Picard und seine Crew erreichen das Artefakt. Gerade noch rechtzeitig.
Staffel 1, Folge 6
„Die Geheimnisvolle Box“ – „The Impossible Box“
Zum ersten Mal seit dem Piloten kommt im Teaser kein Rückblick vor. Soll dies eventuell eine Versinnbildlichung sein, dass wir genug Wissen über die Zeit zwischen Star Trek: Nemesis und Star Trek: Picard haben? Es sei denn, man möchte den Traum als Rückblick deuten.
Die Handlungsebenen vereinen sich
Nach Keine Gnade war es klar, dass Picard (Patrick Stewart) sich auf den Weg zum Kubus macht und es ist schön, dass er das direkt ohne Umweg macht. Auf dem Weg ist aber noch genug Zeit, um sich über Bruce Maddox (John Ales) zu unterhalten. Dr. Jurati (Alison Pill) erzählt, dass seine Verletzungen zu stark waren. Und schon ist das Thema beendet. Keiner kommt auf die Idee, das MHN zu checken, warum es nicht aktiv war, immerhin ist das eigentlich für Notfälle zuständig und müsste (und hat) sich aktivieren, wenn ein Patient in Gefahr schwebt. Zu billig gelöst. Immerhin bemerkt Elnor (Evan Evagora), dass etwas nicht stimmt, äußert dies aber nur gegenüber Agnes.
Ebenso elegant geht man zur nächsten Beziehung der Frau Doktor über. In der letzten Folge tötet sie ihren (vermutlichen) Ex, in dieser schläft sie mit Rios (Santiago Cabrera). Okay, das ist schon merkwürdig, aber vielleicht gibt es da ja noch Info zu. Vielleicht ist Agnes ebenfalls ein Android und wurde umprogrammiert? Auch hier entdeckt wieder Elnor, dass irgendwas nicht stimmt.
Picard und die Borg
Das erste Aufeinandertreffen der Borg und Captain Picard seit Star Trek: Der erste Kontakt und das erste Betreten seinerseits eines Borg-Kubus ist natürlich etwas, das die Fans erwartet haben. Und das wird auch ausdrucksstark in Szene gesetzt. Bei der Datenbankabfrage kommen Bilder aus TNG, VOY, DSN und Star Trek 8 zum Einsatz, die vor allem nicht digital geändert wurden. So ist das Bild von Hugh (Jonathan del Arco) aus der TNG-Folge Ich bin Hugh noch im alten „Borg-Weiß“ und andere Bilder im „Borg-Grau“ aus Star Trek: Der erste Kontakt. Dafür sieht der Kubus komplett anders aus als das, was wir bisher in allen vorangegangen Darstellungen gesehen haben.
Im Gespräch mit Dr. Jurati verurteilt Picard die Borg noch sehr und meint, sie würden sich nicht ändern, obwohl er ja selbst miterlebt hat, wie Hugh seine Individualität wiederfand und er noch in der letzten Folge mit Seven gesprochen hat, die wohl als Paradebeispiel der „Rückgewinnung“ gilt. Immerhin: Als er die xB genannten ehemaligen Drohnen sieht, erkennt er, dass die Borg nicht wie Krebs sind, sondern am Ende auch nur Opfer. Erinnerte mich ein wenig an die Szene in Der erste Kontakt, als Picard erst nicht bereit war, das Schiff zu opfern und dabei sogar seine Einrichtung demolierte, später aber seinen Irrtum einsah.
Das Wiedersehen mit Hugh verläuft herzlich und die Dankbarkeit vom ehemaligen Borg ist glaubwürdig. Zwar war Geordi sein erster Freund, aber Picard war es, der ihn nicht als Waffe einsetzte. Und er ist eben ein xB genau wie er selbst. Schade nur, dass er sich der Crew nicht anschließt. Nette Anekdote: Eine ehemalige Drohne erkennt ihn als Locutus.
Zugang zum Artefakt bekommt Picard aber nur, indem Raffi (Michelle Hurd) Beziehungen spielen lässt. Dies kostet sie leider eine Freundschaft mehr. Generell geht es ihr nicht sehr besonders nach der Abfuhr ihres Sohnes. Clean sieht jedenfalls anders aus. Aber sie redet mit Rios drüber, eventuell ist dies ein erster Schritt in die Rehabilitierung der Raffi Musiker.
