„Das Tribunal“ wartet auf Miles O’Brien.
Ein Urlaub, der im Gefängnis endet
Etwas Unmögliches geschieht: Der Chief fliegt in den Urlaub. Doch ehe es soweit ist, nervt er alle mit einer ganzen Menge an Anweisungen in der letzten Minute. Als er sich endlich auf den Weg zum Shuttle macht, trifft er unterwegs plötzlich einen alten Bekannten, einen Mann mit dem Namen Boone, mit dem er gemeinsam auf der Rutledge diente. Doch seine Bekanntschaft hat inzwischen die Sternenflotte verlassen. Miles O’Brien (Colm Meaney) verabschiedet sich von diesem nach einem kurzen Gespräch, da er seine Frau Keiko (Rosalind Chao) nicht mehr länger warten lassen möchte. Was er allerdings nicht weiß, ist, dass sein „Freund“ seine Stimme aufgenommen hat.
Unterwegs gibt es anfänglich etwas Streit zwischen den Ehepartnern O’Brien, weil er sich Arbeit mitgenommen und die Holocam zu Hause vergessen hat. Doch als beide sich näher kommen, ist das egal. Plötzlich werden sie von einem cardassianischen Schiff gestoppt. Offiziere des anderen Raumschiffes beamen sich an Bord und nehmen Miles nach einem kurzen Handgemenge fest, wegen eines Verbrechens, von dem er nichts erfährt.
Der Chief wird auf Cardassia gefoltert. Ihm wird ein Haarbüschel abgeschnitten und ein Backenzahn ohne Betäubung gezogen. Erst Chefarchon Makabar kann Schlimmeres verhindern. Sie informiert ihn freundlich, dass sein Prozess in zwei Tagen beginnt und dass ihm ein Konservator mit dem Namen Kovat zur Seite gestellt wird. Doch auch sie kann und will ihm nicht erzählen, was ihm vorgeworfen wird.
Schuldig, ehe das Urteil gesprochen ist
Keiko ist inzwischen zurück auf Deep Space Nine, wo ihr Commander Sisko (Avery Brooks) erzählt, was die Föderation bislang unternommen hat, als Reaktion auf die Entführung ihres Mannes. Nur ist ihr das zu wenig. Der kommandierende Offizier der Raumstation verspricht ihr, alles Mögliche zu unternehmen, um Miles zu retten.
Da meldet sich Archon Makabar via Subraum. Sie erzählt, dass sie das cardassianische Imperium im Prozess gegen Miles O’Brien vertritt. Auf Nachfragen, was dem Chief vorgeworfen wird, meint sie nur, dass Anklage erst dann erfolgt, wenn die Verhandlung beginnt. Außerdem wurde bereits jetzt schon das Urteil gefällt und Miles für schuldig gesprochen. Da meldet sich Odo (René Auberjonois) zu Wort und kann die Archon überreden, dass er dem Prozess als Nestor beiwohnen kann.
Während er und Keiko sich auf dem Weg nach Cardassia machen, untersucht die Besatzung die letzten Aktivitäten von Miles O’Brien. Sie finden heraus, dass aus einem Waffenlager sämtliche Photonensprengköpfe gestohlen worden sind. Es gibt Hinweise darauf, dass der Chief der Schuldige sein könnte, was sie alle jedoch nicht glauben. Die Sache soll näher untersucht werden.
Keine Kooperation
Der Chief trifft derweil seinen Anwalt, den Konservator Kovat. Doch dessen Rolle ist anders, als O’Brien es von der Föderation gewohnt ist. Seine Funktion ist es vielmehr, den Angeklagten auf das Unvermeidliche vorzubereiten und zu beweisen, dass die cardassianische Justiz funktioniert. Kurze Zeit später wird er von Odo besucht, der ihn über die aktuellen Entwicklungen unterrichtet.
Auf Deep Space Nine laufen die Untersuchungen auf vollen Touren. Schließlich finden sie heraus, dass Boone hinter allem stecken könnte. Er wird gestellt und befragt. Dabei finden sie den entscheidenden Hinweis, der die Unschuld von Miles O’Brien beweisen kann.
Der Prozess gegen den Chief verläuft nicht ganz so, wie die Cardassianer es erwarten. Er kooperiert nicht und weigert sich, seine Schuld zu bekennen. Auch Versuche, ihn über seine Frau Keiko zu einem Schuldbekenntnis zu bewegen, scheitern. Allerdings werden neue Beweise vor dem Gericht nicht zugelassen. Genauso wenig kann Odo etwas erreichen, da seine Bemühungen deutlich machen, dass er die cardassianische Justiz doch nicht so gut zu kennen scheint. Das Ende scheint absehbar, bis Commander Sisko mit Boone im Schlepptau eintrifft. Angesichts dessen wird der Chief auf eine verquere Art freigesprochen.
