Schwangerschaften gehören in dieser Utopie der Vergangenheit an.

Einmal Baby zum Mitnehmen

Der naturverbundene Botaniker Alvy (Chiwetel Ejiofor) und die karrierebewusste Rachel (Emilia Clarke) leben in einem New Yorker Smarthome. Die KI bestimmt ihr Leben, insbesondere das von Rachel, die für einen Technologiekonzern arbeitet. Alvy arbeitet dagegen in einem Gewächshaus und versucht, den Menschen die Natur wieder näher zu bringen.

Als seine Frau einen Termin im Womb Center von Pegazus erhält, plant sie eigenmächtig Nachwuchs, ohne ihn mit einzubeziehen. Das Besondere dabei: Sie will keineswegs schwanger werden, sondern einen Pod für eine künstliche Befruchtung nutzen. Solch ein Pod ist nämlich gerade frei geworden und die limitierten Plätze sind heiß begehrt. Völlig überrumpelt stimmt der eher skeptische Alvy dem Vorhaben zu. Immerhin handelt es sich trotz allem um ein gemeinsames Kind, welches aus seinen Spermien und einer Eizelle von Rachel erzeugt wird.

Nach einigen Wochen dürfen die werdenden Eltern die künstliche Gebärmutter in Form eines Eis mit nach Hause nehmen, denn wie bei einer natürlichen Schwangerschaft bekommen noch ungeborene Babys schon so einiges aus ihrer Umgebung mit, seien es Worte oder Musik. Während die zunächst von der neuen Technologie so begeisterte Rachel schnell das Interesse an dem Ei verliert, das ständig gefüttert und umsorgt werden muss, entwickelt ausgerechnet ihr Mann eine enge Beziehung zu dem Kind.

Diese Beziehung geht am Ende so weit, dass er den vom Womb Center diktierten Geburtstermin als zu früh ablehnt und den Pod entwendet, damit sein Kind in seinem Ferienhaus außerhalb der Stadt auf die Welt kommen kann. Doch als das Womb Center den Pod aus der Ferne deaktiviert, womit dem Baby nur noch 48 Stunden bleiben, bricht Panik aus. Alvy will sich vom Pegazus-Konzern nicht erpressen lassen und seinen Nachwuchs auch nicht für Menschenexperimente zur Verfügung stellen. Er bricht das Ei auf und entscheidet sich, das Kind in der Natur aufzuziehen, während seine Frau den Pod an das Womb Center zurückschickt.

Technologie als Segen und Fluch

Was wäre, wenn Frauen keine Babys mehr austragen müssten? Für viele dürfte das einem Segen gleichkommen. Keine Rückenschmerzen, keine Tritte in die Innereien, keine Höllenqualen während der Geburt, für welche leider immer noch manche Ärzte kein Verständnis haben, Schmerzmittel verweigern und dann noch sexistische Sprüche reißen. Brutale Dammschnitte, Kaiserschnitte bei vollem Bewusstsein sowie die damit einhergehenden seelische Traumata würden ebenfalls der Vergangenheit angehören. Zu guter Letzt ermöglicht diese Technologie homosexuellen sowie unfruchtbaren Paaren die unmittelbare Erfüllung ihres Kinderwunschs, was im Film nur am Rande angedeutet wird. So viel zu den positiven Seiten.

Baby to Go

Andererseits gibt es aber auch einige erhebliche Nachteile, zumal wenn das Womb Center (zu Deutsch: Uterus-Zentrum) ein kapitalistischer Konzern ist, bei dem Profitinteressen im Vordergrund stehen. Frühchen sind da durchaus noch okay, aber wenn ein Kind etwas länger braucht, wird es lieblos aus dem Ei gepellt, um Platz für die nächste künstliche Schwangerschaft zu machen. Obendrein betrachtet sich die Firma als erziehungsberechtigt und führt psychologische Experimente an den Kindern durch, um aus ihnen gehorsamere Arbeitssklaven und Konsumenten zu machen. Da sollten werdende Eltern ganz aufmerksam das Kleingedruckte lesen.

Überhaupt wirkt die Zukunft im Film nur auf den ersten Blick utopisch. Frische Luft gibt es in der Stadt nur über Atemmasken, und sie kostet Geld. Und wo wir schon beim Thema Geld sind: Alvys Garten soll platt gemacht werden, um Kosten zu sparen. Das erinnert ein wenig an die Zerstörung der letzten Wälder im Sci-Fi-Klassiker Lautlos im Weltraum (1972). Immerhin gibt es in Baby to Go aber noch Wälder außerhalb der Städte. Nur meiden die Menschen diese, weil sie der Natur völlig entfremdet sind. Sie leben in einer komplett künstlichen Welt, was auch am nächsten Beispiel deutlich wird.

