Eine Forschungsmission geht gehörig schief und als der einzige Überlebende zur Erde zurückkehrt, ist diese nicht wiederzuerkennen.

Androiden - 02 - Glücklich wie Odysseus (Olivier Peru, Geyser, Sébastien Lamirand)Das Szenario

Im Jahr 2426 ist das Forschungsschiff ISS Oxygen auf eine 600-jährige Forschungsmission ins All gestartet. Doch schon nach der Hälfte der Zeit ist es in einen Meteoritenschwarm geraten und schwer beschädigt worden. Ein Großteil der 3.600 Menschen umfassenden Crew ist dabei gestorben. Einer der wenigen Überlebenden war ein Neugeborener namens Odysseus, der vom Androiden AC7+ großgezogen wurde. Um die tausendjährige Reise zurück zur Erde zu überstehen, musste Odysseus mit 8 Jahren in eine Kälteschlafkapsel, die den Alterungsprozess zwar nicht aufhält, aber stark ausbremst.

Inzwischen wird die ISS Oxygen nur noch von AC7+ sowie der Schiffs-KI Isabella gesteuert. Odysseus ist in den letzten tausend Jahren um rund 100 Jahre gealtert und hat damit sein gesamtes Leben verschlafen. Als das Forschungsschiff auf der Erde ankommt, weckt AC7+ seinen Schützling jedoch nicht sofort. Zunächst will er die Lage erkunden.

Wie er schnell feststellen muss, sind die Städte verfallen und von der Natur überwuchert. Die Menschen haben sich zu primitiven Steinzeitwesen zurückentwickelt, deren Wortschatz nur noch rund 500 Wörter umfasst. Sie leben in Stämmen, die gegeneinander Krieg führen. Androiden halten sie für Götter, wobei AC7+ einen gehobenen Sonderstatus genießt, da er vom Himmel kam. Diesen Status möchte er nutzen, um die Stammesfehden zu beenden und die Menschen in eine bessere Zukunft zu führen.

Leider hat er dabei Konkurrenz, denn in der Stadt treibt sich ein alter TZ4-Kriegsroboter herum, der nicht an die Gesetze der Robotik gebunden und obendrein beschädigt ist. Andere Androiden jagt die Killermaschine, um sich mit ihren Energiezellen aufzuladen. Bei einer unsanften Begegnung gelingt es Isabella, TZ4s Speicher zu hacken und so findet sie heraus, was auf der Erde vorgefallen ist.

Rund 500 Jahre zuvor ist ein biologisches Experiment, welches alle Krankheiten ausrotten sollte, gründlich schief gelaufen. Das genmanipulierte Virus, was die Menschen immun machen sollte, ist zu einer neuartigen Pest mutiert, welche fast die gesamte Weltbevölkerung ausgerottet hat. Nur wenige Kinder waren immun und überlebten. Zunächst haben sich Androiden um sie gekümmert, doch als die unbeaufsichtigten Kraftwerke explodiert sind, wurden die Maschinen von den dadurch ausgelösten EMPs vernichtet. Ohne Lehrer und Bezugspersonen konnten die Kinder sich nicht richtig entwickeln, was zu der De-Evolution führte.

TZ4 war einer der wenigen Roboter, die sich wieder aktivieren konnten. Tatsächlich kümmerte er sich zunächst liebevoll um die überlebenden Kinder, doch als diese auf eine Gruppe wilder Jugendlicher trafen, kam es erst zu einem Massaker und anschließend zu einem erneuten Ausbruch der Seuche. TZ4 leitete daraus ab, dass die Menschheit nur überleben würde, wenn sie sich in kleinere Gruppen aufspaltet. Deshalb entstanden die Stämme, die sich regelmäßig gegenseitig dezimieren.

In der Zwischenzeit ist auch Odysseus aufgewacht, der geistig auf dem Niveau eines Zehnjährigen stehengeblieben ist. Dennoch ist er den Erdlingen intellektuell weit überlegen. Gemeinsam mit AC7+ schmiedet er einen Plan, den Kriegsroboter auszuschalten, wobei er wie sein Namensvetter ein trojanisches Pferd benutzt. Zwar gelingt es, die Kampfmaschine zu besiegen, doch AC7+ wird dabei beschädigt und Odysseus tödlich verletzt. Sein androider Freund kann ihm lediglich noch den letzten Wunsch erfüllen, einen echten Sonnenaufgang zu sehen. Anschließend muss er sich allein darum kümmern, die Menschen zurück in die Zivilisation zu führen, während die Schiffs-KI Isabella einen Großteil ihrer Energiereserven darauf verwendet, ein Heilmittel gegen die neuartige Pest zu finden.

