Galadriel wird zu Treibgut.
Jede Menge Ereignisse
Nachdem Galadriel (Morfydd Clark) das Boot nach Valinor verlassen hat, schwimmt sie lange allein durchs Meer, bis sie von Schiffbrüchigen aufgesammelt wird. Diese sind auf der Flucht vor einer enormen Gefahr. Unterdessen versucht Elrond (Robert Aramayo), die Zwerge für sein Projekt um Hilfe zu bitten. Doch er wird an dem Tor zu Khazad-dûm rüde abgewiesen.
Nori (Markella Kavenagh) findet in dem Krater des vom Himmel gefallenen Steins einen mysteriösen Menschen (Daniel Weyman), der nicht ihre Sprache zu sprechen scheint und der über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügt. Und Arondir (Ismael Cruz Córdova) und Bronwyn (Nazanin Boniadi) finden in den Trümmern des niedergebrannten Dorfes keine Toten oder Lebendige, dafür aber einen Tunnel, den der Elf untersucht. Sie selbst versucht, die anderen Dorfbewohner dazu zu animieren, zu fliehen, stößt allerdings auf nicht sonderlich viel Begeisterung.
Jetzt, da Schatten der Vergangenheit vorbei ist, kann die Serienhandlung Fahrt aufnehmen. Was sie mit Treibgut auch tut. Die diversen Plots machen genügend Fortschritt, um den Zuschauer an der Stange zu halten.
Viele verschiedene Plottöne
Dabei zeigt sich die Folge als äußerst vielfältig, was den Tonfall angeht. Der Besuch Elronds bei den Zwergen hat starke humoristische Untertöne, der Plot um den mysteriösen Fremden bei den Harfüßen wirkt rätselhaft, Galadriels Abenteuer haben etwas von einem Überlebensdrama, derweil Arondir und Bronwyns Erlebnisse stellenweise wie ein Horrorfilm wirken. Es ist ein interessantes Nebeneinander verschiedener Töne, das aber dennoch ein harmonisches Gesamtbild ergibt.
Interessant sind dabei alle Handlungen von Treibgut, wenn auch aus ihren jeweils eigenen Gründen. Bei Nori ist es das Mysterium um den Fremden. Er scheint das Feuer und/oder Licht zu kontrollieren, spricht in einer nicht verständlichen Sprache und ist anscheinend auf der Suche nach einer bestimmten Sternenkonstellation. Es ist unklar, was für ein Wesen er ist, ob er ein Geist ist, einer der Zauberer oder etwas anderes.
Gleichzeitig wird die Folge auch genutzt, um ein wenig auf die Kultur der Harfüßer einzugehen. Es gibt eine Szene, in der sich Noris Vater seinen Fuß bricht, was für ein fahrendes Volk, wie es anscheinend die Harfüßer sind, natürlich alles andere als gut ist. So gilt die ernste Frage, ob es die Familie Brandyfuß überhaupt schafft, mit den anderen mitzuhalten. Klar wird dabei, dass, wenn dies nicht der Fall ist, es für die Familie nicht gut aussieht.
Das Dunkle ist noch da
Auch Galadriels Erlebnisse in Treibgut sind interessant. Sie stößt dabei auf Flüchtlinge aus den Südlanden, die vor den Orks auf der Flucht sind. Hierbei zeigt sich, wie sehr die Elfin darauf fokussiert ist, Sauron und seine Heerscharen zu jagen, sodass sie die Menschen versucht davon zu überzeugen, sie in ihre Heimat zurückzubringen. Allerdings sieht man auch hier wieder den Argwohn, den die Menschen gegenüber den Elfen hegen, der dazu führt, dass die Flüchtlinge sie, als sie in Gefahr geraten, über Bord werfen. Dabei machen alle mit, bis auf einen Mann, der das ganze Geschehen eher beobachtet, als mitzumachen und der am Ende sogar Galadriel hilft. Was zeigt, dass der Hass nicht überall Wurzeln geschlagen hat.
Spannend und gruselig geht es in den Südlanden zu, wo man zum ersten Mal in Der Herr der Ringe: Die Ringe der Macht einen Ork sieht. Auch sonst macht sich in diesem Plot die Präsenz dieses dunklen Volkes bemerkbar. Dabei greift diese Handlung auf die Tugenden von diversen Horrorfilmen zurück, dass man die Gefahr überwiegend nur hört, aber nie direkt sieht. Wobei der Moment, wo man das erste Mal einen Ork in ganzer „Pracht“ erblickt, auch nicht schlecht inszeniert worden ist.
In jedem Fall ist die Präsenz des Orks in Treibgut der erste direkte Nachweis, dass die dunklen Mächte immer noch auf Mittelerde präsent sind. Wobei man nicht weiß, ob sie alleine agieren oder unter dem Kommando einer höheren Autorität stehen. So oder so wird durch ihr Auftauchen in diesem Fall für jede Menge Spannung gesorgt, einfach, weil man wissen möchte, was hier als Nächstes geschieht. Und inwiefern ihr Auftauchen im Zusammenhang mit dem mysteriösen zerbrochenen Schwert steht, welches Bronwyns Sohn gefunden hat, und dass sich anscheinend von seinem eigenen Blut ernährt.
Welch wunderbare Vielfalt
Elronds Besuch in Khazad-dûm mag zwar humorig inszeniert worden sein, einfach weil die Zwerge herrlich exzentrisch dargestellt werden. Doch gleichzeitig hat diese Handlung ernste Untertöne. Es wird einmal mehr angedeutet, dass Elfen Zeit einen anderen Wert beimessen als andere Völker. Ebenso ist zu sehen, dass die Zwerge ein engstirniges Volk sein können, denen aber Familie und Freundschaft über alles geht, und dass Durin, der Sohn von König Durin III, anscheinend auf Letzteres auch Wert legt.
Das Ritual, dieser Wettstreit zwischen Durin und Elrond, dient nur der Aufhübschung dieses Plots. Aber es funktioniert, weil hier dann der Humor zum Tragen kommt. Man amüsiert sich darüber, wie die Zwergen die Elfen behandeln, wie Durins Vorhaben, dass Elrond nicht zum Abendessen bleibt, von seiner Ehefrau Disa sofort ausgehebelt wird. Und man ist erstaunt, wie vielfältig das Zwergenvolk dargestellt wird.
Letzteres ist natürlich erneut ein Faktor, bei dem sich viele Fans aufgeregt haben. Aber wenn ich ehrlich sein soll, gefällt mir diese lebendige und vielfältige Darstellung – wie die Zwergen in Khazad-dûm leben, wie Zwergenfrauen aussehen und welche Hautfarben vertreten – besser als das, was man in den ganzen Verfilmungen gesehen hat. Hier merkt man in Treibgut wirklich, dass die Serie viel Geld gekostet hat. Aber es war gut angelegtes Geld.
Es ist wieder eine exzellente Folge.
Info
Drehbuch: Gennifer Hutchison
Showrunner: J. D. Payne & Patrick McKay
Regie: J. A. Bayona
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Also so positiv habe ich diese Serie gar nicht empfunden. Ich fand vieles lahm und wenig logisch. Da waren die Filme um Längen besser. Aber jedem sein Geschmack, logo.