Narek, Rizzo und Soji
Kommen wir gleich zum schlechten Teil: Narissa Rizzo (Peyton List) ist immer noch so unterhaltsam wie Prinz Valium aus Spaceballs. Sie taugt als Antagonistin einfach nicht. Und obwohl die Chemie zwischen Narek (Harry Treadaway) und Soji auch alles andere als glaubwürdig ist, kommen die beiden hier endlich zum Höhepunkt. Narek legt seine wahren Absichten offen und erzählt Soji, sie wäre nicht echt. Sein echter Name ist angeblich Hrai Yan – ob dies wirklich so ist oder nur eine weitere Lüge erfahren wir nicht, aber in der Situation hat er es nicht mehr nötig zu lügen. Die Geschwister haben, was sie wollen, nämlich Anhaltspunkte für die Heimatwelt der Androiden.
Der Tötungsversuch schlägt natürlich in bester Superschurkenmanier fehl, als Soji (Isa Briones) einfach ein Loch in den Boden schlägt. Damit hätte man aber rechnen können. Die Art der Waffe in Verbindung mit der Strahlung erinnert an Star Trek: Nemesis, auch wenn Art des Behälters und die Strahlung selbst unterschiedlich sind, ist es doch die gleiche Vorgehensweise. Nette Anspielung. Narek scheint in der Tat Gefühle für sie zu haben, aber seine Loyalität dem Tal Shiar gegenüber und ihrer Mission ist größer.
Es kommt zusammen, was zusammen gehört
Soji scheint es zu reichen, dass Picard die Kette ihrer Schwester hat. Ihr Misstrauen verschwindet rasch. Aber was will sie auch machen? Alleine hätte sie keine Chance und Picard ist zumindest kein Romulaner. In so einer Situation wäre ich wahrscheinlich auch erst mal misstrauisch gegenüber allen Romulanern auf dem Kubus. Und man musste die beiden halt zusammenbringen, damit sie den drohenden Genozid aufhalten können. Es wurde ja vorher schon deutlich, dass es noch mehr von der Art Sojis gibt und dass diese das Ziel des Tal Shiar sind.
The obvious tension between you makes me uneasy.
-Elnor
Fazit zu Die Geheimnisvolle Box
Na bitte. Picard nimmt endlich Fahrt auf und liefert die beste Folge seit dem Piloten ab. Schade, dass es trotzdem wieder einige Schwächen gab und Elnor nur als Stichwortgeber fungieren durfte. Mal abgesehen vom Ende, wo er erneut Picard rettet. Die Nebenschauplätze sind präsent aber in den Hintergrund gerückt, den Ton geben Picard, Soji und Hugh an, aber der Rest vom Ensemble darf zumindest auch seine Szenen haben und vor allem nicht nur in seiner Beziehung zu Picard glänzen. Ein paar Äußerungen von Hugh lassen darauf schließen, dass die xB immer noch nicht frei sind, sondern jetzt eben unter romulanischer Herrschaft stehen und Picard derjenige sein wird (oder sein könnte), der die Borg endlich befreit. Wäre definitiv ein interessanter Höhepunkt für die erste Staffel.
Der Titel
Dieser ist auf mehreren Ebenen bedeutsam. Zum einen kann „The Impossible Box“ natürlich auf das Spielzeug von Narek gedeutet werden, eine Puzzlebox ähnlich der aus der Hellraiser-Filmreihe. Auch der Borgwürfel kann damit gemeint sein, denn er ist eine große Box mit vielen Geheimnissen, wie man ja vor allem am Ende gut sehen kann. Und auch Soji kann metaphorisch als eine solche Box angesehen werden, denn es geht ja um die Geheimnisse, die in ihr schlummern.
Die deutsche Version Die Geheimnisvolle Box kommt dem Originaltitel schon recht nahe, übersetzt aber „impossible“ (unmöglich) mit „geheimnisvoll“, was zwar weniger subtil, aber treffender ist.
Fun Facts
- Soji träumt von sich als Holzpuppe. Dies ist ein dezenter Wink auf Data (und andere künstliche Lebensformen), der ebenso wie Pinocchio ein „echter Junge“ werden wollte.
- Hugh erzählt Picard von den Sikarianern. Diese kamen bereits in der Voyager-Folge Das oberste Gesetz vor und besitzen eine Trajektortechnologie, die immense Entfernungen überbrücken kann.
- Das Bild von Locutus ist spiegelverkehrt, damit der gewünschte Effekt der Überlagerung aus der Sicht des Zuschauers funktioniert.
- Mit 54 Minuten ist Die Geheimnisvolle Box die bislang längste Folge.
- Soji hat eine Lunchbox von „Flotter“ – einer Kindergeschichte, die Naomi Wildman auf der Voyager auf dem Holodeck spielt.
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