In gefährlichen Gewässern zu navigieren kann gefährlich sein.
Die Rückkehr eines alten Bekannten
Von allen DC Comics-Charakteren kann Batman auf die längste und erfolgreichste Karriere als Trickserien-Figur zurückblicken. Nicht zuletzt die legendäre Animated Serie mit all ihren Nachfolgereihen, die von Bruce Timm gesteuert wurden, sind vor allem bei älteren Fans heutzutage unvergessen. Umso größer die Freude, als 2021 mit Batman: Caped Crusader die Rückkehr von Bruce Timm zum dunklen Ritter angekündigt wurde.
Bruce Timm selbst arbeitete als Showrunner, derweil er einen Writersroom versammelte, der mit Leuten besetzt war, die die Geschicke von Batman in den Comics maßgeblich prägten. Ed Brubaker war beispielsweise der Headwriter, während Greg Rucka das Drehbuch für die zweite Folge schrieb. Ihre jeweiligen Comicgeschichten sind übrigens noch heute Must-Reads.
Dabei konzipierte der Showrunner die Reihe von Anfang an anders, als die Animated Series. Er wollte in ihr eine Film Noir-Atmosphäre erzeugen, mit seriellem Storytelling und Geschichten, die einen Pulp- und Mystery-Flair hatten. Die Stories sollten sich dabei an den frühen Batman-Erzählungen aus den 1940er bis 1960ern orientieren.
Kampf der Bosse
Und ursprünglich sollte die Serie im August 2022 auf dem Streamingdienst HBO Max von Warner Bros. Discovery gezeigt werden. Doch dann änderten sich die Pläne und die Zeichentrickserie wurde woanders angeboten. Im März 2023 wurde schließlich bekannt, dass Amazon Prime zugeschlagen hatte und die Reihe gleich um eine weitere Season verlängerte. Bei der allerdings Ed Brubaker wegen des 2023er Streiks der Drehbuchautoren nicht mehr als Headwriter zurückkehren konnte.
Gotham City ist eine Stadt, in der die Korruption und Kriminalität allgegenwärtig ist. Die wenigen aufrechten Vertreter der Gerechtigkeit, wie Comissioner James Gordon (Eric Morgan Stuart) und seine Tochter, die Staatsanwältin Barbara Gordon (Krystal Joy Brown), sind in der Minderheit. Doch dann ist da noch der mysteriöse Batman (Hamish Linklater), der alles daran setzt, das Verbrechen mit seinen Mitteln zu bekämpfen.
Eine Person, die ihre Finger überall hat, ist Pinguin (Minnie Driver). Die Besitzerin der Iceberg Lounge, einem Boot, das vor Gotham ankert, bekämpft sich mit Rupert Thorne (Cedric Yarbrough), einem weiteren Mafiaboss, um die Macht über die Stadt. Und ist bei der Wahl ihrer Mittel alles andere als zimperlich, wie ihre Söhne feststellen dürfen. Sie scheint irgendwie dafür zu sorgen, dass wichtige Gebäude in der Stadt in die Luft fliegen. Allerdings ist unklar wie ihr das gelingt.
Anders und doch bekannt
Von Anfang an macht In Gefährlichen Gewässern klar, dass Batman: Caped Crusader anders sein wird, als die früheren Zeichentrickauftritte von Batman. Selbst Beware the Batman aus dem Jahr 2013 wirkt im Vergleich dazu schon fast eher konservativ. Denn der neue Auftritt des dunklen Ritters bricht mit vielen alten Traditionen.
Dazu zählt nicht nur, dass Pinguin jetzt eine Sie ist und Söhne hat. Sondern ebenfalls Sachen, wie, dass die Gordons Farbige sind – was garantiert irgendwelche Leute im Internet in Rage versetzt hat – und Barbara als Staatsanwältin arbeitet. Auch das Harvey Dent eindeutig korrupt ist, ist für viele, die die Batmanmythologie kennen, überraschend.
