In diesem recht frühen Werk entführt uns Madeleine Puljic in eine Millionenstadt der sehr düsteren Zukunft – dort wütet Das Unglück Mensch
Zur Handlung
Das Unglück Mensch spielt im Stadt-Moloch Noryak, einer Millionenstadt in gefühlt nicht allzu ferner Zukunft. Die Gesellschaft hat sich in mehrere Schichten gespalten, wobei die Oberschicht durch Gentechnik optimiert oder gleich komplett durch diese erschaffen wurde. Diese „Optimierten“ leben ganz oben in hohen Wohntürmen und genießen den größtmöglichen Luxus, wobei dieser je nach Grad der Optimierung abgestuft ist.
Die Unterschicht, die sogenannten „Natürlichen“, sind auf klassische Weise gezeugt und geboren. Sie werden von den Optimierten und Klonen als minderwertige Arbeitskräfte in Fabriken mit – sagen wir mal vernachlässigten Arbeitssicherheitsvorschriften – eingesetzt. Die Opfer der Bedingungen – Tote oder Verstümmelte – sind reine Zahlen und werden schlicht ersetzt. Außerdem lebt im Untergrund, tief unter der Stadt, der Bodensatz der Gesellschaft: Menschen, die ihr Antlitz verhüllen, in den Tunneln der Stadt vegetieren und sich Puristen nennen. Angeführt von einem Mann namens Xenos, der später vom jüngeren Haron herausgefordert wird.
Als dritte Partei, irgendwo dazwischen, existiert noch eine Art von christlicher Kirche, welche sich um die Ärmsten der Armen kümmert. Aber wie das bei christlichen Kirchen so üblich ist, hat vor allem das oberste Kloster Dreck am Stecken.
In diese schaurige Welt wurden auch der junge Priesternovize Atlan sowie die genoptimierte Niove geboren. Letztere ist die Tochter eines des größten finanziellen Förderers der Gen-Labore und somit eines Mannes, der den Spalt zwischen den Gesellschaftsschichten noch weiter auseinanderschiebt.
Als Atlan seine Priesterweihe erhalten hat und eine eigene Gemeinde übernimmt, bringt das Schicksal die beiden zusammen – Niove unterstützt Atlan heimlich dabei, den Schwächsten der Gesellschaft beizustehen.
Diese explosiven Voraussetzungen bewirken eine ebenso explosive Entwicklung, als die junge Frau von den Puristen unter Leitung von Haron entführt und getötet wird – gegen den Willen von Xenos. Xenos ist sich bewusst, dass der Tod des Mädchens der Auslöser für eine Katastrophe sein kann. Und genauso kommt es auch: ein blutiger Aufstand beginnt, in dessen Verlauf sich die Puristen gegen die Optimierten und Klone erheben, eines der großen Klon-Center sprengen und die Machtverhältnisse in allen Gesellschaftsschichten kräftig durcheinandergewirbelt werden.
Gedanken zu Das Unglück Mensch
Ich muss zugeben, dass ich mit den ersten fünfzig bis sechzig Seiten etwas kämpfen musste. Sehr viele unterschiedliche Figuren, ein Universum, in welches es hineinzufinden galt, eine extrem düstere Stimmung und Verhaltensweisen, die im ersten Moment schwer einzuordnen waren.
Danach allerdings gibt Madeleine Puljic mächtig Gas, führt Figuren zusammen, die Atmosphäre wird immer bedrohlicher und düsterer und sie spart auch nicht an Schockmomenten. Der grausame Höhepunkt ist dabei sicher der Tod von Niove.
Man könnte fast vermuten, dass die Autorin aufgrund ihres Perry Rhodan-Backgrounds auch das sogenannte „Voltzen“ dort gelernt bzw. abgeschaut hat, allerdings war sie beim Erscheinen von Das Unglück Mensch noch nicht im Team. Ach ja, bevor ich es vergesse…der Name des jungen Priesters erinnert natürlich ebenfalls ein ganz klein wenig an Perry Rhodan. Ein gewisser weißhaariger Kristallprinz lässt grüßen.
Spätestens ab der Mitte des Romans ist ein hohes Tempo erreicht, dramatische Wendungen und Intrigen geben sich die Klinke in die Hand und als Leser erlebt man eine ausgesprochen düstere, spannende und leider nicht ganz unrealistische Nahzukunft, welche einem das Grauen in die Hirnwindungen treiben kann.
Wirklich fasziniert hat mich das „Feeling“ beim Lesen. Ich ertappte mich bei den Schilderungen der Unterschicht immer wieder dabei, dass ich eher ein Mittelalterszenario vor Augen hatte als ein dystopisches Zukunftsbild. Wenn dann jemand zum Telefon greift oder die nächste Szene zur Oberschicht wechselt, war das für mich oft ein gewisser „Ach jaaaaa…“-Effekt. Genau das beschreibt aber auch, wie gut die Kluft zwischen den beiden Schichten dargestellt wird. Ein gesellschaftlicher Unterschied in größtmöglicher Ausprägung und leider – wie gesagt – nicht völlig unrealistisch.
Stärken und Schwächen
Ich fand den Roman sehr gelungen und war von meiner eigenen Neugier gezwungen, weiterzulesen, obwohl meine Frau den Fernseher anschmiss und wir eigentlich ein paar sabbernde Beißer ansehen wollten…Das Unglück Mensch war aber eindeutig spannender und besser als eine Wiederholung der 7. Staffel von The Walking Dead.
Die Charakterdarstellung und -entwicklung ist sicherlich eine der großen Stärken des Buches. So sind Charaktere wie Atlan oder Haron in ihren Motivationen und Handlungen absolut nachvollziehbar geschildert und tragen zur Stimmung ganz wesentlich bei.
Großartig fand ich übrigens auch den geschlagenen Bogen von Prolog zu Epilog. Das war für mich am Ende nochmal ein kleiner Wow-Effekt.
Wie gesagt, die ersten fünfzig, sechzig Seiten waren für mich eher anstrengend. Zwar wurde bereits dort die wirklich gelungene Charakterisierung der Figuren begonnen, aber ich musste schon ein wenig kämpfen. Das ist vermutlich auch der Grund, warum ich das Buch, nachdem ich es bereits Wochen zuvor angefangen und bis etwa Seite 30 gelesen hatte, wieder aus der Hand legte, nur um später nochmal von vorn zu beginnen. Im zweiten Anlauf war es trotzdem erneut mit Startschwierigkeiten verbunden, aber das Durchhalten hat sich gelohnt!
Empfehlung?
Wer Dystopien mit düsterer Stimmung, tollen Figuren und auch ein wenig Brutalität mag sollte unbedingt zugreifen! Das ist sicher nicht jedermanns Sache, aber wer dafür ein Faible hat ist mit Das Unglück Mensch absolut gut bedient. Erfreulicherweise erschien Teil 2 Unter den Narben nach längerer Wartezeit im Herbst 2020. Das offene Ende bleibt somit zum Glück nicht offen und wird nun fortgesetzt. Man darf sich darauf freuen.
Von mir gibt es eine eindeutige Leseempfehlung!
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Bewertung 11/15
Autor: Madeleine Puljic
Titel: Darwin’s Failure 1 – Das Unglück Mensch
Verlag: Greenlight Press
Erschienen: 08/2018
Einband: Taschenbuch
Seiten: 350
ISBN: 978-3-958-34294-1
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