Zeitreisen können zu Paradoxa führen, zumindest wenn die Drehbücher nicht gut durchdacht sind.
Zurück zum Anfang
Kaum ein anderer Zeitreisefilm genießt einen derart hohen Kultstatus wie die Zurück in die Zukunft-Trilogie. Und kaum eine Zeitmaschine ist kultiger als der DeLorean von Doc Emmett Brown (Christopher Lloyd), mit dem Marty McFly (Michael J. Fox) seine Abenteuer erlebt. Doch wie hat der Doc den Wagen eigentlich auf den Parkplatz der Twin Pine Mall bekommen? Das erste Mal, dass das Publikum ihn zu sehen bekommt, fährt Emmett ihn aus einem Transporter, dessen Ladefläche augenscheinlich zu schmal ist, um bequem ein- und aussteigen zu können.
Über diesen ersten Patzer haben sich bereits zahlreiche Fans Gedanken gemacht und die Szene nachgestellt. Fakt ist, dass die Flügeltüren tatsächlich wenig Raum brauchen, um nach oben schwingen zu können. Auf der Ladefläche des Transporters sind es per Augenmaß geschätzt rund 20 cm auf jeder Seite, was gerade so für die Außenspiegel reicht. Das ist knapp, könnte aber genügen. Bleibt also nur noch die Frage, wie der Doc sich da durchgequetscht hat. Selbstverständlich wurde hinter den Kulissen alles von der Filmcrew in Stellung gebracht, doch im Film selbst wirft die Szene zumindest Fragen auf.
Wirklich gravierend werden die Logikfehler erst bei den Zeitreisen. Damit geht es kurz darauf los. Nachdem Doc Brown seinen Hund als Testpilot per Fernsteuerung eine Minute in die Zukunft geschickt hat, wird sein Experiment von einer Gruppe Libyer gestört, denen er Plutonium versprochen hat. Mit eben diesem treibt er seine Zeitmaschine an, mit der Marty vor den Terroristen fliehen muss. Dies verschlägt ihn ins Jahr 1955.
Kaum angekommen, wird er für einen außerirdischen Besucher gehalten. Das Pulp-Magazin, welches dabei eingeblendet wird, zeigt ein Flügeltürraumschiff, das tatsächlich wie ein DeLorean aussieht, und der Alien trägt einen ähnlich gelben Strahlenschutzanzug wie Marty. Da er zu keinem Zeitpunkt zurückreist, an dem er dem Zeichner des Covers als Inspiration hätte dienen können, kann dies nur als Gag gewertet werden. Schade eigentlich.
Weiter geht es mit den Denkfehlern in direktem Bezug auf das Zeitreisen. Marty ist ausgerechnet in dem Jahr gelandet, in dem sich seine Eltern kennengelernt haben. Durch einen dummen Zufall rettet Marty seinen Vater George (Crispin Glover) vor einem Auto und nimmt nun dessen Platz ein. Seine Mutter Lorraine (Lea Thompson) sollte nämlich eigentlich George nach dem Verkehrsunfall, für den ihr Vater verantwortlich ist, bei sich aufnehmen und gesund pflegen, doch nun verliebt sie sich unwissend in ihren Sohn. Übrigens der Grund, warum Disney den Film damals nicht haben wollte.
Jedenfalls hat Marty die Geschichte verändert, was sich anhand eines Familienbildes zeigt, auf dem seine Geschwister schrittweise verschwinden. Das ist aus mehreren Gründen unmöglich! Zunächst einmal stammt das Bild aus der ursprünglichen Zeitlinie und müsste daher unverändert bleiben. Doch nehmen wir einmal an, dass Eingriffe in die Geschichte zu umgehenden Veränderungen führen, wäre dieser Effekt immer noch haarsträubend unlogisch.
Zum einen verschwinden Martys Geschwister schrittweise von dem Foto, was totaler Nonsens ist. Warum sollte er einen halben Bruder haben, von dem erst der Kopf fehlt und wenig später nur noch die Beine übrig sind? Wenn schon, müssten sein Bruder und seine Schwester augenblicklich verschwinden und mit ihnen auch das Foto selbst. Immerhin ist der Anlass, es zu knipsen, nicht mehr vorhanden.
Schlussendlich hätte Marty selbst augenblicklich verschwinden müssen. Warum tut er das nicht? Selbstverständlich, weil er die Zeitlinie immer noch korrigieren und seine Eltern zusammenbringen kann. Das gelingt ihm auch, weshalb es völliger Blödsinn ist, dass seine Geschwister sich überhaupt auf dem Foto aufgelöst haben. Ebenso ist seine Selbstauflösung auf der Bühne des Schulballs seiner Eltern absurd, nur weil es gerade dramatisch wird und immer noch alles scheitern könnte. Zum einen hätte Marty sich dann schon viel eher auflösen können, z. B. als seine Mutter sich im Auto über ihn her gemacht hat, zum anderen gelingt es ihm am Ende, alles wieder gerade zu biegen.
