Butlers Djihand markiert den Auftakt zur Prequel-Reihe „Der Wüstenplanet – Die Legende“.
Wie viel SciFi steckt eigentlich in der DUNE-Saga?
Gute Frage. Erstaunlich wenig, wenn man diesen ersten Band der Saga nimmt. Am besten lässt sich der Auftakt zur Vorgeschichte zum Wüstenplaneten als Mischung aus SciFi und Fantasy sehen.
Die Erde ist vom intelligenten Robotgehirn OMNIUS besetzt, der die Menschen dort versklavt hat. Möglich wurde der Aufstieg des sich selbst bewussten Netzwerks durch 20 Menschen, die sogenannten TITANEN, die mittlerweile nur noch als reine Gehirne in wechselbaren Roboterkörpern stecken.
Die freien Planeten und OMNIUS liegen seit etwa 1000 Jahren im Krieg. Inmitten dieses Krieges erleben wir als Leser die Ursprünge der Raumfahrergilde, die Erfindung der Schildtechnik, den Beginn des Hauses Atreides und dergleichen mit.
Durch den Mord eines Roboters an einem Menschenkind – dem Sohn der einst freien Adligen Serena Butler – wird der Sklavenaufstand gegen OMNIUS und der heiße Krieg gegen die Maschinen und ihre synchronisierten Welten entfacht.
Viele Leser bemängeln die angeblich unterirdische Qualität dieser Prequels. Und hier kann man deutlich widersprechen. Auch wenn ich gleich einige Schwächen und Denkfehler nennen werde, darf man vorweg sagen, dass es sich hier um einen ordentlich lesbaren und unterhaltsamen Roman handelt. Keinen Überflieger, natürlich nicht, und im direkten Vergleich zu Frank Herberts Ursprungsroman DUNE kann dieses Werk selbstredend nur verlieren. Geht man aber ohne zu große Erwartungen an das Druckwerk, bekommt man ca. 700 Romantextseiten, die ihr Geld durchaus wert sind.
Schmerzlich vermisst habe ich Dinge wie Größenangaben bei den Raumschiffen, Funktionsweise von Waffensystemen und welche verwendet werden und andere elementare Dinge, die die Immersion stark erhöht hätten. Insgesamt ist die Technik stiefmütterlich behandelt worden. Schade.
Noch deutlicher und tatsächlich störender sind fehlende Entfernungsangaben der Planetensysteme zueinander und NULL Infos zu den verwendeten Überlichtantrieben. Und gerade die Fluggeschwindigkeit wäre hier wichtig gewesen, wird doch am Ende der Trilogie der zeitverlustfreie Flug per Raumfaltung eingeführt. Zudem liest es sich seltsam distanziert, wenn OMNIUS ein System überfällt und die entsendeten Helfer Wochen für den Flug brauchen. Wie viel spannender hätte man die wenigen, sehr sterilen geschilderten Raumschlachten schildern können, wäre die Hilfe durch andere Systeme ein Wettrennen gegen die Zeit gewesen.
OMNIUS selber ist noch mehr ein Rätsel. Da es keinen Überlichtfunk gibt, muss das Robotnetzwerk stetig geupdated werden durch Raumschiffe mit den neuesten OMNIUS-Kopien. Warum sich OMNIUS allerdings menschliche Sklaven hält, ist eher unlogisch. Ebenso, dass sich das intelligente Roboternetzwerk nur auf von Menschen bewohnten Planeten verbreitet. Ja, OMNIUS hat in seiner Grundprogrammierung den Willen zur Eroberung als Motivation, soweit okay. Warum aber baut das Netzwerk keine für Menschen unbewohnbaren Planeten zu Werftstützpunkten aus und greift mit kurzer Angriffsflugzeit von dort aus an? Einem solchen logisch fundierten Vorgehen dürften die freien Menschenwelten nicht 1000 Jahre standhalten.
Die Stärken des Romans
Seine Stärke entfaltet der Roman, sobald es um die Schilderung sozialer Strukturen und die Entwicklung der verschiedenen Adelshäuser und Gruppierungen im DUNE-Universum geht. Auch wenn die zuweilen sehr vielen Figuren wenig Platz für Charakterentwicklung bekommen, kann man oft schon ahnen, aus wem die Navigatorengilde und wem die Bene Gesserit, die man aus DER WÜSTENPLANET kennt, entspringen wird. Das WIE ist hier der Spannungspunkt.
Der Wüstenplanet DUNE spielt im vorliegenden Band nur eine sehr untergeordnete Nebenrolle und lässt nur seine zukünftige zentrale Stelle im Serienuniversum erahnen. Auch das kann man zu Recht als schade bezeichnen. Immerhin wird uns hier gezeigt, wie der erste Sandwurm gezähmt wurde. Daneben wird das Spice als Droge gefunden beziehungsweise erste Verwendungsmöglichkeiten gezeigt.
Was mich allerdings am meisten stört, nachbetrachtet, ist die Ansammlung von Wurzeln von Entwicklungen, die erst in Frank Herberts Werk kulminieren. Wie wahrscheinlich ist es bitte, dass alle Gruppierungen und Adelshäuser und auch technischen wie sozialen Entwicklungen an EINEM Geschichtszeitpunkt entspringen? Und zwar weitestgehend isoliert voneinander.
Ein sehr zentraler Punkt des Romans geht seltsamerweise ein wenig unter: Sklaven.
Die Zensunni, Zenschiiten usw., also alles Strömungen des Buddhislam, sind Menschen, die gerne primitiv und weitestgehend gewaltfrei leben. Diese haben sich, als OMNIUS die Macht an sich riss, nicht an den Verteidigungskämpfen beteiligt, sondern sind geflohen.
Dies wird von einigen der freien Welten als unvergeltbare Schuld an der Menschheit gedeutet und somit werden die Zen-Jünger als Untermenschen und damit Sklaven gesehen und behandelt. Selbst als Organbanken für Körperersatzteile werden diese Menschen entrechtet und ausgebeutet.
Hier kommt die zentrale Frage ins Spiel: Inwieweit unterscheidet sich eine von OMNIUS versklavte Menschheit noch von einer von Menschen versklavten Menschheit?
Und wieso ist der Befreiungskampf gegen OMNIUS wichtiger als der, die Sklaverei auf den freien Welten zu beenden?
Alles in allem also wie eingangs erwähnt ein solides SF-/Fantasy-Abenteuer. Am Ende der Wertung bleiben 6 von 10 Sternen. Zu 7 hat es einfach nicht reichen wollen, wenngleich das Potential da war.
Autor: Brian Herbert, Kevin J. Anderson
Titel: Der Wüstenplanet – Die Legende 1: Butlers Djihad
Originaltitel: The Butlerian Jihad
Übersetzer: Bernhard Kempen
Verlag: Heyne
Erschienen: 11/2016
Einband: eBook
ISBN: 978-3-641-21018-2
Sonstige Informationen:
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