Rezension von Glücklich wie Odysseus

Die Story beginnt auf der schwer beschädigten ISS Oxygen mit einem alltäglichen Gespräch zwischen dem Androiden AC7+ und der Schiffs-KI Isabella. Die KI folgt dabei streng logisch ihrer Programmierung, während der Androide menschliche Charakterzüge aufweist und sogar zu Ironie fähig ist. Auf seinem Kontrollgang überprüft AC7+ die Schlafkapsel von Odysseus und erzählt ihm eine Geschichte. Um genau zu sein, seine eigene Geschichte, was einen Rückblick ermöglicht, wie es zu der aktuellen Situation gekommen ist.

Odysseus war das letzte Kind, was vor der Katastrophe geboren wurde, welche den Großteil der Schiffsbesatzung getötet hat. Die restlichen Überlebenden haben sich für einen Abbruch der Mission entschieden, doch die Heimkehr sollte aufgrund der schweren Schäden ein Jahrtausend dauern. Nach und nach starben alle, einige durch Freitod. Da Odysseus noch zu klein für die Schlafkapsel war, musste sich AC7+ um ihn kümmern, wodurch er immerhin eine Grundausbildung erhalten hat. Den Rest seines Lebens hat Odysseus nämlich schlafend verbracht, ohne neues Wissen aufzunehmen. Sein Körper ist aufgrund des Kälteschlafs nur 10 Jahre pro Jahrhundert gealtert, weswegen er in der Summe bei der Ankunft auf der Erde allerdings physisch gesehen stolze 100 Jahre alt ist.

Eigentlich wollte ihn AC7+ alle paar Jahre wecken, damit er sich an sein fortschreitendes Alter gewöhnen kann. Um seine Ankunft auf der Erde zu garantieren, hat der Androide jedoch darauf verzichtet, wofür er sich später rechtfertigen muss. Nach dem Aufwachen bleibt Odysseus schlussendlich nur noch ein Sonnenuntergang und ein Sonnenaufgang, was ihn zu einem überaus tragischen Charakter macht. Etwas überraschend ist, dass er sich überhaupt noch mithilfe einer Krücke fortbewegen kann, denn nach tausend Jahren ohne nennenswerte Bewegung müssten seine Muskeln fast vollständig atrophiert sein.

Unklar ist außerdem, ob die Zeitdilatation berücksichtigt worden ist. Das Raumschiff fliegt zwar nicht mehr mit voller Lichtgeschwindigkeit heim, ist aber dennoch recht schnell, gemessen an den heute zur Verfügung stehenden Antriebsmethoden. Wenn an Bord 1.000 Jahre vergangen sind, müsste auf der Erde ein Vielfaches der Zeit verstrichen sein. AC7+ erfährt jedoch nur, dass die Menschheit vor rund 500 Jahren fast ausgestorben wäre.

Wie schon im ersten Androiden-Band ist die Menschheit schon wieder von einer Pandemie heimgesucht worden. Dennoch stehen die beiden Comics nicht miteinander in Verbindung. Die Seuche in Glücklich wie Odysseus ist in einem deutlich späteren Jahrhundert unter völlig anderen Umständen ausgebrochen. Die Überlebenden leben auch nicht in einer futuristischen Zukunft, sondern haben sich auf ein steinzeitliches Niveau zurück entwickelt. Die Gründe dafür werden plausibel geschildert, denn es haben nur einige wenige Kinder überlebt, die noch keinen umfassenden Sprachschatz hatten und gerade mal im Grundschulalter waren. Die Welt, in der sie nunmehr leben, erinnert etwas an Planet der Affen, nur eben ohne Affen.