Mit Essen aus dem 3D-Drucker konnte zwar insbesondere das Leid in der Massentierhaltung überwunden werden, doch dass die Menschen nicht einmal mehr echte Früchte kennen und sich gar vor dem ekeln, was an Bäumen wächst, ist einfach nur traurig. Noch trauriger ist der Kindergarten, in dem die Kleinen nicht mehr selbst mit Stiften malen, sondern einer KI dabei zusehen und sich darauf beschränken, deren Arbeit zu bewerten. So wird den Menschen die Kreativität aberzogen. Dafür soll die nächste Generation auf die zu erwartende Singularität vorbereitet werden. Also auf eine KI mit Bewusstsein, was immer die dann bringen mag.

Psychologen sind bereits durch eine KI ersetzt worden, die Rachel regelmäßig aufsucht, während Alvy sie ablehnt. Immerhin spielt hier lediglich ein Algorithmus Seelenklempner und wie bei allen KIs wird dieser durch ein gigantisches, wachsames Auge repräsentiert. Das ist maximal gruselig und das rundum sorgende Smarthome wird schlussendlich ebenfalls schnell zu einem Gefängnis ohne Privatsphäre.

Baby to Go zeigt hier im Grunde eine nicht unrealistische Zukunft, wobei gleichermaßen die positiven Aspekte und die Schattenseiten präsentiert werden. Das Ganze ist gewürzt mit einer Prise Humor und Ironie. So ist es am Ende der technologieskeptische Alvy, der eine Beziehung zu dem Kind in der künstlichen Gebärmutter aufbaut und das Ei wie einen Schwangerenbauch vor sich her oder auch mal wie einen Rucksack auf dem Rücken trägt. Die Mama kümmert sich derweil lieber um ihre Karriere, wobei sie schnell dafür getadelt wird, als sie den Pod einmal mit auf Arbeit bringt. Eine ziemlich unverhohlene Kritik am Umgang mit Schwangeren in der Arbeitswelt. Nur können die in der heutigen Realität ihr Baby nicht einfach daheim lassen, und nicht selten ist die Karriere damit schnell beendet.

Science-Fiction aus Europa und der Pod-Cast

Bei Baby to Go handelt es sich um eine europäische Koproduktion von Belgien, Frankreich und Großbritannien, wobei die Handlung allerdings in den USA spielt. Mit dem Konkurrenten Hollywood kann der Film allemal mithalten. Die dargestellte Zukunft ist glaubhaft umgesetzt, wofür extra futuristische Architektur ausgesucht worden ist. Für den Film wurden neben den Pods auch Modeartikel kreiert, um diese zu tragen. Die Sets wirken ebenfalls futuristisch, aber nicht zu abgehoben und fremd, und schlussendlich können sich auch die Spezialeffekte sehen lassen.

Der Cast ist selbstverständlich ebenso europäisch, aber durchaus hollywooderfahren. So hat Emilia Clarke von 2011 bis 2019 in Game of Thrones mitgespielt. Baby to Go ist auch nicht ihr erster Science-Fiction-Film, war sie doch schon in Terminator Genisys (2015) dabei und spielte Han Solos Jugendliebe Qi’ra in Solo: A Star Wars Story (2018). Zuletzt war sie in der Marvel-Serie Secret Invasion (2023) zu sehen.

Chiwetel Ejiofor ist ebenfalls kein Unbekannter und spielte schon in einer Reihe dystopischer Zukunftsfilme mit, darunter Serenity – Flucht in andere Welten (2005), Children of Men (2006) und Roland Emmerichs 2012 (2009). Mit Marvel kam er ebenfalls schon mehrfach in Berührung, u. a. als Mordo in Doctor Strange (2016) sowie Doctor Strange in the Multiverse of Madness (2022) und zuletzt in als General Strickland in Venom: the Last Dance (2024). Erwähnenswert ist außerdem seine Hauptrolle im Historiendrama 12 Years a Slave (2013).

Fazit zu Baby to Go: Frisch wie aus dem Ei geschlüpft

Nach der Generation Z kommt nun also die Generation Pod. Die Frage ist, ob man in dieser Zukunft leben möchte, in der die Menschheit den Bezug zur Natur verloren hat. Immerhin gibt es die Natur aber noch, womit der Film die Balance zwischen Utopie und Dystopie hält. Die Menschen können sich immer noch umentscheiden, und das macht den Film interessant. Die Idee ist frisch und hervorragend in Szene gesetzt. Schade, dass Baby to Go es hierzulande nicht ins Kino geschafft hat, womit er zum Geheimtipp wird.

Info

Originaltitel: The Pod Generation
Drehbuch & Regie: Sophie Barthes
Musik: Sacha & Evgueni Galperine
Kamera: Andrij Parekh
Schnitt: Ron Patane & Olivier Bugge-Coutté


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