Eine besonders inhaltsdichte Episode
Auf dem Rückweg nach Deep Space Nine erklärt Benjamin Sisko, dass Boone in Wahrheit ein Cardassianer war, der vor Jahren zu einem Menschen umoperiert wurde. Der Prozess war ein Plan, die Föderation zu diskreditieren und zu Zugeständnissen zu bewegen. Nachdem die Affäre geklärt ist, können Miles und Keiko ihren Urlaub ungestört antreten.
Mit “Das Tribunal” hat jetzt Star Trek – Deep Space Nine erneut eine besonders inhaltsdichte Episode ausgestrahlt. Es ist unglaublich, wie viel Handlung in die grob 45 Minuten gequetscht wurde. Daraus würde heute vermutlich gleich eine ganze Staffel gemacht werden.
Scherz beiseite: Zum ersten Mal in Deep Space Nine erfährt man mehr über die Cardassianer und ihre Gesellschaft. Es sind interessante Einblicke. So wird auf dem Planeten ständig Propaganda ausgestrahlt. Bei den Szenen, in denen man sich im Offenen befand, sind Bildschirme zu sehen, die Ansprachen und Ähnliches ausstrahlten.
Der Chief steht im Fokus
Auch der Prozess dient in “Das Tribunal” diesem Zweck. Dinge, wie die Tatsache, dass das Urteil schon feststeht, der Konservator nur dazu da ist, den Schuldspruch mit dem Angeklagten in Einklang zu bringen oder dass die Anklage erst dann bekanntgegeben wird, wenn das Verfahren beginnt, machen klar, dass die Verhandlung nicht fair sein wird. Im Prinzip ist der Beklagte schuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist. Wobei selbst dies in der cardassianischen Justiz nicht vorgesehen ist.
Dabei ist die cardassianische Definition von Gerechtigkeit nicht gänzlich unbekannt. Bereits in der TNG-Episode „Geheime Mission auf Celtis Drei, Teil II“ konnte man sehen, wie bestimmte Vertreter dieser Spezies vorgehen, um an das Gewünschte zu gelangen. Dass das alles andere als gerecht war, war egal. Und dieses Thema wiederholt sich eben hier in „Das Tribunal“.
Es ist dabei eine Episode, die sich vor allem auf Miles O’Brien fokussiert. Er ist der zentrale Charakter, um den sich alles dreht. Man lernt viel über ihn, über seine Liebe zu Keiko O’Brien, aber ebenso über seine Workaholic-Mentalität, die dazu führt, dass er bis zur letzten Sekunde noch Anweisungen gibt und sich für den Urlaub dann auch noch Arbeitslektüre mitnimmt. Während seiner Gefangenschaft sehen wir anschließend seinen unbeugsamen Willen, weil er trotz aller Widrigkeiten an seine Unschuld glaubt.
Ein ungewöhnliches Justizsystem
Doch auch seine Frau hat starke Momente in „Das Tribunal“. Wie etwa die, als sie sich partout weigert, Miles als jemanden darzustellen, der sie in der Ehe schlägt. Oder ihre Unzufriedenheit über die Maßnahmen der Sternenflotte. Hier zeigt Rosalind Chao gute Arbeit.
Wer auch einen guten Job macht, ist der Darsteller des Konservators Kovat. Fritz Weaver stellt den Charakter dar, der fest an das cardassianische System glaubt. Ein alter, jovialer Mann, der aus allen Wolken fällt, als er am Ende der Episode den Fall gewinnt, weil das für ihn vermutlich das Todesurteil ist.
Was einem auffällt, ist die ungewöhnliche Ahnungslosigkeit von Odo. Zuerst mischt er sich ein, weil er helfen will. Da lässt er noch etwas Ahnung von dem cardassianischen Justizsystem aufblitzen. Doch sobald es zur Verhandlung kommt, wirkt es so, als ob all sein Wissen nicht mehr vorhanden ist, als ob das vorher nur Lug und Trug war, um irgendwie helfen zu können. Was für den Sicherheitsoffizier von Deep Space Nine doch sehr ungewöhnlich ist.
Ein Debütant auf dem Regiestuhl
Ebenso wäre es interessant zu wissen, ob Boone jetzt nur für den Einsatz mit Miles O’Brien aktiviert wurde oder ob er auch schon vorher für seine Heimat Dinge beeinflusst hat. Es wäre alles, nur nicht nachvollziehbar, dass er all die Jahre still geblieben ist, nur um jetzt für dieses eine Mal aktiv zu werden. Das passt nicht so recht zusammen.
Dennoch ist „Das Tribunal“ eine gute Episode. Im Übrigen heißt die Folge auf Englisch schlicht „Tribunal“, ist also namensgleich mit der Deutschen. Dies ist übrigens das Regiedebüt von Benjamin Sisko-Darsteller Avery Brooks.
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