Ihr Schicksal ist dennoch mehr als grausam, was den eigentlich hilfsbereiten Kampfroboter TZ4 zu drastischen Maßnahmen zwingt, um das Überleben der Menschheit zu garantieren. Da er als Militäreinheit nicht Asimovs Gesetzen der Robotik unterliegt, ist er bereit, einzelne Individuen zu opfern, um die Spezies als solche zu retten. Über die Generationen wird er schließlich als ein grausamer Gott verehrt, der strafend eingreift, wenn ihm etwas missfällt. Umso erleichterter sind die zwei Stämme der Region, als sie auf AC7+ treffen, den sie für einen überlegenen Gott halten, da er vom Himmel gekommen ist. Ihr Ausspruch „Das Beste, was euch je passieren kann“ entpuppt sich dabei als Werbeslogan für Androiden, welcher von einem noch aktiven Zeppelin herunter schallt.

AC7+ lehnt seine Vergötterung zwar ab, gedenkt diesen Status aber zu nutzen, um Frieden zwischen den Stämmen zu stiften. Die Methoden von TZ4 gehen ihm gegen den Strich, zumal Isabella die Kapazitäten hat, endlich an einem Heilmittel für die neuartige Pest zu forschen. Zunächst müssen sie jedoch TZ4 ausschalten, wobei Odysseus seinem Namen gerecht wird. Leider erlebt er das neue Zeitalter nicht mehr, in welches AC7+ und Isabella die Menschheit führen.

Optisch ansprechende Postapokalypse

Der Zeichenstil ist durchaus angemessen, wobei vor allem das Forschungsschiff ISS Oxygen und die von der Natur zurückeroberten Städte überzeugen können, Zuweilen fallen jedoch die zerfaserten Außenumrisse unangenehm auf. Gleich auf der ersten Seite wirkt es so, als wären die ursprünglichen Skizzen komplett mit getuscht statt wegradiert worden. Dadurch wird die Illusion teilweise zerstört.

Die größten Probleme gibt es jedoch mit den menschlichen Charakteren. Diese sind recht grob gezeichnet und zuweilen unproportioniert. Besonders schlimm fällt dies bei Kindern auf, die Streichholzbeine und überdimensionierte Augen wie aus einem Manga haben. Der Stil wirkt dadurch eher cartoonhaft als natürlich. Schlussendlich gibt es noch Probleme mit den Fingerstellungen. In vielen Szenen wirken die Hände starr und verkrampft, da Mittel- und Ringfinger häufig aneinander kleben, während Zeige- und kleiner Finger unnatürlich weit abstehen.

Zumindest die Koloration ist durchgehend gelungen. Die Farbwahl ist sehr natürlich und besticht durch weiche Verläufe. Der Weltraum und die Erde sehen fantastisch aus. Wolken, Wasseroberflächen und Schatten sind alle in der Nachbearbeitung hinzu gekommen und sehen fast schon fotorealistisch aus. Lichteinfall und Leuchteffekte sind ebenfalls optimal, nur mit Glanzeffekten ist gespart worden.

Fazit: Planet der Affenmenschen

Die Handlung ist durchaus interessant erzählt, obwohl hier bekannte Elemente aufgegriffen werden. Eine Seuche, welche die Menschen in der Evolution zurück wirft, ist die Kernerzählung des Remakes von Planet der Affen. Ein heimkehrendes Raumschiff, dessen Besatzung mit der veränderten Lage umgehen muss, kam derweil schon im Original vor. Hinzu kommt das prä-astronautische Element von vermeintlichen Göttern, die vom Himmel herabsteigen. Nur handelt es sich in diesem Fall um eine eigene Schöpfung der Menschheit, welche von selbiger vergessen wurde.

Das Ergebnis sorgt jedenfalls für gute Unterhaltung. Optisch ist diese ansprechend umgesetzt, wobei der Zeichenstil einige Schwächen aufweist, die aber weitgehend durch die natürliche Farbgebung ausgeglichen werden. Der Hardcoverband ist wie immer von hoher Qualität.

Info

Autor: Olivier Peru
Zeichner: Geyser
Farben: Sébastien Lamirand
Verlag: Splitter
Sonstige Informationen: Produktseite

 


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Warpskala

Warpskala
8 10 0 1
  • Story
    8/10
  • Zeichenstil
    6/10
  • Kolorierung
    9/10
8/10
Total Score

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