Nun ja, zumindest halbwegs kann er die Zeitlinie wieder gerade biegen, denn als er wieder ins Jahr 1985 zurück reist, haben sich einige Dinge verändert. Aus der Twin Pine Mall ist die Lone Pine Mall geworden, weil Marty einen der Bäume umgefahren hat. Seine Mutter ist keine Alkoholikerin mehr und sein Vater kein Feigling, sondern ein erfolgreicher Schriftsteller. George wird auch nicht mehr von seinem Erzrivalen Biff Tannen (Thomas F. Wilson) schikaniert, stattdessen putzt der nun unterwürfig sein Auto.
Das alles bedeutet, dass Marty die Vergangenheit zumindest leicht verändert und damit eine alternative Zeitlinie erschaffen hat. Eigentlich müsste er in dieser auf ein alternatives Ich treffen, doch irgendwie haben die Drehbuchschreiber Robert Zemeckis und Bob Gale das Konzept der alternierenden Zeitlinien nicht so recht begriffen. Bei ihnen verändert sich die ursprüngliche Zeitlinie unmittelbar. Das kann man so machen, aber dabei müsste man schon konsequent bleiben. Leider ist dies nicht der Fall, wie die Fortsetzung zeigt.
Zurück aus dem Jahr 2015
In Zurück in die Zukunft II nimmt Doc Brown Marty und dessen Freundin Jennifer (Elisabeth Shue) mit ins Jahr 2015, um ihren Sohn vor einer Gefängnisstrafe zu bewahren. Zunächst lässt der Doc Jennifer jedoch gar nicht an dem Vorhaben teilnehmen und legt sie mit einem futuristischen Gerät schlafen, woraufhin Marty völlig zu Recht fragt, warum er sie überhaupt mitgenommen hat. Und schon wieder gleich zu Beginn ein unnötiger Logikfehler, der nichts mit Zeitreisen zu tun hat.
Ein Fehler mit Folgen, denn später trifft die wiedererwachte Jennifer völlig unvorbereitet auf ihre zukünftige Familie. Michael J. Fox spielte hier übrigens nicht nur den jungen und alten Marty McFly, sondern auch Martys Sohn und seine Tochter! Christopher Lloyd konnte derweil auf sein Makeup verzichten, da seine Rolle ein Facelifting bekommen hat. Immerhin spielte er im Jahr 1985 eine 30 Jahre ältere Version als im Jahr 1955.
Lea Thompson musste hingegen eine extra Schicht auftragen, da die zukünftige Lorraine satte 60 Jahre älter ist als die Rolle ohne Maske im Jahr 1955. Die Rolle des George McFly verschwand ebenfalls unter tonnenweise Makeup und wurde zudem kopfüber gedreht, da der Darsteller Crispin Glover aufgrund einer zu hohen Gagenforderung nicht mehr beteiligt war. Thomas F. Wilson spielte dafür umso bereitwilliger nicht nur drei verschiedene Versionen von Biff Tannen, sondern gleich noch dessen Enkel Griff Tannen.
Der jugendliche Griff landet nach einer Hoverboard-Verfolgungsjagd mit Marty McFly im Knast, woraufhin sich die Schlagzeile mit der Verhaftung von dessen Sohn verändert. Allerdings erst zeitverzögert, wegen des dramatischen Effekts. Im Prinzip kann man das auch schon wieder als Filmfehler werten, aber das ist noch gar nichts im Vergleich zu dem, was folgt.
Der alte Biff fischt kurz darauf einen Sportalmanach aus dem Müll, den Doc Brown zuvor entsorgt hat. Marty wollte mit den Sportergebnissen aus der Zukunft in der Vergangenheit ein wenig Geld machen. Eine Idee, die Tannen sich augenblicklich zu eigen macht. Er verfolgt die Zeitreisenden und leiht sich den unbeaufsichtigten DeLorean, um ins Jahr 1955 zu reisen und seinem jüngeren Ich den Sportalmanach zu übergeben.
Nachdem er wieder in der Zukunft gelandet ist, merken Marty und der Doc zunächst nicht, dass ihre Zeitmaschine zwischenzeitlich benutzt worden ist. Das allein ist schon ein Logikfehler, denn das Chronometer zeigt als letzte Zeitkoordinate das Jahr 1955 an. Die beiden merken erst viel später, was passiert ist, als Emmett den Knauf von Biffs Gehstock im Auto findet, den dieser dort verloren hat. Und selbst diesen Fund macht der Doc erst ziemlich spät, obwohl der Knauf mitten im Fußraum der Fahrerseite liegt und eigentlich beim Fahren massiv hätte stören müssen.
