Gegen eine außerirdische Invasionsstreitmacht hilft nur noch eine Androidenarmee.
Das Szenario
Beim Vorstoß in den Weltraum trifft ein kleines Erkundungsschiff der Menschen auf eine gigantische Ringstation einer außerirdischen Spezies, die riesigen Mantarochen gleicht. Die Crew entscheidet sich, an Bord zu gehen. Ein folgenschwerer Fehler, denn die Fremden sind telepathisch begabt und zwingen die Eindringlinge, sich selbst zu töten. Kurz darauf greifen sie die Erde an und zerstören die Millionenstadt Groß-Jakarta.
Da die Menschen selbst nicht Krieg gegen die Mantas führen können, weil diese menschliche Gehirne sofort unter ihre Kontrolle bringen, wird eine Androidenarmee gebaut. Es gibt drei Modelle – fliegende Drohnen, große Kampfroboter und humanoide Androiden mit überlegener KI, sogenannte Holaws (Human Out Of Loop Android Warriors). Trotz zahlenmäßiger Überlegenheit verläuft die Schlacht auf dem Planeten Gylippos 7 zunächst schlecht, weshalb General Hedlund den Androidenkonstrukteur Professor Mann anweist, der KI mehr Freiraum zu geben.
Die Rechnung geht tatsächlich auf, denn die Androiden gehen fortan kreativer vor und entwickeln eigene Strategien gegen die Mantas. Zwei Einheiten desertieren jedoch, weil sie sich zu viele unabhängige Gedanken machen. Sie beginnen, über den Wert des Lebens und den Sinn ihres eigenen zu philosophieren. Ein Untersuchungsteam wird auf den Planeten geschickt, um zu ergründen, warum die beiden Androiden desertiert sind. Sie können gerade noch auf deren Daten zugreifen und diese an die Basis im Orbit senden, bevor sie von einem Manta getötet werden.
Als der Sieg über die Mantas fast errungen ist, werden die Deserteure von den eigenen Truppen hingerichtet. Professor Mann entscheidet sich, auch alle verbliebenen Holaws auszuschalten, da er sie für eine potentielle Gefahr hält. Kurz darauf wird er wegen Hochverrats verhaftet.
Rezension von Die Deserteure
Im sechsten Androiden-Band geht es im Prinzip um den Umgang mit Kriegsveteranen, nur auf Androiden übertragen. Dadurch ergibt sich eine zusätzliche Problematik, denn was ist, wenn die Maschinen, die zur Verteidigung der Erde gebaut worden sind, sich am Ende gegen ihre Schöpfer wenden? Rambo trifft auf Terminator. Nun ja, nicht ganz, denn Rambo war kein Deserteur und die beiden Holaw gehen auch nicht wie ein T-800 auf die Menschen los. Stattdessen sinnieren sie wortwörtlich über Gott und die Welt. Einer kommt gar zu dem Schluss, dass er selbst ein Gott sein könnte, wohingegen er überlegt, ob die Menschen dann Dämonen wären. Das wirft die Frage auf, warum den Androiden überhaupt solche Begriffe einprogrammiert worden sind? Immerhin sind religiöse Anschauungen für den Kampfeinsatz gänzlich irrelevant.
So wirklich gut durchdacht ist die Handlung leider nicht, was sich auch beim Finale zeigt. Warum zerstört Prof. Mann alle Holaws, obwohl diese die beiden Deserteure längst ausgeschaltet haben? Es gibt keinerlei Anzeichen, dass andere Exemplare zu ähnlichen Fehlfunktionen neigen. Mit dieser Aktion wird Mann selbst zur Gefahr, da die Mantas noch nicht vollends besiegt sind und wieder die Oberhand gewinnen könnten. Seine Verhaftung ist daher wohlverdient.
Neben General Hedlund ist der Professor übrigens einer der wenigen Charaktere, die namentlich genannt werden. Die anderen braucht man sich gar nicht erst zu merken, denn sie spielen ohnehin keine nennenswerte Rolle. Die erste Raumschiffcrew, die auf die Mantas trifft, ist nur zum Sterben da, ebenso das Team, welches sich um die beiden Deserteure kümmern soll. Ansonsten gibt es nur noch Offiziere an einem Kartentisch zu sehen, die sich kaum auseinander halten lassen, sowie zu Beginn und Ende des Comics ein paar Kinder, die mit Holaw-Actionfiguren spielen. Was die Darstellung der Kinder angeht, ist diese nicht nur wegen der martialischen Irokesenhaarschnitte fragwürdig. Sie spielen Krieg und mit dem Spielzeug wird gleich noch der echte Krieg finanziert.
