Jeffrey Langs und David Weddles »Star Trek – Deep Space Nine 8.03: Der Abgrund« führt Julian Bashir in Versuchung.

Star Trek Deep Space Nine 03 - Der Abgrund (Jeffrey Lang, David Weddle)

Der Doktor und die Organisation

Von allen Figuren aus der »Deep Space Nine«-Fernsehserie, durchlief Julian Bashir die vielleicht interessanteste Entwicklung. Kam er ursprünglich als naiver Arzt auf die Station, stellte sich später heraus, dass er in Wahrheit genetisch optimiert worden und seine Naivität teilweise nur vorgespielt war. Was in der Zukunft von »Star Trek« verboten ist, angesichts der Gräueltaten eines Khan Noonnien Singhs auf der Erde zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

In der TV-Serie lernte man außerdem auch die ominöse Sektion 31 kennen. Jene geheimnisvolle Schattenorganisation, die sich nicht davor scheute, sich die Hände schmutzig zu machen, um die Föderation zu schützen. Ihre moralisch fragwürdigen Aktionen trugen mit dazu bei, dass der Dominionkrieg gewonnen wurde. Gleichzeitig wurde diese Organisation auf verschiedene Art und Weise in den »Enterprise« und »Discovery«-Reihen thematisiert.

Bashir und die Sektion 31 sind im Laufe der TV-Serie diverse Male miteinander in Verbindung geraten.

Eine Reihe, die keine Reihe ist

All diese Aspekte greifen Jeffrey Lang und David Weddle in ihrem Roman »Deep Space Nine: Der Abgrund« auf. Dabei ist das Buch im Prinzip Teil einer thematischen Reihe, deren andere Bände jedoch nur in den USA erschienen sind. Es ist jedoch nicht notwendig, die anderen Teile gelesen zu haben, da alle für sich alleine stehen.

Jeffrey Lang ist ein erfahrener »Star Trek«-Autor, der seit 1999 Geschichten für dieses Universum schreibt. Zusammen mit dem Schauspieler J. G. Hertzler verfasste er die hierzulande nicht veröffentlichte »The Left Hand of Destiny«-Story. Ansonsten ist über ihn nur bekannt, dass er in Bala Cynwyd, Pennsylvania lebt, gemeinsam mit seiner Partnerin Helen und seinem Sohn Andrew.

David Weddle hingegen schrieb mehrere DS9-Episoden. Dies tat er immer zusammen mit Bradley Thompson, wobei die Lieblingsepisode der beiden »Inquisition« war, die den Erstauftritt von Sektion 31 markierte. Außerdem war er Autor, Executive Story Editor und Co-Produzent bei Ronald D. Moores »Battlestar Galactica«. Er war ein großer Fan und Freund des legendären Regisseurs Sam Peckinpah.

Wenn man in den Abgrund schaut

Ethan Locken ist ein vielversprechender Wissenschaftler, der genau wie Julian Bashir, genetisch aufgewertet wurde. Und genau wie der Doktor war er für Sektion 31 tätig, bis er bei einer heiklen Mission sämtliche Brücken zu der Organisation abbrach. Denn was er am Ziel der Mission vorfand, gab ihm die Möglichkeit, seinem Vorbild Khan Noonien Singh nachzueifern.

Julian Bashir soll die Angelegenheit klären. Widerwillig überzeugt bricht er gemeinsam mit Ezri Dax, Ro Laren und Taran‘atar auf, um diesem Wissenschaftler das Handwerk zu legen. Doch kann der Doktor überhaupt dem Charme und dem Charisma von Dr. Locken widerstehen?

Jeffrey Lang und David Weddle haben den Titel des Buches »Der Abgrund« bewusst gewählt. Die Phrase entstammt einer Aussage des Philosophen Nietzsche, der einst sagte, dass wenn jemand lange in einen Abgrund schauen würde, dieser irgendwann auch in einen selbst schauen würde. Dabei steht der Begriff für die dunklen Seiten der eigenen Persönlichkeit, die man in sich selbst vergraben hat.

Überlegenheit?

Im Falle von Julian Bashir war es die Tatsache, dass er genetisch aufgewertet wurde und damit in vielen Belangen einem normalen Wesen überlegen ist. Im Alltag ließ sich der Arzt das nicht anmerken. Sogar nachdem sein Geheimnis enthüllt wurde, interagierte er vollkommen natürlich mit seinen Kollegen und Freunden. Von einem Überlegenheitskomplex war nichts zu spüren. Doch die Interaktion mit Locken spricht in ihm eine Seite an, die davon nichts hält und verstärkt an die eigene Überlegenheit glaubt.

Dabei stellt Ethan Locken sozusagen das Spiegelbild und Vorbild des Doktors dar. Genau wie er ist er genetisch aufgewertet. Anders als der Arzt kennt er jedoch keine Zurückhaltung. Er ist von sich und seiner Überlegenheit selbst überzeugt und versucht Bashir quasi dazu zu verführen, sich mit ihm zusammenzutun und seinen teuflischen Plan, die Galaxie mit selbst gezüchteten Jem‘Hadar zu erobern, in die Tat umzusetzen. Als Leser spürt man sein Charisma, bekommt aber auch genügend Momente geboten, in denen die charakterlichen Schwächen des Wissenschaftlers betont werden. Dadurch wird verhindert, dass er einen zu sehr für sich einnimmt.

Dabei sorgen die Ereignisse auf der Welt, auf der sich Locken befindet, dafür, dass jede Figur etwas zu tun hat und sich weiterentwickeln kann. Taran‘atar begegnet den Jem‘Hadar von Dr. Locken und gewinnt dabei wichtige Erkenntnisse über sich selbst und die Mission, die ihm Odo auferlegte. Ro Laren hingegen begegnet quasi ihrer Vergangenheit und erkennt, wie sehr sie sich seitdem verändert hat. Derweil Ezri Dax mehr über sich selbst und ihre Beziehung zu Julian Bashir lernt.

Nicht ganz perfekt

Der Roman ist spannend und abwechslungsreich geschrieben. Vor allem die Passagen, in denen Ethan Locken und Julian Bashir miteinander agieren, sind grandios geworden. Die ganze Zeit stellt sich dabei die Frage, ob es dem Wissenschaftler gelingt, den Doktor davon zu überzeugen, sich ihm anzuschließen. Die Geschichte an sich ist düster, aber gleichzeitig nicht zu düster, mit einem packenden Finale. Nur das Ende weiß nicht so recht zu gefallen. Denn das ist ein Wohlfühlende geworden, wo so mancher Plot im Guten endet. Allerdings beißt sich das total mit dem Rest des Buches. Doch das ist nur ein kleiner Wermutstropfen in einem insgesamt grandiosen Roman!

Das Cover des Buches stammt hierzulande von Martin Frei. Und im redaktionellen Anhang beschäftigt sich Julian Wangler mit futuristischen Tabuthemen.

Bewertung 14/15

Autor: Jeffrey Lang, David Weddle
Titel: Star Trek – Deep Space Nine 03: Der Abgrund
Teil/Band der Reihe: Star Trek – Deep Space Nine 03
Originaltitel: Star Trek – Deep Space Nine: Section 31 – Abyss
Übersetzer: Christian Humberg
Verlag: Cross Cult
Erschienen: 04/2010
Einband: Taschenbuch
Seiten: 288
ISBN: 978-3-959819-13-8
Sonstige Informationen:
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Götz Piesbergen

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