Doch dem gegenüber steht in In Gefährlichen Gewässern ein deutliches Bekenntnis zu den Wurzeln. Und das ist durchaus wortwörtlich zu nehmen. Das Aussehen von Batman orientiert sich sehr stark an dem Kostüm, dass er bei seinem allerersten Mal trug. Das Gotham, in dem die Serie stattfindet, ist eindeutig von dem Amerika der 1930er, 1940er Jahre inspiriert. Und Alfred Pennyworth seinerseits ist kein dünner, jovialer Mann, sondern etwas dicklich, was ebenfalls mit seinem Look bei seinem Comicdebüt übereinstimmt.
Es werden Sachen gewagt
Die Folge führt den Zuschauer von Anfang in das Geschehen, in die neue Umgebung ein. Das Handlungstempo ist, angesichts einer Laufzeit von 25 Minuten, natürlich hoch. Und trotzdem hat man nicht das Gefühl, dass hier Sachen übersprungen werden oder Charakterisierungen abgekürzt werden. Im Gegenteil: Es gibt mehr als genug Momente, wo aufmerksame Zuschauer belohnt werden und wo Sachen durch die Umgebung erklärt werden. Dass Harvey Bullock, der ein Spitzel für Pinguin ist, als einer der Ersten aus dem Polizeirevier flüchtet, als es von ihr bedroht wird und eine Gefangene gefesselt zurücklässt, zeigt, dass er vor allem ein feiger Opportunist ist. Derweil Barbara Gordon hier als eine mutige Person glänzen kann, die auch auf andere Rücksicht nimmt.
Die Charakterisierung von Oswalda Cobblepot in In Gefährlichen Gewässern ist auch ein Highlight. Es wird viel Zeit darauf verwendet, sie in all ihren Facetten zu präsentieren. Zu zeigen, dass machtorientiert agiert, keine Rücksicht auf Verluste nimmt und Skrupel nicht kennt. Was man ebenso daran erkennen kann, als sie einen ihrer Söhne kurzerhand, weil er sie verraten hat, von einem ihrer Handlanger in einen Schrankkoffer stecken lässt und diesen ins Wasser wirft. Einige Zeit später sieht man in einer Szene, wie der Koffer offen ist und ein Skelett hervorragt.
So etwas hätte man in der Animated Series nicht erwartet. Aber es passt auch zu dem veränderten Storytelling, zu den Möglichkeiten, die sich Bruce Timm jetzt bieten. Er kann mehr zeigen, mehr wagen und dieses Wagnis funktioniert wunderbar!
Wenn der Hauptcharakter kaum charakterisiert wird
Die Charakterisierungen der meisten Figuren stimmt perfekt. Selbst ein James Gordon, der nur wenige Zeilen kriegt, erhält bereits bereits jetzt viel Tiefe. Was ausgerechnet bei der Titelfigur in In Gefährlichen Gewässern nicht der Fall ist.
Bruce Timm hat die Serie bewusst so konzipiert, dass der Titelcharakter nicht im Mittelpunkt des Geschehens steht, sondern sich die Reihe auf die anderen Figuren fokussiert. Dass also der Hauptcharakter eher eine Randfigur ist, der zwar gute Auftritte kriegt, wenn er etwa die Bösen vermöbelt. Doch darf man von ihm nur selten tiefschürfende Charakterisierung erwarten, was schade ist. So wirkt die Figur und sein ziviles Alter Ego oberflächlich.
Aber das kann sich alles noch ändern. Die erste Staffel a zehn Folgen sind alle auf einen Schlag auf Amazon Prime herausgebracht worden. Und jetzt heißt es also die Episoden Bingen und sich auf die zweite Season freuen. Der hoffentlich alsbald eine dritte folgt. Denn In Gefährlichen Gewässern ist schon ein starker Auftakt.
Info
Drehbuch: Jase Ricci
Showrunner: Bruce Timm
Regie: Christina Sotta
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