Ein NASA-Ingenieur macht sich auf die Suche nach seinem verschollenen Vater.
Gleich vorweg: Bei „Ad Astra“ geht es nicht primär um den Weltraum. Viel mehr geht es um die Beziehung eines Sohnes zu seinem Vater, die beide für die NASA arbeiten.
Der kühle und distanzierte Roy McBride (Brad Pitt) ist Ingenieur bei der NASA, er arbeitet auf einer kilometerlangen Plattform im Orbit. Als eine Schockwelle die Erde trifft, wird er mit einer Mission zum Mars beauftragt, um seinen beim Neptun verschollenen Vater Clifford (Tommy Lee Jones) zu finden. Er bekommt Hilfe von Thomas Pruitt (Donald Sutherland) und Helen Lantos (Ruth Negga), denn die NASA war nicht ganz ehrlich zu ihm…
Rezension von Ad Astra
Wie ich eingangs schon erwähnte, das Science-Fiction-Element ist hier eher gering. Die Menschheit hat Basen auf Mond und Mars und Clifford McBride und seine Crew sind bis zum Rand unseres Sonnensystems vorgedrungen. Sie suchen nach außerirdischem Leben, einem Ziel von Clifford, dem er alles andere unterordnet, auch seinen Sohn.
Die distanzierte Art von Roy ist offensichtlich ein Resultat der distanzierten Art seines Vaters. Wie distanziert und teilweise sogar emotionslos Roy ist, wird in Rückblenden immer wieder gezeigt. Seine Ehe scheiterte daran.
Die NASA schickt also ausgerechnet den Sohn auf die Suche nach dem Vater, weil sie sich erhoffen, dass er am ehesten eine Antwort erhält. Sie trauen ihm nicht, vermuten wahrscheinlich, dass er ähnliche Charakterzüge wie sein Vater haben könnte. Clifford gilt als Rebell und als mutmaßlicher Verantwortlicher für die Welle. Wird er nicht aufgehalten, dann könnte er mit dieser Welle die Erde vernichten. Die NASA hat also keine Wahl, sie müssen den Sohn auf diese Mission schicken.
Er schafft es auch, Kontakt aufzunehmen, wird dann aber von der Mission abgezogen. Ja, da war man bei der NASA wohl ein wenig dumm, denn man hätte sich ja denken können, dass Roy dabei sein will. Es kommt, wie es kommen muss, beim Versuch an Bord des Raumschiffes zum Neptun zu gelangen, stirbt die gesamte Besatzung und Roy macht sich alleine auf den Weg.
Er findet seinen Vater und erkennt, dass er für die Welle nicht verantwortlich ist, die geheime Forschung an Bord hat sich verselbstständigt. Beim Versuch, ihn mitzunehmen, wählt Clifford lieber den Tod, indem er theatralisch die Sicherheitsleine kappt. Eindrucksvoller und bestimmter kann man einen Abnabelungsprozess nicht darstellen. Roy versucht sogar, die Beziehung zu seiner Frau zu kitten.
Nicht ganz ohne Makel
Manche Elemente von Ad Astra wirken schon fast deplatziert und unnötig. Eine Verfolgungsjagd auf dem Mond mit Mondpiraten? Ein Notruf eines Frachters, auf den geantwortet werden muss? Würde die NASA nicht einer so wichtigen Mission eine höhere Priorität zuordnen, damit man auf jeden Fall den VIP nicht verliert? Ignoriert bitte sämtliche Notrufe, McBride muss den Mars erreichen, das hat oberste Priorität. Ich würde sowas tun. Die Erklärung, dass McBride auch das Kommando übernehmen kann, dann aber seine Mission offenbaren muss, hätte man sich ebenso sparen können, denn diese wirkt vor allem aufgesetzt.
Es hätte in meinen Augen dem Film wesentlich besser gestanden, hätte man auf die Action verzichtet und so einen wirklich entschleunigten Plot gezeigt. So wirkt es irgendwie unrund. Es ist klar, die Menschen rund um Roy müssen ihn verlassen, damit seine Einsamkeit wirklich deutlich hervorgehoben wird, aber man hätte dies auch mit weniger Schusswechsel und Toten machen können. Vielleicht wollte Regisseur James Gray, der auch am Skript mit geschrieben hat, damit die charakterliche Nähe zwischen Vater und Sohn rüberbringen. Vater tötet Besatzung, die ihn von seiner Mission abhalten will, Sohn macht das Gleiche. Beim Sohn wird es zwar sehr deutlich als keine Absicht gezeigt, das Resultat ist aber das Gleiche – beide Männer sind allein auf ihrer Mission.
Die Mondpiraten und den wilden Affen hätte es dann aber trotzdem in Ad Astra nicht gebraucht.
Schauspielerische Leistung
Man nimmt sowohl Brad Pitt als auch Tommy Lee Jones ihre Rollen absolut ab. Pitt spielt so unglaublich emotionslos, dass man meinen könnte, er wäre prädestiniert für solche Rollen. Tommy Lee Jones kaufe ich sowieso alles ab – bis auf Two-Face, was aber wahrscheinlich nicht an Jones‘ Talent liegt. Donald Sutherland ist ebenso eine Top-Besetzung für den väterlichen Freund, den Roy ebenso zurücklassen muss wie die einzige Verbündete auf dem Mars, Helen Lantos. Es ist eine einsame Reise, das wird zu jeder Zeit sehr deutlich.
Technik
Hier muss man dem Film Top-Noten geben. Der lange Fall von Roy zu Beginn des Films ist atemberaubend und auch sonst ist die visuelle Umsetzung einfach eine Augenweide. Nahkampf in Schwerelosigkeit sieht man in der Tat selten. Einzig die Stimme aus dem Off ist manchmal zu präsent, aber gerade noch im Bereich des Erträglichen.
Fazit
Wer hier Science-Fiction wie Star Wars erwartet, der wird enttäuscht sein. Wer ein Charakterdrama im Weltall sucht, der wird hier fündig. Der Schauplatz ist austauschbar, es hätte auch im Mittelalter spielen können und die Reise wäre zu Fuß von Moskau nach Paris gegangen. „Ad Astra“ ist sicherlich kein Meisterwerk, aber ein Film, den man sich auch als Nicht-Sci-Fi-Fan anschauen sollte.
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