Für diesen gibt es natürlich nur eine Lösung: Den Endsieg. Das, wie auch das Setting auf einem fremden Wüstenplaneten, erinnert stark an Starship Troopers (1997), nur ohne die unterschwellige Kritik am Militärfaschismus. Die Mantas sind dementsprechend stereotype Bösewichte, die ohne jede Empathie über die Menschheit herfallen. Obwohl sie als Telepathen eigentlich die Gedanken der Menschen lesen können und daher wissen müssten, dass diese verängstigt und nur zu ihrer Verteidigung bewaffnet sind, töten sie die Eindringlinge sofort und bestrafen gleich noch ein paar Millionen auf der Erde. Selbst schwere Verluste bringen sie nicht dazu, den Weg der Diplomatie einzuschlagen. Bei den Menschen sieht es natürlich nicht anders aus, die gegnerische Seite muss restlos ausgelöscht werden. Als wäre Genozid etwas Normales.
Die physische Darstellung der Mantas ist ebenfalls wenig glaubwürdig. Sie sehen aus wie eine Mischung aus Mantarochen und Schlange. Dabei fragt man sich, wie der kleine Schwanz, auf dem sie kriechen, das wuchtige Übergewicht ihres Kopfes tragen kann? Das wäre nur auf einem Planeten mit sehr geringer Schwerkraft plausibel. Gänzlich unplausibel ist derweil, wie die Mantas ihre Technologie entwickeln und Raumschiffe bauen konnten. Sie besitzen keinerlei Greiforgane! Sie muten eher wie überdimensionierte Raubtiere an, die eigentlich gar keine künstlichen Waffen brauchen. Zur Verteidigung besitzen sie neben Telepathie einen Supersonic-Soundbooster, mit dem sie Feinde hinwegfegen und sogar Erdbeben auslösen können.
Ecken und Kanten
Die Darstellung der Mantas wäre bereits abgehakt, bleiben noch die Androiden. Die Holaws erinnern optisch an Autobots mit Hasenohren, welche wiederum aus dem Manga/Anime Appleseed entlehnt zu sein scheinen. Immerhin sind sie aber recht detailliert und hervorragend in Szene gesetzt. Die fliegenden Drohnen sehen da schon schlichter und damit unglaubwürdiger aus. Mantas wie auch Menschen besitzen ringförmige Weltraum-Basen, wobei jene der Menschen etwas schmucklos daher kommen. Immerhin die Landungsflotte ist recht eindrucksvoll. Glücklicherweise wurde hier nicht mit Copy & Paste gearbeitet, sodass jedes Raumschiff aus einer etwas anderen Perspektive zu sehen ist.
Der Detailgrad ist okay, allerdings ist die Linienführung etwas kantig. Bei den Stadtansichten und der Galerie des Kaufhauses am Anfang spielt das keine Rolle, da sieht alles gut aus. Auffällig wird es bei den menschlichen Charakteren, deren Köpfe eckig sind. Das wirkt sehr unnatürlich. Die Infrarotsicht der Androiden besteht zudem aus wildem Gekritzel. Die Kolorierung sieht dagegen überwiegend gut aus. Lichteinfall und Leuchteffekte passen, die Glanzeffekte sind eher dezent. Bei einigen größeren Flächen fallen derweil die allzu geraden Farbverläufe ohne viele Nuancen unangenehm auf. Das Cover verspricht hier deutlich mehr als der Inhalt zu halten vermag.
Fazit: Tanzt aus der Reihe
Die bisherigen Bände hatten ein durchgängig hohes Niveau mit leichten Abstufungen. Funktioniert haben sie alle, weil die Charaktere im Mittelpunkt standen. Hier spielen die Charaktere jedoch keine Rolle. Selbst die namensgebenden Deserteure sind eher Mittel zum Zweck und besitzen kaum Tiefgang. Da helfen auch keine hochphilosophischen Vergleiche mit Leo Tolstois Krieg und Frieden. Im Prinzip ist das nur ein Versuch, das Niveau mit einem fremden Werk zu heben. Band 6 der Androiden-Reihe ist leider nur Durchschnitt, wenn auch hochwertig verpackt und nicht unansehnlich.
Info
Autor: Christophe Bec
Zeichner: Erion Campanella Ardisha
Farben: J. Nanjan
Verlag: Splitter
Sonstige Informationen: Produktseite
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Warpskala
Warpskala-
Story4/10
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Zeichenstil7/10
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Kolorierung9/10
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