Der größte Patzer ist jedoch, dass Biff überhaupt wieder in seiner Ursprungszeitlinie landet. Da er die Vergangenheit bereits verändert hat, müsste er sich eigentlich sofort im Biff-Horrific-Szenario wiederfinden, in dem Emmett, Marty und Jennifer landen, als sie ins Jahr 1985 zurückreisen. Das haben über die Jahre schon viele Fans bemerkt und im Bonusmaterial der Blu-Ray gibt es darauf eine halbherzige Antwort. In dieser heißt es sinngemäß, dass ursprünglich gezeigt werden sollte, wie Biff sich in der Zukunft auflöst, was aber keinen Sinn macht. Er sowie die Umgebung müssten sich stattdessen verändern bzw. müsste er in einer bereits veränderten Zukunft landen, wie Marty am Ende des ersten Teils.
Schlussendlich reden sich die Verantwortlichen aber damit heraus, dass Zeitreisen ohnehin Fantasy sind. Das ist wirklich eine armselige Ausrede, denn als Emmett und Marty merken, dass sich das Jahr 1985 gravierend verändert hat, erklärt der Doc seinem Freund das Konzept der alternativen Zeitlinien. Biff hat ihm zufolge mit der Veränderung der Vergangenheit eine parallele Realität erschaffen. So weit, so richtig.
Dumm nur, dass diese Erklärung im krassen Widerspruch zu den Fakten steht. Zum einen befanden sich die beiden zusammen mit Jennifer im Jahr 2015 der ursprünglichen Zeitlinie und hätten von dort aus nicht in eine Paralleldimension reisen können. Umgekehrt können sie nämlich auch nicht in die ursprüngliche Zukunft reisen, um den alten Biff an seinem Vorhaben zu hindern, wie Doc Brown richtig erklärt.
Genau genommen hätten sie aber schon von 2015 aus überhaupt nicht mehr durch die Zeit reisen können, weil der alte Tannen wie bereits erwähnt im Jahr 2015 der Biff-Horrific-Zeitlinie hätte landen müssen. Da die drei anderen Zeitreisenden die Veränderung nicht mitgemacht haben, wären sie ohne DeLorean in der Zukunft gestrandet, während sie sich in der neuen Zeitlinie überhaupt nie begegnet und daher auch nie gemeinsam durch die Zeit gereist wären.
Nimmt man das Konzept der alternativen Zeitlinien ernst, welches Doc Brown anschaulich an eine Tafel skizziert, wäre es darüber hinaus fatal, dass die beiden die bewusstlose Jennifer nicht mitnehmen, als sie ins Jahr 1955 zurückreisen, um Biff Tannen davon abzuhalten, sich selbst den Sportalmanach zu überreichen. Jennifer wäre bei korrekter Auslegung der Temporalphysik für immer im Biff-Horrific-Universum gestrandet. Dass dort keine alternativen Versionen von ihr, Marty und dem Doc existieren, ist wieder einmal unerklärlich, denn wie erwähnt hat ihre Zeitreise dort nie stattgefunden, aber es existieren nur ihre zeitreisenden Ichs, die sich nicht verändert haben.
Scheinbar kann man sich nur in der Vergangenheit und Zukunft selbst begegnen, aber nicht in einer alternativen Zeitlinie, denn da greift wieder die Zeitstrangveränderung, die im Widerspruch zu parallelen Zeitlinien steht. So wacht Jennifer am Ende von Teil 3 sicher auf ihrer Veranda in der ursprünglichen Zeitlinie auf. Warum war sie überhaupt bewusstlos? Ach ja, sie ist ihrem zukünftigen Ich begegnet, was laut Doc Brown den völligen Kollaps des Raum-Zeit-Kontinuums bedeuten könnte. Zum Glück sind nur die beiden Jennifers kollabiert, warum auch immer.
Als der alte Biff seinem jüngeren Ich den Sportalmanach übergibt, geschieht nichts dergleichen – obwohl er die Zeitlinie verändert, bricht das Raum-Zeit-Kontinuum nicht zusammen. Also entweder hat der Doc hier Mist erzählt oder die Drehbuchautoren haben Quatsch geschrieben.
Zurück zum Ende
Im dritten Teil wiederholen sich die Fehler der ersten beiden Filme. Den Doc aus dem Jahr 1985 hat es per Blitzeinschlag in den DeLorean ins Jahr 1885 verschlagen und zusammen mit Doc Brown aus dem Jahr 1955 entdeckt Marty das Grab der älteren Version. Wobei, wirklich alt geworden ist der nicht, weil er von dem Gangster Buford Tannen erschossen wurde. Um das zu verhindern, reist Marty in den Wilden Westen.
