich in Soziologie promovierte. Dieser sehr grob zusammengefasste Lebenslauf mag manches erklären, was wir im weiteren Verlauf über den Roman herausfinden werden.

Der Inhalt

Eine Supernova droht den Planeten Romulus mitsamt aller umliegenden Welten zu vernichten. Das romulanische Imperium ist dem Untergang geweiht. Admiral Jean-Luc Picard ist sofort bewusst, dass Föderation und Sternenflotte alles Menschen- bzw. Lebensformenmögliche unternehmen müssen, um die Bewohner*innen der bedrohten Planeten rechtzeitig zu evakuieren. So werden unter Picards Leitung sämtliche Kräfte für diese gewaltige Aufgabe gebündelt.

Leider erweisen sich die Romulaner*innen als alles andere als kooperativ und auch in Föderation und Sternenflotte macht sich trotz diverser Erfolge zunehmend Unmut über die ungeheure Ressourcen verschlingende Rettungsaktion bereit. Gut nur, dass der Admiral auf zuverlässige Leute wie Geordie La Forge zurückgreifen kann.

Doch dann stellt sich plötzlich heraus, dass sich die Supernova wesentlich schneller als zunächst erwartet ereignen wird. Zu allem Unglück drohen verschiedene Randwelten auch noch damit, die Föderation zu verlassen und ein eigenes politisches Gebilde zu gründen. Und als ob all dies noch nicht genug wäre, kommt es auf dem Mars zu einer Katastrophe, die Jean-Luc Picard in eine ausweglose Position manövriert …

Alte Bekannte

Wie bereits erwähnt, wird Admiral Picard im Roman von Geordie La Forge unterstützt. Am Rande erscheinen auch Dr. Beverly Crusher, Deanna Troi, William Riker, Worf und Mr. Spock. Außerdem wird gelegentlich an Data erinnert. Außer La Forge kommt in dem Roman jedoch keiner der genannten Personen größere Bedeutung zu. Dafür gibt es ein Wiedersehen mit Bruce Maddox, dem nur bedingt sympathischen Wissenschaftler aus der TNG-Episode The Meassure of a Man, der uns wohl allen bestens dafür in Erinnerung geblieben ist, dass er den Androiden Data auseinandernehmen wollte.

EU, Flüchtlingskrise und Brexit im Weltraum

Gelegentlich hört man, dass gute Science-Fiction mit einer ordentlichen Portion Gesellschaftskritik versehen ist. Wer diese Einschätzung teilt, dürfte großen Gefallen an dem 2020 geschriebenen Buch finden. Denn es ist mehr als offensichtlich, dass Picard. Die letzte und einzige Hoffnung aktuelle Themen wie die Zerstrittenheit der Europäischen Union, die Flüchtlingskrise und ansatzweise auch den Brexit aufgreift und in den Weltraum verlegt.

So lautet eine der zentraleren Fragen, die das Buch aufwirft: Darf man in einer Gemeinschaft sämtliche Werte und Ideale über Bord werfen, um den Konsens zu wahren? Wie Autorin Uma McCormack diese Frage beantwortet, zeigt sich ganz am Anfang des Buches. Denn hier wird gleich als Allererstes ein Zitat Abraham Lincolns abgedruckt, der ja bekanntlich einen Bürgerkrieg in Kauf nahm, um – vereinfacht ausgedrückt – gewisse Werte und Überzeugungen wie das Verbot der Sklaverei zu verteidigen bzw. durchzusetzen.

Die Schwächen des Buches

Uma McCormack schreibt in einem Stil, der für mich teilweise etwas zu umgangssprachlich daherkommt und nicht so recht in mein Bild von Star Trek passen möchte. Hinzu kommt, dass es etwas nervt, wie sehr betont wird, dass Picard für seine neuen Mitarbeiter eine lebende Legende darstellt. Inwiefern dies durch die deutsche Übersetzung bedingt ist, kann ich nicht beurteilen, da ich das Original nicht gelesen habe.

Außerdem scheitert Uma McCormack für mich völlig an der Darstellung bereits wohlbekannter Personen. Weder Jean-Luc Picard noch Geordie La Forge wirkten für mich wie die Charaktere, die ich in TNG kennengelernt habe.

Ziemlich problematisch wird es dann, wenn Picard und Teile der Sternenflotte als barmherzige Samariter präsentiert werden, die völlig selbstlos dem romulanischen Imperium beistehen, während dieses diese Hilfe eigentlich gar nicht haben möchte und bei fast jeder Gelegenheit der eigenen Rettung Steine in den Weg legt. Das geht für mich zu sehr in Richtung Weltraumpolizei, an deren Wesen das Universum genesen soll.

Die Stärken des Buches

Auch wenn die Darstellung altbekannter Charaktere etwas schwächelt, ist die Vorstellung der neuen Personen äußerst überzeugend. Auch ist anzumerken, dass Picard. Die letzte und einzige Hoffnung nie zu sehr in reines Schwarz-weiß-Malen abdriftet, sondern immer auch die Grautöne trifft und die Beweggründe der vielen Gegenspieler*innen nachvollziehbar beleuchtet.

Darüber hinaus ist der Roman durchaus spannend geschrieben. Obwohl die Leser*innen ja von Anfang an wissen, dass alles auf eine Katastrophe hinauslaufen wird, bleibt bis zum Ende offen, wie diese Katastrophe denn nun aussehen wird.

Mein Eindruck von Picard. Die letzte und einzige Hoffnung

Nach den ersten 50 Seiten dachte ich aufgrund der eben genannten Kritikpunkte, dass ich das Buch sicherlich eher negativ bewerten würde, doch wandte sich das Blatt zusehends, sodass ich den Roman letztlich wirklich gerne gelesen habe. Denn trotz der Mängel liegt hier insgesamt betrachtet ein sehr überzeugendes Buch vor, zumal es auch mal wieder erfrischend war, in einem Science-Fiction-Roman einen äußerst kritischen Bezug zur aktuellen politischen Großwetterlage präsentiert zu bekommen. Um es mal auf den Punkt zu bringen: Der von Uma McCormack gezeichnete Jean-Luc Picard würde sicherlich nicht tatenlos dabei zusehen, wie Menschen im Mittelmeer ertrinken, was mir durchaus mit den grundsätzlichen Aussagen des Star Trek-Universums zu harmonieren scheint.

Fazit

Das Buch bekommt von mir 8 von 10 möglichen Warpgeschwindigkeitspunkten und ich habe jetzt wirklich Lust darauf, endlich die Picard-Serie anzusehen. Schließlich hat Picard. Die letzte und einzige Hoffnung längst noch nicht alle Fragen beantwortet.

Autorin: Una McCormack
Titel: Star Trek – Picard: Die letzte und einzige Hoffnung
Originaltitel: Star Trek – Picard: The last beste hope
Übersetzer: Stephanie Pannen
Verlag: Cross Cult
Erschienen: 02/2020
Einband: Taschenbuch
Seiten: 405
ISBN: 978-3-86425-863-3


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Michael Kleu
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