Und da liegt schon der erste Fehler, denn als Kulisse für die Zeitreise wurde das Monument Valley im US-Bundesstaat Arizona gewählt. Martys Heimatstadt Hill Valley liegt jedoch in Kalifornien und ringsum war in den Jahren 1955 bis 2015 nie eine Wüste zu sehen. Dennoch scheint das Monument Valley direkt um die Ecke zu liegen und keine über 500 Kilometer entfernt. Der DeLorean kann übrigens nur durch die Zeit reisen und nicht durch den Raum, was ohnehin nicht als Erklärung herhalten könnte, da Martys Fußmarsch von Arizona nach Kalifornien ebenfalls viel zu kurz erscheint.
Nicht durch die Zeit gereist sind übrigens ZZ-Top, die im Hill Valley des Jahres 1885 auf einem Volksfest auftreten. Obwohl es die Band damals definitiv noch nicht gab, handelt es sich hierbei mitnichten um ein Paradoxon, sondern um einen Cameoauftritt. Einen solchen hatte bereits Huey Lewis im ersten Teil absolviert, zu dessen Soundtrack seine Band den Titel „The Power of Love“ beisteuerte.
Nun aber zu den vierdimensionalen Logikfehlern. Da wäre zuvorderst wieder einmal ein sich veränderndes Foto. Diesmal eins von Emmett Browns Grabstein, auf dem dessen Name verschwindet, nachdem Marty die Aufmerksamkeit von Buford Tannen auf sich gelenkt hat. Da er nun das neue Ziel ist, taucht sogleich sein Name auf dem Grabstein auf, was wieder einmal etwas voreilig ist. Immerhin kann er sein Leben retten, und was wäre, wenn das genau so vorherbestimmt war?
Marty rettet sich jedenfalls mit einem Ofenblech, welches er zu einer schusssicheren Weste umfunktioniert. Damit hat er fast schon so viel „erfunden“ wie der Doc, denn im ersten Teil hat er bereits das Skateboard und den Rock’n’Roll ins Jahr 1955 gebracht. Biffs Urgroßvater landet derweil, wie zuvor bzw. später sein Nachfahre, in einer Ladung Mist. Dieser Running Gag war schon beim zweiten Mal nicht mehr wirklich lustig. Etwas interessanter ist da schon der Insider Gag mit Bufords Spitznamen „Mad Dog“, denn 2015 ist auf dem Hoverboard von Griff Tannen ein fieser Pit Bull abgebildet.
Übrigens werden fast alle Generationen aller Familien von denselben Darstellern verkörpert. Aber können sich Urgroßväter und Urenkel sowie deren Enkel wirklich so ähnlich sehen? Wohl eher nicht! Und dieser Fehler unterläuft auch anderen Serien wie Star Trek, wo nun schon drei Generationen von Dr. Soong über mehr als drei Jahrhunderte von ein und demselben Schauspieler (Brent Spiner) verkörpert werden. Der Genpool müsste schon sehr flach sein, damit das funktioniert. Oder es handelt sich um Klone.
Immerhin eine neue Darstellerin ist zum Cast von Zurück in die Zukunft III dazu gekommen, nämlich Mary Steenburgen als Clara Clayton. Die hätte eigentlich in die später nach ihr benannte Schlucht stürzen sollen, doch Doc Brown rettet sie und gründet sogar eine Familie mit ihr. Gemeinsam mit ihren zwei Söhnen Jules und Verne reisen die beiden am Ende mit einer fliegenden Dampflok durch die Zeit. Wo sie im 19. Jahrhundert die Technologie dafür hergenommen haben, ist der letzte große Logikfehler.
Zurück zum Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass alle drei Teile von Zurück in die Zukunft kein realistisches Bild von Zeitreisen zeichnen. Robert Zemeckis und Bob Gale konnten sich nicht einmal auf ein physikalisches Konzept festlegen und haben Widersprüche am laufenden Band produziert. Hinzu kommen weitere massive Logiklöcher. Doch sind die Filme damit weniger Kult? Nein, definitiv nicht! Trotz der zahlreichen Fehler macht die Trilogie riesigen Spaß. Gerade wegen der nicht ganz so ernstzunehmenden Umsetzung sowie der teils überzeichneten Charaktere funktioniert Zurück in die Zukunft als Komödie mit Sci-Fi-Elementen ganz gut. Außerdem sah nie eine Zeitmaschine cooler aus als der DeLorean.
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